Archiv für Februar 2012

Rösler und Röttgen – Duo Infernale

29 Februar 2012

Am Donnerstag letzter Woche legten unser Wirtschaftsminister und unser Umweltminister wieder einmal einen eindrucksvollen Beweis vor, wie weit sich die Politik von der Realwirtschaft entfernt hat. Mir nichts – Dir nichts wurde ein Beschluss verkündet, wonach die ursprünglich zum 1. Juli 2012 geplante Senkung der Vergütung für die Erzeugung von Solarstrom um 25-30% auf den 9. März vorgezogen wird. Die Spatzen pfiffen es bereits von den Dächern, dass es wohl zu einer Vorverlegung dieses Termins kommen wird und die Profis in der Branche hatten auch alle ihre Planungen auf den 1. April (dieses Datum geisterte wochenlang als neuer Stichtag durch die Medien) ausgerichtet. Doch da haben die Beteiligten die Rechnung ohne den Wirt, bzw. in diesem Fall ohne den Arzt (Rösler) und Anwalt (Röttgen) gemacht. Mit der Festlegung auf den Stichtag 9. März (Verkündung wohlgemerkt am 23. Februar) haben die beiden Amateur-Politiker, die in Ihrem Leben noch keine einzige Minute in der freien Wirtschaft gearbeitet haben, mal einfach so den 130.000 Beschäftigten in der Solarindustrie das Licht ausgeknipst. „Da haben uns diese beiden Osterhasen ein schönes Ei ins Nest gelegt“ hört man in der Branche. Und nicht nur das. Man muss sich das mal vor Augen halten: Ein Solarprojekt im Bereich von 5-10 Megawatt Nennleistung (entspricht 10-20 Mio Investitionssumme) ist doch kein Legokasten, wo ich meine Steinchen an einem freien Nachmittag mal locker zusammen setze. Da laufen monatelange Verhandlungen in Sachen Genehmigung, Finanzierung, Materialbeschaffung etc. bevor mit dem Bau einer solchen Anlage begonnen wird. Und der eigentliche Bau dauert dann auch nochmal 4-8 Wochen. Wenn das alles auf den 01.04 ausgerichtet war und dann mit 14 Tagen Vorlauf die Fertigstellungsfrist um 3 Wochen verkürzt wird, will ich da nicht in der Haut eines Projektentwicklers stecken. Da werden definitiv einige „über die Klinge springen“, wenn diese (momentan noch vorläufige Planung) wirklich Realität wird. Den beiden muss doch klar sein, welchen Vertrauensschaden die Politik anrichtet, wenn derart kurzfristige und gleichzeitig massive Veränderungen von kalkulatorischen Rahmenbedingungen vorgenommen werden. Oder denken die nicht so weit ? Diese latente Unsicherheit zieht sich doch künftig quer durch alle Branchen und manch einer wird es sich in Zukunft eher dreimal überlegen, ob er auf der Basis von derzeit gültigen Förderregeln eine Investition tätigt. Mittlerweile ist Solarstrom, auch Dank deutlicher Preisreduktionen in der Vergangenheit, nicht mehr die mit Abstand teuerste Form der Stromerzeugung. Für Offshore-Windstrom und diverse Biomasse-Produktionen werden mittlerweile ähnliche, teilweise sogar höhere Vergütungssätze ausgelobt. Gerade vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, mit denen die Installation von Windrädern auf offener See verbunden ist, verwundert mich diese plötzliche Kehrtwende. Wurde Solarstrom im Jahr 2003 noch mit 0,60 € pro erzeugter Kilowattstunde (KWH) vergütet, wurden zuletzt nur noch 0,22 € für Dachflächen und 0,18 € für Freiflächen gezahlt. Und mit den vorher kalkulierten jährlichen Abschlägen für jeweils neu errichtete Anlagen konnten Investoren und Hersteller in der Vergangenheit immer gut leben und sich rechtzeitig darauf einstellen. Bei dieser Entwicklung konnte man die Uhr danach stellen, wann die sogenannte „Grid-Parity“ (d.h. der Punkt, wo Solarstrom ohne jegliche Förderung rentabel produziert werden kann) erreicht wird. Sicherlich nicht in den nächsten 5 Jahren, aber wenn man eine gewisse Inflationierung des Strompreises nicht außer Acht lässt, werden das die meisten von uns noch erleben. Und dann könnten die verantwortlichen Politiker auch mal sagen „Außer Schulden haben wir unseren Enkeln auch was sinnvolles hinterlassen.“ Ich selber habe seit dem Jahr 2002 sehr positive Erfahrungen mit der Erzeugung von Solarstrom gemacht und diese Form der Investition in eine neue Technologie immer als stabilisierenden Faktor neben stark schwankenden Anlageformen wie z. B. Aktien eingesetzt. Zu Beginn dieser Zeit gab es noch Förderprogramme wie z.B. das „100.000 Dächer-Programm“, wo Investoren mit zinsgünstigen Darlehen angelockt wurden. Danach wurde die Einspeisevergütung auf die eingangs erwähnten 60 Cent pro KWH aufgestockt und dann kontinuierlich auf das jetzige Niveau abgesenkt. Deutschland entwickelte sich zum Weltmarktführer in der Solartechnologie und es entstand ein beachtlicher Wirtschaftszweig mit weit über 100.000 Beschäftigten. Wie ein kleines Baby wurde dieser Bereich in den vergangenen 10 Jahren gefüttert und aufgepäppelt. Jetzt ist daraus ein Teenager geworden und die kosten bekanntlich in dieser Phase die Eltern auch mal etwas Geld. Aber ist das ein Grund für Papa Röttgen und Mama Rösler (sorry, aber einem musste ich da die Schürze umbinden) den Knüppel in die Hand zu nehmen und das Kind tot zu schlagen ?

