Archiv für August 2012

Hört auf Warren Buffet !

29 August 2012

„Hört auf Hermann !“ Jedem Besucher, der sich schon einmal live ein Spiel des FC Bayern München in der Allianz Arena angeschaut hat, dürfte diese markante Banden-Werbung des Bayern-Sponsors „Unicredito“ (früher, als die Banken-Welt noch in Ordnung war, hiess dieser Laden „Bayerische Hypotheken- und Wechselbank“) ins Auge gefallen sein. „Hermann“ ist der – auch unter dem Spitznamen „Tiger“ bekannte – langjährige Amateur bzw. Co-Trainer des FC Bayern, Hermann Gerland, ein sympathischer Mann, der den Fussball „lebt“ und bei dem man als Zuschauer immer Angst hat, dass er sich bei Interviews die Zunge abbeißt. Mit dem Slogan „Hört auf Hermann“ wirbt die Unicredito für ihre „FC Bayern-Sparcard“.Dabei handelt es sich um ein Sparkonto, bei dem der Anleger zwischen 0,25% und 0,60% Zinsen p.a. für sein Kapital erhält und wenn die Bayern-Buben auf Hermann hören und viele Heimtore schießen und auch noch deutscher Meister werden, gibt es einen Bonus, sodass man mit etwas Glück in der Gesamtverzinsung auf 1% p.a. kommen kann. Wenn man sich als jemand, der rechnen und auch AGBs (Allgemeine Geschäftsbedingungen) lesen kann, also auch auf das viel zitierte „Kleingedruckte“ achtet, stellt man einmal mehr fest, daß die „FC Bayern-Sparcard“ eine hübsch geschmückte Braut ist, bei  der aber nicht allzuviel unter dem Kleid steckt. So wird mit einem Bonus von 5% geworben, wenn der FC Bayern Meister wird. Allerdings gibt es diesen Bonus nur für einen Zeitraum von einem Kalendermonat, nachdem die Meisterschaft feststeht. Dann reden wir nämlich in Wahrheit nur über 0,4% p.a. Jetzt sind Fussballer bzw. Sportler ja für alle Bereiche des täglichen Lebens gern gesehene Empfehlungsgeber. Legendär die Werbespots als ein pfeifender Uwe Seller nach der Melodie „Im Frühtau zu Berge wir ziehn, fallera“ sein Rasierwasser „Hattrick“ anpries oder der junge Franz Beckenbauer sich mit dem Spruch „Kraft auf den Teller-Knorr auf den Tisch“ vor laufender Kamera einen Teller Suppe schmecken ließ. Selbst 20 Jahre später bei der WM 1986 in Mexiko erinnerte sich Ex-Eintracht und HSV-Keeper Uli Stein noch an diese Szene. Beim Geld hört da aber für mich der Spaß auf. Als Geldanleger höre ich nicht auf Hermann, sondern schaue mir lieber die Strategien der Leute an, die etwas von diesem Geschäft verstehen. Wer kann da aktuell ein besserer Lehrmeister sein, als Warren Buffet, der reichste Mann der Welt. Der Altmeister des „Value-Investing“ (Motto: Kaufe einen Dollar zum Preis von fünfzig Cent) käme wohl nie auf die Idee dem aktuellen US-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann zu sagen, was der alles falsch macht. Wer in seine Firma Berkshire Hathaway, in der er seine Aktivitäten bündelt, im Jahr 1976 10.000 Dollar investierte, verfügt heute über ein Vermögen von 15 Millionen US-Dollar. Das entspricht einer Rendite von 22,5% pro Jahr. Wie hat der Mann das geschafft ? Sicherlich nicht mit der FC Bayern-Sparcard ! Sondern mit Firmenbeteiligungen, im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man das auch „AKTIEN“. In einer jetzt erschienenen Studie haben drei US-Analysten nach dem Rezept seines Erfolges gesucht. Die Quintessenz liegt in der Beachtung von drei Regeln:

  1. In der Ruhe liegt die Kraft . Es gab immer wieder Phasen, in denen er mit seiner Anlagestrategie „schief“ lag. So verlor er z.B. in der Phase von Juni 1998 – Februar 2000 44%, während der Aktienindex um 32% zulegte (das war übrigens genau die Zeit, als es in unserem Land von „Aktienexperten“ nur so wimmelte), aber langfristig kam er immer wieder in die Spur zurück.
  2. Immer genügend Liquidität vorhalten, damit man nie in die Zwangslage kommt etwas verkaufen zu müssen, das man eigentlich behalten möchte.
  3. Schulden aufnehmen, wenn die Zinsen niedrig sind und diese mit Investitionserträgen zurückzahlen

