Am Donnerstag letzter Woche legten unser Wirtschaftsminister und unser Umweltminister wieder einmal einen eindrucksvollen Beweis vor, wie weit sich die Politik von der Realwirtschaft entfernt hat. Mir nichts – Dir nichts wurde ein Beschluss verkündet, wonach die ursprünglich zum 1. Juli 2012 geplante Senkung der Vergütung für die Erzeugung von Solarstrom um 25-30% auf den 9. März vorgezogen wird. Die Spatzen pfiffen es bereits von den Dächern, dass es wohl zu einer Vorverlegung dieses Termins kommen wird und die Profis in der Branche hatten auch alle ihre Planungen auf den 1. April (dieses Datum geisterte wochenlang als neuer Stichtag durch die Medien) ausgerichtet. Doch da haben die Beteiligten die Rechnung ohne den Wirt, bzw. in diesem Fall ohne den Arzt (Rösler) und Anwalt (Röttgen) gemacht. Mit der Festlegung auf den Stichtag 9. März (Verkündung wohlgemerkt am 23. Februar) haben die beiden Amateur-Politiker, die in Ihrem Leben noch keine einzige Minute in der freien Wirtschaft gearbeitet haben, mal einfach so den 130.000 Beschäftigten in der Solarindustrie das Licht ausgeknipst. „Da haben uns diese beiden Osterhasen ein schönes Ei ins Nest gelegt“ hört man in der Branche. Und nicht nur das. Man muss sich das mal vor Augen halten: Ein Solarprojekt im Bereich von 5-10 Megawatt Nennleistung (entspricht 10-20 Mio Investitionssumme) ist doch kein Legokasten, wo ich meine Steinchen an einem freien Nachmittag mal locker zusammen setze. Da laufen monatelange Verhandlungen in Sachen Genehmigung, Finanzierung, Materialbeschaffung etc. bevor mit dem Bau einer solchen Anlage begonnen wird. Und der eigentliche Bau dauert dann auch nochmal 4-8 Wochen. Wenn das alles auf den 01.04 ausgerichtet war und dann mit 14 Tagen Vorlauf die Fertigstellungsfrist um 3 Wochen verkürzt wird, will ich da nicht in der Haut eines Projektentwicklers stecken. Da werden definitiv einige „über die Klinge springen“, wenn diese (momentan noch vorläufige Planung) wirklich Realität wird. Den beiden muss doch klar sein, welchen Vertrauensschaden die Politik anrichtet, wenn derart kurzfristige und gleichzeitig massive Veränderungen von kalkulatorischen Rahmenbedingungen vorgenommen werden. Oder denken die nicht so weit ? Diese latente Unsicherheit zieht sich doch künftig quer durch alle Branchen und manch einer wird es sich in Zukunft eher dreimal überlegen, ob er auf der Basis von derzeit gültigen Förderregeln eine Investition tätigt. Mittlerweile ist Solarstrom, auch Dank deutlicher Preisreduktionen in der Vergangenheit, nicht mehr die mit Abstand teuerste Form der Stromerzeugung. Für Offshore-Windstrom und diverse Biomasse-Produktionen werden mittlerweile ähnliche, teilweise sogar höhere Vergütungssätze ausgelobt. Gerade vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, mit denen die Installation von Windrädern auf offener See verbunden ist, verwundert mich diese plötzliche Kehrtwende. Wurde Solarstrom im Jahr 2003 noch mit 0,60 € pro erzeugter Kilowattstunde (KWH) vergütet, wurden zuletzt nur noch 0,22 € für Dachflächen und 0,18 € für Freiflächen gezahlt. Und mit den vorher kalkulierten jährlichen Abschlägen für jeweils neu errichtete Anlagen konnten Investoren und Hersteller in der Vergangenheit immer gut leben und sich rechtzeitig darauf einstellen. Bei dieser Entwicklung konnte man die Uhr danach stellen, wann die sogenannte „Grid-Parity“ (d.h. der Punkt, wo Solarstrom ohne jegliche Förderung rentabel produziert werden kann) erreicht wird. Sicherlich nicht in den nächsten 5 Jahren, aber wenn man eine gewisse Inflationierung des Strompreises nicht außer Acht lässt, werden das die meisten von uns noch erleben. Und dann könnten die verantwortlichen Politiker auch mal sagen „Außer Schulden haben wir unseren Enkeln auch was sinnvolles hinterlassen.“ Ich selber habe seit dem Jahr 2002 sehr positive Erfahrungen mit der Erzeugung von Solarstrom gemacht und diese Form der Investition in eine neue Technologie immer als stabilisierenden Faktor neben stark schwankenden Anlageformen wie z. B. Aktien eingesetzt. Zu Beginn dieser Zeit gab es noch Förderprogramme wie z.B. das „100.000 Dächer-Programm“, wo Investoren mit zinsgünstigen Darlehen angelockt wurden. Danach wurde die Einspeisevergütung auf die eingangs erwähnten 60 Cent pro KWH aufgestockt und dann kontinuierlich auf das jetzige Niveau abgesenkt. Deutschland entwickelte sich zum Weltmarktführer in der Solartechnologie und es entstand ein beachtlicher Wirtschaftszweig mit weit über 100.000 Beschäftigten. Wie ein kleines Baby wurde dieser Bereich in den vergangenen 10 Jahren gefüttert und aufgepäppelt. Jetzt ist daraus ein Teenager geworden und die kosten bekanntlich in dieser Phase die Eltern auch mal etwas Geld. Aber ist das ein Grund für Papa Röttgen und Mama Rösler (sorry, aber einem musste ich da die Schürze umbinden) den Knüppel in die Hand zu nehmen und das Kind tot zu schlagen ?