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Von Propheten und Kaffeesatzlesern

17 Januar 2010

Für alle „Finanzexperten“ ist die alljährliche Handelsblatt-Umfrage zu den Erwartungen für das kommende Jahr sozusagen das Non-Plus-Ultra oder auf Deutsch „die Mutter aller Prognosen“.

Die Chefanalysten der 40 größten Banken, oder besser sollte man sagen, die Analysten-Teams, versuchen in dieser Umfrage nicht nur den Jahresschlussstand von Aktien (DAX), Zinsen (10-jährige Bundesanleihen) und Währungen (Verhältnis Euro/US-Dollar und USDollar/Yen, sondern auch (sonst wäre das für diese Koryphäen ja zu einfach) auch die Jahreshöchst- bzw. Jahrestiefststände  vorherzusagen.

Wenn man sich dann in einer ruhigen Minute mal die Vorhersagen etwas genauer anschaut, kann das Urteil mit einem gesunden Menschenverstand eigentlich nur lauten: „Was haben die den alles getrunken, bevor diese Prognosen abgegeben wurden?“.

Dies bezieht sich weniger auf die vorhergesagten Jahresschluss-Stände, die z.B. beim DAX zwischen 4.500 Punkten (Union Bancaire Priveé) und 7.500 Punkten (HSBC Trinkaus & Burkhardt) schwanken.

Richtig interessant wird es aber, wenn man auf die vorhergesagten Schwankungen schaut. Die Expertenrunde eines angesehenen deutschen Kreditinstituts namens „Deutsche Bank“ prophezeit dem DAX allen Ernstes eine Bewegung zwischen 5.860 und 6.090 Punkten, wohlgemerkt nicht nur für die erste Januar-Woche, sondern für das Gesamt-Jahr 2010,

Wenn Sie diese Zeilen lesen wird diese Jahresprognose mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bereits Makulatur sein, auf alle Fälle aber wette ich mein gesamtes Vermögen, daß sich der DAX irgendwann im Jahr 2010 außerhalb dieses Rahmens bewegen wird. (Gegenangebote bitte an max@stillger-stahl.com).

Wenn ich mir überlege, dass wahrscheinlich ein Team von 20 + x Leuten mehrere Tage Zeit hatte, um sich über die Abgabe einer solchen Prognose Gedanken zu machen, dann höre ich (in etwas abgewandeltem Text) den guten alten Jimi Hendrix singen „ Hey Joe, what a kind of fools you got around you.“

Aber zurück zur Realität. Im „richtigen Leben“ erwartet der Anleger von seinem Berater eine klare Meinung zu den Märkten. Wer sich vom „sicheren Festgeld (zu derzeit 1% p.a.) auf das „Glatteis der Börse“ begeben will, muss eine klare Meinung haben, wohin der Markt-Trend geht, bzw. ein gehöriges Maß an Vertrauen seinem Anlageberater entgegenbringen.

Von eigenem und fremdem Geld

19 November 2009

Letzte Woche wurde der bekannte Buchautor und Finanzexperte Prof. Max Otte, der mit seinem Werk „Der Crash kommt“ in diesem Jahr monatelang die Bestsellerlisten anführte, in einem Interview mit einer Anlegerzeitschrift gefragt, ob er denn momentan in Aktien investiert sei.

Als ich die Antwort auf die Frage gelesen habe, ist mir fast die Kaffeetasse aus der Hand gefallen…„Das darf man fast gar nicht laut sagen, aber ich bin derzeit in meinem Privatdepot ein wenig gehebelt, ich halte derzeit keine Liquidität.

Wie bitte? Der Mann der noch vor einem Jahr Weltuntergangsszenarien an die Wand gemalt hat und dessen Buch zu diesem Thema alleine in Deutschland über 400.000 mal verkauft wurde, legt auf einmal sein ganzes verfügbares Geld in Aktien an?

Und noch schlimmer: Er leiht sich auch noch Geld von der Bank dazu, wo doch in jedem Lehrbuch zum erfolgreichen Investieren an der Börse steht:

„Kaufe niemals auf Kredit!“

Ist der wahnsinnig geworden oder was steckt da genau dahinter?