Mit einem Kurs von knapp über 120.000 Dollar ist die Berkshire-Hathaway Aktie das teuerste Wertpapier der Welt. Allerdings hat das Unternehmen noch nie eine Dividende ausgezahlt. „Das Geld ist bei uns in der Firma besser aufgehoben, als das wir es den Aktionären auszahlen, die damit irgendwelche Dummheiten anstellen.“ sagt Buffet. Recht hat der Mann. Manchmal ist das Leben ganz einfach…

Wenn ich alles schreibe, was ich denke…

22 August 2012

Ich gebe ehrlich zu: Als nach den ganzen Diskussionen um die Bauaktivitäten auf dem Limburger Domplatz, am vergangenen Montag auch noch Passagierlisten der Lufthansa durch die Presse geisterten, hat es mich schon in den Fingern gejuckt… Aber ich erinnerte mich dann an die Worte des Dortmunder Meistertrainers Jürgen Klopp nach einem Spiel gegen Hoffenheim im Jahre 2010. Auf die Frage „Was sagen Sie zur Schiedsrichterleistung ?“ antwortete  „Kloppo“: „Wenn ich alles sage, was ich denke, werde ich ein Leben lang gesperrt !“ Da ich meinen „Posthum-Transfer“ in den Himmel ja nicht gefährden will, spare ich mir das Thema und widme mich den wirklich wichtigen Dingen. Am Freitag beginnt die Bundesliga-Saison 2012/2013. Eine ganz besondere Saison, schließlich ist es die 50. Spielzeit und damit so etwas wie eine Jubiläumssaison. Gefeiert wird aber – wie im richtigen Leben – immer erst dann, wenn das Jahr vollendet ist. Das ist dann am 24.8.2013 um 17:00 Uhr der Fall. Wer anders als ZDF-Reporterlegende Rolf Töpperwien kann sich noch genau an Datum und sein erstes Spiel erinnern. Im Jahr 1963 startete die Bundesliga mit 16 Vereinen und alle 8 Spiele wurden zeitgleich samstags um 17 Uhr angepfiffen. Im aktuellen Sportstudio wurden dann 2 Spiele mit einem jeweils 10-minütigem Bericht gezeigt und von den übrigen Spielen nur die Ergebnisse und Torschützen verlesen. Das war’s und wäre in der heutigen Zeit undenkbar. Für die jüngeren Leser nur am Rande: Damals gab es noch keine 40- oder 35-Stunden-Woche und der Samstag war ein kompletter Arbeitstag. In dieser Zeit ist der Grundstein für den heutigen Wohlstand in Deutschland gelegt worden, aber das ist ein anderes Thema. „Töppi“ berichtete jetzt anlässlich seiner traditionellen Bundesliga-Vorschau im Max-Value-Tower, wie er den ersten Spieltag als damals 12-jähriger Bub erlebte. Ein 1:1 Unentschieden zwischen Preussen Münster und dem HSV im ausverkaufen Preussenstadion in Münster. Ich (zum Bundesliga-Start gerade mal 1 Jahr alt) kann mich zwar nicht mehr daran, aber noch gut an die Radio-Konferenzen der 70er Jahre mit den Legenden Oskar Klose (München), Heinz Eil (Frankfurt) oder Jochen Hageleit (Gladbach) an den Mikrofonen erinnern. Bundesliga-Live im TV gab es erst gegen Ende der 80er Jahre mit der langsamen Etablierung des Privatfernsehens und später mit dem bis heute andauernden Versuch Pay-TV in Deutschland zu einem erfolgreichen Wirtschaftszweig zu machen. In dieser  Woche gibt es von der Dithmarscher Landeszeitung bis hin zum Bayerwald Boten in Zwiesel keine Lokalzeitung, die sich nicht mit dem Thema „Bundesliga-Start“ beschäftigt. Die FAZ huldigte auf ihrer Online-Seite unter dem Thema „Trainer, Typen, Tore“ auf unterhaltsame Art und Weise den Protagonisten der letzten 50 Jahre. Vom Wiener Trainerfuchs, dem „Grantler“ Ernst Happel, bis hin zum Mann mit der schönsten „Vokuhila-Frisur“ (den kennen nur echte Experten) Mike Werner von Hansa Rostock. Apropos Experten: Wenn Sie an einem der zahlreichen Tippspiele, die in diesen Tagen gestartet werden, teilnehmen, sollten Sie nicht unbedingt auf den Rat der Experten hören. So steigern Sie Ihre Gewinnchancen. Trotz allem möchte ich Ihnen die Endtabellen-Prognose von „Töppi“ nicht vorenthalten. Er traut der Eintracht den Klassenerhalt zu, schränkt aber gleichzeitig ein „bei Platz 15 werden wahrscheinlich viele in Frankfurt meckern.“ Schaun mer mal.

