Was für die Fussballwelt die legendären Zitate von Alt-Bundestrainer Sepp Herberger sind, findet sich in der Finanz- und Börsenwelt im Sprachschatz des Exil-Ungarn André Kostolany. Beide konnten komplizierte Zusammenhänge leicht und verständlich auf den Punkt bringen. „Der Ball ist rund“, „Das nächste Spiel ist immer das schwerste“ und „ein Spiel dauert 90 Minuten“ sind zeitlose Weisheiten, die insbesondere im letzteren Fall auch schon für jede Menge Tränen in der Sportgeschichte gesorgt haben. Der kleine bucklige Mann aus Budapest hat in einer seiner Geschichten eindrucksvoll das Zusammenspiel zwischen Börse und Wirtschaft beschrieben. Man muss sich das so vorstellen: Ein Mann geht mit seinem Hund spazieren. Während der Mann zielstrebig seinen Weg verfolgt, der ihn kontinuierlich nach vorne bringt, führt der Hund ein Eigenleben. Er bleibt stehen, schnüffelt am Wegrand, läuft vor und zurück, verrichtet sein „Geschäft“ und wenn der Abstand zwischen Hund un Herrchen allzu groß geworden ist und der Hund weit zurück geblieben ist, setzt er nach einem kurzen Pfiff seines Meisters zu einem kurzen Zwischenspurt an, der nicht selten einen Rückstand in einen Vorsprung wandelt. Mit dem Satz „Mann ist Wirrrtschaft und Hund ist Börrrse“ brachte „Kosto“, wie er von seinen Fans genannt wurde, die Situation in seinem unverwechselbaren Dialekt auf den Punkt.
Gepaart mit seiner Empfehlung „Kaufen Sie solide Aktien und nehmen Sie Schlaftabletten“ hat ein Anleger eigentlich alle Instruktionen erhalten, die er für ein erfolgreiches Agieren an der Börse benötigt. Und dieser Spruch gilt heute noch, auch wenn Ihnen viele Vertreter von Finanzhäusern, die meistens nur am „Kaufen/Verkaufen“ und nicht am „Halten“ verdienen, in der heutigen Zeit etwas anderes weismachen wollen. Ich kenne jede Menge Leute, die bei großen Konzernen wie Siemens oder der alten Hoechst AG gearbeitet haben und ihr Leben lang immer die mögliche Anzahl an Belegschaftsaktien zu Vorzugspreisen erworben haben und damit ein kleines Vermögen aufgebaut haben. Daytrader, die mit dem täglichen Kaufen und Verkaufen reich geworden sind, kenne ich keinen einzigen ! Momentan befinden wir uns in einer Phase, in der der DAX sich zum dritten Mal in den letzten 12 Jahren anschickt, die Marke von 8.000 Punkten zu überwinden.
Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die letzten 12 Jahre mit Aktien kein Geld zu verdienen war. Dies gilt allerdings nur für die Leute, die in der Phase der letzten Aktieneuphorie 1999/2000 auf den Börsenzug aufgesprungen sind. Alle die schon 2-3 Jahre vorher dabei waren, oder nach bzw. in der ersten Krise 2002/2003 gekauft haben, sitzen auf mehr oder weniger großen Gewinnen. 12 Jahre Seitwärtsbewegung bedeutet für mich in der Sprache von Kostolany:c„Der Hund ist momentan ziemlich weit zurückgeblieben und wartet eigentlich auf den Pfiff seines Herrchens (oder Frauchens) um einen kleinen Zwischenspurt einzulegen.“ Eine derart lange Phase seitwärts tendierender Kurse gab es an der Börse zuletzt in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Allerdings lagen die Zinsen in dieser Zeit phasenweise im zweistelligen Bereich. Die DAX-Unternehmen verdienen heutzutage zusammen gerechnet etwa das 3-fache Geld im Vergleich zum Jahr 2000 und die Zinsen für Kredite liegen nur bei einem Drittel des damaligen Niveaus. Bei diesen Rahmenbedingungen kann ich mir gut vorstellen, dass wir in den nächsten fünf Jahren nicht über DAX-Stände von 10.000, sondern vielleicht sogar von 15.000 Punkten reden. Allen, die jetzt meinen „15.000 ? Max, Du musst zum Doktor“ empfehle ich einen Blick auf die beigefügte Grafik. Hunde können manchmal schneller laufen, als man denkt…