Ich glaube vielmehr, dass er ganz einfach schlau ist, mal abgesehen davon, dass er mit seinem Buch viel mehr Geld verdient hat, als mit seinen ganzen bisherigen Investments.

Es gibt gewisse Grundregeln im Wirtschaftsleben und an der Börse, die immer gelten (z.B.: Kaufe nur was Du verstehst), aber es gibt auch Grundsätze, die man situationsbedingt unterschiedlich auslegen kann.

Hierzu zählt auch die Regel „Kaufe niemals auf Kredit“.

95% aller Deutschen kaufen auf Kredit. Ob es sich um den Unternehmer handelt, der sich eine neue Maschine kauft, den Häuslebauer, der sein Eigenheim bezieht, oder der Konsument, der sich das neue Auto oder den Fernseher per Mietkauf oder Leasing zulegt.

Ob sich eine Investition auf Kredit rechnet, dafür sind 2 Faktoren entscheidend.

  1. Was kostet der Kredit und
  2. Welchen Ertrag bringt die Investition.

Es gibt unzählige Leute in Deutschland, die auf der einen Seite ein Sparbuch, einen Bausparvertrag oder eine Lebensversicherung haben und auf der anderen Seite einen Kredit bedienen.

Das ist ein vorprogrammiertes Verlustgeschäft weil die Kreditzinsen mit einer 100%-igen Sicherheit immer höher sein werden als die Guthabenzinsen, die die Anlage einbringt.

Bei einer Anlage in Aktien wissen wir nicht, was der Ertrag bringt, hier muss man dann einen Schritt weiter gehen und mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten.

Sicherlich muss man in erster Linie auch die richtigen Aktien auswählen (wofür ein Wirtschaftsprofessor sicherlich bessere Fähigkeiten mitbringen sollte als Otto Normalverbraucher), aber das ist nur sekundär.

Wichtiger ist das Gesamtumfeld und da haben wir aktuell die Situation, dass die Zinsen deutlich niedriger als vor einem Jahr sind und die Aktienkurse (trotz des Anstiegs in den letzten 8 Monaten) sich ebenfalls deutlich verbilligt haben.

Und bei  3% Zinsen und 5.800 Punkten im DAX ist die Wahrscheinlichkeit mit einer solchen Strategie einen Gewinn zu erzielen, deutlich höher als bei 6% Zinsen und 8.000 Punkten im DAX. Und zwar unabhängig von irgendwelchen Einschätzungen, wie sich die Wirtschaft künftig entwickelt.

„Auf Schulden reitet der Kaufmann zum Sieg“ lautet ein altes Sprichwort, und wenn man die Biographien der reichsten Leute auf dieser Welt liest, findet man eine Parallele, die fast alle auszeichnet. Im richtigen Moment sind Sie bereit auch mal ein Risiko einzugehen. Und der ist meistens dann, wenn die Mehrzahl der Leute vor Angst „ die Hosen voll hat“ .

„So einfach läufts Business“ wenn da nicht eine Regel wäre, die es zu beachten gilt.

„Werden Sie nicht gierig“ lautet Sie und das bedeutet, dass man bei dieser Strategie immer darauf achten muss lediglich moderat oder wie es Professor Otte formuliert „leicht“ zu hebeln. Ein zu starker Hebel, kann dazu führen, dass der ganze Karren aus der Kurve fliegt, sollte es wider Erwarten auch mal in die falsche Richtung gehen.

Wie bei einer guten Medizin. Die Dosis ist entscheidend.

Ist Sie zu hoch, kann aus der besten Medizin ein tödliches Gift werden.

Von Freud und Leid

5 November 2009

Wenn Sie glauben, die nachstehende Grafik zeigt den Kursverlauf des Deutschen-Aktien-Index (DAX) der letzten Jahre

dann muss ich Ihnen leider (oder besser Gottseidank)  sagen: FALSCH.