1. Bayern
2. Dortmund
3. Schalke
4. Leverkusen
5. Wolfsburg
6. Gladbach
7. Hannover
8. Stuttgart
9. Bremen
10. Hoffenheim
11. Mainz
12. HSV
13. Nürnberg
14. Freiburg
15.Frankfurt
16. Düsseldorf
17. Fürth
18. Augsburg

Der will doch nur spielen…

15 August 2012

Kennen Sie den letzten Satz, den der Jogger gehört hat, bevor er im Krankenhaus aufwachte ?

Ich musste daran denken, als am Wochenende die Nachricht vom Ausbruch von drei Häftlingen aus der „forensischen Klinik“ in Hadamar durch die Medien im heimischen Raum geisterte. „Forensische Klinik“ hört sich irgendwie an wie „Behandlung von Bandscheibenvorfällen“. Und genau so geht es dort offensichtlich zu. Man bekommt jedenfalls den Eindruck. In jedem Kurort, wo die Patienten sich abends um 22 Uhr nach dem Tanztee im Erholungsheim der Arbeiterwohlfahrt zur Nachtruhe einfinden müssen (und wehe, es kommt einer zu spät !) scheint eine strengere Überwachung zu herrschen als dort. Allerdings gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied: In Hadamar sind „Kurgäste“ untergebracht, die eigentlich ins Gefängnis gehören. Mord, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, räuberische Erpressung steht u.a. auf der Visitenkarte der Patienten. Natürlich werden durch eine solche Aktion wieder Diskussionen über den Strafvollzug in Deutschland losgetreten, die meiner Meinung nach aber absolut berechtigt sind.  Wir haben es hier mit Schwerverbrechern zu tun, die mit Sicherheit nach Ihrem „Ausbruch“ (dieses Wort hier zu gebrauchen ist ja fast eine Beleidigung für jeden „Knacki“, der aus einem echten Gefängnis geflohen ist) nicht an der nächsten Haustür klingeln und freundlich nach einem warmen Essen fragen. Man konnte es ja „gefühlt“ 20-mal täglich hören: „Schließen Sie Ihre Türen und Fenster, nehmen Sie keine Anhalter mit, die gesuchten Personen neigen zu körperlicher Gewalt.“ Ich frage mich „Wie kann es  denn gleich drei Personen auf einmal gelingen, den Duft der Freiheit wieder zu spüren ?“ Die Sätze, die der eigens an den Ort des Geschehens geeilte hessische Sozialminister Grüttner den Journalisten am Montag in die Notizblöcke diktierte, beruhigen mich da nicht wirklich: „Die Forensische Klinik in Hadamar sei sicher. Er habe einen ausgesprochen guten Eindruck und sei zudem überzeugt, dass die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen sorgsam und gut umgesetzt werden“ betonte er. Genau das werden Sie aber offensichtlich nicht, sonst bräuchte ich an dieser Stelle nicht darüber zu schreiben. „In den Nachtstunden sind demnach 23 Pflegekräfte oder Mitarbeiter des Sicherheits- und Wachdienstes in der Klinik. Dass sie gute Arbeit leisteten, sei auch daran festzumachen, dass nur 30 Sekunden nach Auslösung des Alarms die Verfolgung der „psychisch kranken Straftäter“ aufgenommen worden sei.“ Entschuldigung, wenn ich so einen Mist höre ! Ohne Zweifel gebührt der Feuerwehr (in diesem Fall dem zuständigen Wachpersonal) immer ein Lob, wenn sie schnell zur Stelle ist und richtig reagiert. Aber ich muss mir doch in aller erster Linie Gedanken darum machen, warum  es denn gebrannt hat. Und danach dann Maßnahmen ergreifen, dass es in Zukunft nicht mehr brennt. Ich kenne einige Gewerbetreibende (insbesondere Gastwirte), die in der Vergangenheit am Thema „Brandschutz“ schier verzweifelt sind. Im Fall „Hadamar“ habe ich wenig Hoffnung, dass vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden. Das waren nicht die Ersten und werden auch nicht die letzten Verbrecher sein, die aus dieser Anstalt entflohen sind. Jeder Straftäter muss doch nach seiner Festnahme nur ein Ziel haben.  „Wie schaffe ich es nach Hadamar zu kommen ?“ Ein guter Anwalt plädiert dann, wie schwer doch die Kindheit des Angeklagten war und dass er dadurch schwere psychische Schäden davon getragen hat und schon läuft’s in die gewünschte Richtung. Davon ganz abgesehen: Eine schwere Kindheit – zumindestens in materieller Sicht –  hat doch in unserem Land fast jeder, der in den Nachkriegsjahren vor 1960 geboren wurde, gehabt. Dieses Argument wird bei der Verteidigung von Straftaten inflationär missbraucht.