 

Die Lehren aus der Causa Wulff

22 Februar 2012

Mit dem Rücktritt von Christian Wulff am vergangenen Freitag ging ein politisches Schmierenstück zu Ende, das in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in dieser Form seinesgleichen sucht. Nachdem im wahrsten Sinne des Wortes „scheibchenweise“  immer neue Ungereimtheiten ans Licht kamen, sorgte schließlich die Staatsanwaltschaft in Hannover mit der Ankündigung, die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten zu beantragen, für ein Ende des Medienspektakels. Als diese Meldung vergangenen Donnerstag  über den Ticker lief, war für mich klar „das war‘s !“. Ein Staatsoberhaupt gegen das die Staatsanwaltschaft ermittelt – so was geht eigentlich nur in Italien. Von daher war der tags darauf folgende Rücktritt keine wirkliche Überraschung mehr. Für mich bleibt die Frage: Was können unsere Politiker aus diesem Vorgang lernen ? Ein ganz wichtiger Punkt: In der heutigen Welt ist alles transparent. Es lässt sich definitiv nichts vertuschen. Bedingt durch die heutige Informationswelt (Stichworte: Internet, Facebook, Twitter) wird kein Furz auf der Welt gelassen, der nicht tausendfach kommentiert wird. Und so entwickelte sich der Fall Wulff irgendwann zum Selbstläufer. War es erst ein Privatkredit, kam dann schnell Getuschel auf, wer denn die Garderobe seiner Frau, das Auto oder die Wahlparty finanziert hat. Das Schlimme dabei ist: Es hat doch jeder in diesem Bereich sein Päckchen zu tragen (und dabei schließe ich explizit auch die nicht aus, die jetzt am lautesten geschrien haben). Was aber für jeden Amtsträger gelten muss: Es dürfen keine privaten und beruflichen Interessen miteinander verquickt werden. Aber wenn man sich erst einmal, so wie Christian Wulff, im öffentlichen Kreuzverhör befindet, und jedes – aber auch wirklich jedes – Detail in die Mangel genommen wird, hat man so gut wie keine Chance mehr, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Was hätte er tun können ? Er hätte alle Vorwürfe gegen ihn sofort aufs Tablett bringen müssen, sagen seine Kritiker. Da hätten aber 3 Tage für die Pressekonferenz, wo das alles bekannt gegeben wird, nicht gereicht. Wo soll man da anfangen und wo aufhören ? Früher – in Zeiten Helmut Kohls – wurden solche Affären ausgesessen, Man stelle sich mal vor, in der heutigen Zeit würde ein Politiker mit dem alten Adenauer-Spruch „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ seine Kritiker abkanzeln. Der bekäme das „Geschwätz von gestern“ so lange auf You-Tube vorgeführt, bis er zurück tritt. Ich hoffe nur, dass mit der bevorstehenden Wahl von Joachim Gauck da wieder etwas Ruhe in dieses Thema einkehrt – bis zum nächsten Skandal. Die Ersten meckern ja schon rum – „wilde Ehe in Schloss Bellevue“ – das ginge gar nicht !. Und vielleicht hat er auch irgendwo mal ein Glas Wein getrunken, was ein anderer bezahlt hat. Aber wir haben definitiv wichtigere Themen in diesem Land, um uns mit so etwas aufzuhalten. Die für mich wichtigste Lehre aus dem Fall Wulff ist ein ungeschriebenes Gesetz in diesem Land, das wieder einmal eindrucksvoll bestätigt wurde. Es lautet: „Leg Dich nie mit der Presse an, und insbesondere schon gar nicht mit der BILD-Zeitung !“.