Vielmehr sehen Sie dort den Kursverlauf des sogenannten 3-Monats-Euribors

(European InterBank Offered Rate), d.h. des Zinssatzes, zu dem sich die Geschäftsbanken untereinander Geld zur Verfügung stellen.

Diese Kennzahl ist verantwortlich dafür, dass Sie für Ihre auslaufenden Festgelder bzw. Tagesgelder derzeit Minizinsen von knapp 1% p.a. erhalten.

Noch vor einem Jahr notierte der Euribor bei knapp über 5% und hat sich seitdem in einem bisher nie gesehenen Tempo innerhalb eines Jahres auf knapp 0,75% abgeschwächt.

Hauptgrund hierfür ist die aktuelle Wirtschaftslage, die die Notenbanken weltweit veranlasst hat, die Geldschleusen zu öffnen und dabei gleichzeitig die Leitzinsen

auf Allzeittiefs zurückzuführen.

Im Gegensatz zu den Zinsen für längerfristige Anlagen, die vom Markt bestimmt werden (10-jährige Bundesanleihen bringen derzeit knapp 3,3% p.a.), lässt sich der Zinssatz für kurzfristige Anlagen relativ leicht von den Notenbanken in die gewünschte Richtung führen

Doch das Leid des Sparers ist die Freud des Schuldners, oder wir sollten besser sagen: des „Investors“.

Die derzeit niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass sich Investitionen, die traditionsgemäß teilweise mit Krediten hinterlegt werden, momentan besonders gut rechnen.

Ob bei einem Immobilienkauf oder einer Investition in erneuerbare Energien (Solaranlagen, Windräder etc.) – in all diesen Fällen verbessern die günstigen Rahmenbedingungen im Finanzierungsbereich derzeit deutlich die bisherigen Kalkulationen.

Und damit sind wir eigentlich bei dem klassischen Effekt, den die Notenbank mit den markanten Zinssenkungen setzen will.

Nämlich Investitionsanreize zu schaffen, damit Arbeitsplätze gesichert werden oder (wie aktuell im Bereich „erneuerbare Energien“) neu geschaffen werden.

Wenn man sich die vorstehende Grafik nochmal genau anschaut, sieht man, dass auch in der letzten Krise (2000-2003) die Notenbank die Zinsen von 5% auf 2% zurückgeschraubt hat und dann relativ lange (bis Ende 2005) auf diesem niedrigen Niveau belassen hat.

Winston Churchill hat einmal gesagt „Prognosen sind schwierig, weil Sie vor allem die Zukunft betreffen“ aber Ich wage an dieser Stelle die Prognose, dass es auch dieses Mal ähnlich verlaufen wird.

In Anbetracht des Ausmaßes der Wirtschaftskrise im aktuellen Zyklus werden sich die Notenbanken hüten die Zinsen zu früh anzuheben, um nicht als alleinige Sündenböcke für ein Abwürgen des zarten Pflänzchens „Aufschwung“ dazustehen.

Apropos Aufschwung:

Auch wenn die Börse in den letzten Tagen einen leichten Rückwärtsgang eingelegt hat, sind die niedrigen Zinsen gepaart mit der Menge an Kapital, das die Notenbanken zur Verfügung stellen, der ideale Treibstoff für eine weiter freundliche Tendenz.

Die Börsenentwicklung der Jahre 2003-2005, als wir die letzte Niedrigzinsperiode hatten, bescherte den Aktionären gemessen am DAX eine Kursverdopplung, die im weiteren Verlauf sogar bis zu einer Verdreifachung führte.

Und auch dieses Mal wird es (wie eigentlich immer) so sein, dass die Kurse, wenn denn das „offizielle“ Ende der Krise verkündet wird, von Ihrem Tief bereits deutlich gestiegen sein werden.

Daran sollten Sie denken, wenn Sie sich über das nächste Festgeld-Angebot ärgern…auch wenn Sie die ersten 50% schon verpasst haben.

Vom Sparer zum Investor lautet das Motto der heutigen Zeit.