Der Hund, der nur spielen will, hat Streicheinheiten verdient. Bei Straftätern glaube ich nicht, dass das die richtige Medizin ist. Ich wünsche den Suchtrupps rund um Hadamar einen raschen und baldigen Erfolg. Wenn aber bei dieser Aktion (bzw. bevor es dazu kommt) auch nur einem Unbeteiligten ein Haar gekrümmt wird, gehören diejenigen mit bestraft, die so etwas ermöglichen.

 

 

 

Die Ritter der Kokosnuss

8 August 2012

440 Millionen US-Dollar (umgerechnet ca. 350 Mio. Euro) sind eine schöne Stange Geld.  Dafür kann man sich z. B. den kompletten Kader des FC Bayern München kaufen. Oder man kann fünf Jahre lang in sämtlichen Wies’n Zelten beim Oktoberfest die Devise ausgeben „Freibier für alle !“. Vielleicht reicht‘s dann auch nur vier Jahre. Wenn’s umsonst ist, schmeckt das Bier ja doppelt so gut.

Oder man vertraut einem Computersystem, das automatisch Käufe und Verkäufe von Aktien ausführt. So wie die Firma „Knight Capital Group“ eine Börsenmakler-Firma aus New Jersey, die in der vergangenen Woche innerhalb einer dreiviertel Stunde diesen Betrag auf der Minusseite verbuchte, weil die Computer der Firma falsch programmiert waren. Die Verantwortlichen dieser „Zockerbude“ haben dann wohl abends in ihrem Büro in New Jersey ihre Wunden geleckt und nach der Antwort auf die Masterfrage aller Fehleranalysen  „wie konnte das passieren ?“ gesucht. Auf der anderen Seite des Hudson Rivers in Manhattan, dürften einige clevere Börsenhändler, die neben dem Computer auch ihr Hirn eingeschaltet hatten, dagegen einen entspannten Abend verlebt haben. Schließlich muss es ja auch Leute geben, die diese 440 Millionen auf der Habenseite verbucht haben. Wie sagte schon der legendäre und tiefgläubige Filmrechte-Dealer Leo Kirch: „der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.“ Aber zurück zum Geschehen in New York: Für mich ist das wieder einmal ein Paradebeispiel wie verrückt und teilweise weit weg von der Realität sich gewisse Bereiche in der Finanzbranche entwickelt haben. Die Firma „Knight Capital Group“ war darauf spezialisiert sogenannte Arbitrage-Geschäfte abzuwickeln. Das bedeutet, dass z. B. eine Aktie an der Börse in New York 19,99 Dollar kostet und die gleiche Aktie zum gleichen Zeitpunkt an der Börse in Chicago für 19,98 Dollar gehandelt wird. Dann kauft der Computer in Chicago für 19,98 ein und verkauft in der gleichen Sekunde in New York für 19,99. Macht einen Cent Gewinn und man muss nur eine ordentlich große Zahl an Geschäften dieser Art tätigen, um dann auch entsprechend davon leben zu können. Durch die zunehmende elektronische Vernetzung in der Welt werden aber die sogenannten „Arbitrage-Spannen“ immer kleiner und man muss hier blitzschnell handeln, wozu nur Computer in der Lage sind. Allerdings kann es auch bei einem Computer immer mal passieren, dass er einen schlechten Tag hat und irgendetwas mit der Maschine nicht stimmt. Normalerweise fährt man den Rechner runter, gibt ihm ein paar Minuten Pause und beim erneuten Hochfahren funktioniert wieder alles. Die Unglücksraben von KCG hatten allerdings eine neue Software auf Ihre Rechner aufgespielt, die beim ersten Praxistest dann wohl die eine oder andere Zahl durcheinander gebracht hat. Das sorgte dafür, das bei insgesamt 150 Aktien teilweise völlig unrealistische Kurse zustande kamen und  „Knight Capital Group“ entweder die Aktien viel zu teuer kaufte, bzw. viel zu billig verkaufte. Bei mir drängt sich da vor allem eine Frage auf: „Warum zieht da keiner nach zwei Minuten den Stecker raus ?“ Das ganze „Spielchen“ lief eine dreiviertel  Stunde lang und am Ende der Veranstaltung standen bei den „Rittern der Kokosnuss“ 440 Mio. Dollar Miese auf dem Deckel. Und die Erkenntnis: Kein Computer dieser Welt kann einen gesunden Menschenverstand ersetzen ! Alte Börsianer-Legenden wie z.B. Fidel Helmer vom Bankhaus Hauck & Aufhäuser können zahlreiche Anekdoten vom (mittlerweile quasi abgeschafftem) Präsenzhandel an der Börse erzählen. Die Kernaussage lautet immer. Da haben noch Menschen mit Menschen gesprochen und nicht Maschinen mit Maschinen. Und wenn ein Börsenmakler auf einmal 10 € mehr für die Allianz-Aktie geboten hätte, dann hätte ihn ein Kollege zur Seite genommen, hätte ihn gefragt „Ist Dir nicht gut ? oder gab‘s beim Mittagessen die falschen Getränke ?“ und der Mann wäre für den Rest des Tages aus dem Verkehr gezogen worden. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen an den Börsen in New York, aber auch in Frankfurt mal darüber Gedanken machen. Viele Finanzprodukte, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, sind überflüssig und völlig am Bedarf vorbei konzipiert worden. Und eine starke Präsenzbörse würde sicherlich dafür sorgen, dass die hektischen, teilweise überhaupt nicht mehr nachvollziehbaren Kursschwankungen an verschiedenen Märkten, durch die Zutat „menschliches Hirn“ deutlich eingedämmt werden. Den Eigentümern von „Knight Capital Group“ nützt diese Erkenntnis nichts mehr. Sie mussten 75% ihrer Anteile opfern, um eine überlebensnotwendige Kapitalspritze zu erhalten. Es dauerte gerade mal eine Halbzeit eines Fussballspiels und 17 Jahre Aufbauarbeit eines Unternehmens sind in der virtuellen Welt verpufft.

Ordnung ist das halbe Leben

1 August 2012

Dienstagabend irgendwann zwischen 22:30 und 23:00Uhr. Mit einem lauten Gong und dem vertrauten Slogan „Hier ist das erste deutschen Fernsehen mit den Tagesthemen“ wird man nach dem Bericht vom Vielseitigkeitsreiten und dem Synchronspringen vom 10-Meter –Turm (bei allem Respekt für diese Sportarten, aber für mich wird es Zeit, dass die Bundesliga wieder losgeht !) aus dem Halbschlaf gerissen. Man ist gespannt auf die Neuigkeiten die es aus der nicht-olympischen Welt zu vermelden gibt.

Da sich aber anscheinend alle wichtigen Leute entweder in London aufhalten oder in Südtirol (Angela Merkel) bzw. Sylt (Wolfgang Schäuble) im Urlaub befinden, scheinen den Nachrichten-Leuten die Themen auszugehen. Geht das Ihnen nicht auch so ? Das Thema „Ist der Euro noch zu retten ?“ hängt mir mittlerweile zum Hals raus. Die USA und Japan sind genauso verschuldet wie die Euro-Zone und der Euro steht trotz der ganzen Diskussionen im Vergleich zum US-Dollar um mehr als 20% höher als vor 10 Jahren. Damals musste man für einen Euro 98 US-Cent bezahlen, heute sind es 1,21 Dollar. So sehen die Fakten aus ! Der absolute „Hingucker“ in der Tagesthemen-Sendung war dann ein Statement zur „gefühlt“ endlosen Euro-Krise des renommierten US-Professors Paul Krugman, der an der Elite Universität in Princeton das Fach „Volkswirtschaft“ lehrt.

Für mich war es weniger faszinierend, was er gesagt hat, sondern zu sehen, in welchem Umfeld der Mann arbeitet. Ich habe in meinem Leben schon viele unaufgeräumte Büros gesehen, aber das dort gezeigte hat alles, was ich bisher gekannt habe, übertroffen. Da sitzt einer in einem „Saustall hoch drei“ und will der Bundeskanzlerin erklären, wie sie in Europa aufräumen soll. Als Schlusskommentar zu diesem Beitrag hätte ich mir den Satz gewünscht: „Mein lieber Paul, räum mal schön Dein Zimmer auf und dann ist „Mutti“ Angela auch bereit sich Deine Thesen anzuhören.“ Das Haupt-Problem, das wir in Europa haben, ist nämlich, dass in vielen Ländern nicht die Ordnung herrscht, wie wir sie in Deutschland gewohnt sind. Wenn in allen Ländern das Steuersystem so funktionieren würde, wie bei uns, wären die ganzen Diskussionen ob Italiener, Spanier oder Griechen Ihre Schulden bedienen können überflüssig. Und die zweite Hauptaufgabe dieser Länder besteht vor allem darin ihre aufgeblähten Beamtenapparate auf ein vernünftiges Mass zurecht zu stutzen. Nach Griechenland schiessen sich die Medien jetzt zunehmend auf Sizilien ein. Aber auch in Palermo dürfte mittlerweile jeder Strassenkehrer (immerhin gibt es dort dreimal so viele, wie im doppelt so großen Mailand) mitbekommen haben, dass sich die Welt langsam verändert und die Zeiten des „dolce vita“ – wenn es die überhaupt gab – vorbei sind. In allen diesen Ländern sagt keiner „ohne den Euro ginge es uns besser“ und das Bewusstsein, dass jeder etwas dazu beitragen muss, damit sich die Lage bessert, lässt sich nicht per Dekret von der (in diesen Regionen zumeist korrupten) Führung verordnen, sondern muss sich aus dem Volk entwickeln. Und es muss zwangsläufig denen am meisten weh tun, die sich bisher am dreistesten die Taschen vollgestopft haben. Zwangsumtausch aller in der Schweiz gebunkerten Schwarzgelder von Griechen in eine symbolische „Drachme“, deren Wert sich an der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung ihres Heimatlandes misst, wäre z.B. eine Maßnahme über die die EU mal nachdenken sollte. Das zweite prägende Thema der Tagesthemen-Sendung vom vergangenen Dienstag war Indien. Dort kam es nämlich zu einem flächendeckenden Stromausfall, von dem mehr als 700 Millionen Menschen betroffen waren. Die Bilder, die dort gezeigt wurden, machten mehr als deutlich: Der Lebensstandard der Bevölkerung dort ist ganz, ganz weit vom sogenannten „westlichen“ Niveau entfernt. Das dürfte im Übrigen auch für weite Teile der sogenannten aufstrebenden „Schwellenländer“ wie Brasilien, China oder auch Russland gelten.  Um in diesen Ländern eine Infrastruktur mit Strassen, Bahnlinien, medizinischer Versorgung, Bildungseinrichtungen etc. auf einem vergleichbaren Niveau wie bei uns zu errichten, werden Billionen von EURO, Dollar (oder was auch immer für eine Währung) gebraucht. Auf den Punkt gebracht heisst das: Der eine haust im Zelt und hat keine Schulden – der andere wohnt in einem schönen Haus mit Komfort und muss aber einen Teil seines Verdienstes an die Bank „abdrücken“, die ihm sein Haus finanziert hat. Die Frage ist, wollen beide miteinander tauschen ? Alle, die jammern, wie schlecht hier alles ist und vor allem, wie schlimm hier die Zeiten werden, können ihr Geld ja dort investieren. Ich jedenfalls fühle mich mit Investments im Euro wohler. Dass ich damit allerdings eher Aktien und Unternehmensanleihen von soliden Firmen aus der EURO-Zone meine, anstatt die nächste Tranche einer sizilianischen Schuldverschreibung zu zeichnen, steht außer Frage. Dieses Feld überlasse ich dann lieber doch der Generali-Versicherung. Die kennen sich mit italienischen Staatspapieren besser aus.