Diese ganzen Diskussionen wer welche Rechnung bezahlt hat, haben mich am Ende teilweise gelangweilt. Aber den Anruf von Christian Wulff auf die Mailbox von BILD-Chefredakteur Kai Diekmann, am Tag bevor die ersten Vorwürfe öffentlich wurden, würde ich gerne irgendwann einmal im Original hören. Der gehört normalerweise als Audio-Datei ins Deutsche Museum. Wie sagte der amtierende Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner bereits vor einigen Jahren  treffend: „Wer mit der „BILD“ im Fahrstuhl nach oben fährt, fährt auch mit „Bild“ wieder runter.“ Und wie so oft im Leben liefert uns der Sport auch hier erstaunliche Parallelen. Dem BILD-Sportchef Alfred Draxler wird folgender Ausspruch nachgesagt: „Wir können keinen Trainer entlassen, aber wir können dafür sorgen, dass es etwas schneller geht !“ Das gilt seit letzter Woche auch für den Bundespräsidenten…

Und die alten Regeln gelten doch !

15 Februar 2012

Gegen Anfang des Jahres 2000 hielt der legendäre US-Investor Warren Buffet einen Vortrag vor Studenten der Harvard-University über die Regeln, an die sich ein Anleger bei der Bewertung eines Unternehmens halten sollte. Diese dienen ihm auch heute noch als Basis dafür, ob man die Aktie eines Unternehmens kauft, oder besser die Finger davon lässt. Der ein oder andere Leser wird sich noch an diese Zeit erinnern, als an den Stammtischen und Arbeitsplätzen zeitweise nicht über Fußball diskutiert wurde, sondern die Gespräche sich zunehmend darum drehten, welche Aktien sich am „Neuen Markt“ denn in der nächsten Woche verdoppeln werden. Es war die Zeit, in der sich die Mitarbeiter einer damals in Limburg ansässigen Firma namens „Internolix“ mitsamt ihrem Chef in der Lokal-Presse ablichten ließen. Im Text hieß es dazu „Wir gehen an die Börse und wir werden alle reich…“ Wie dieses „Spielchen“ ausgegangen ist, wissen wir alle. Und die Studenten, die damals in Boston feixend den Hörsaal mit den Worten verlassen haben „Was erzählt der denn für einen Mist. Die Zeit des alten Mannes ist auch abgelaufen. Heute gelten andere Regeln !“, haben wohl in der Regel bitteres Lehrgeld gezahlt.

Ähnlich versuchen uns auch in der heutigen Zeit diverse „Experten“ weiszumachen, dass gewisse Regeln momentan keine Gültigkeit mehr haben. „Die Welt ist schnelllebiger geworden“, „Man muss am Ball bleiben und reagieren“, „Aktien kaufen und Schlaftabletten nehmen (das Rezept von Börsen-Altmeister André Kostolany) funktioniert nicht mehr.“

Meine Meinung dazu ist identisch mit der Antwort von Rudi Völler im legendären Interview mit Waldi Hartmann im September 2003 auf Island nach einem hart erkämpften 0:0 Unentschieden: Das „S-Wort“ möge man mir in diesem Zusammenhang verzeihen, aber die Authentizität des Ereignisses fordert dieses. „Ich kann diesen Scheiss nicht mehr hören.“, so damals „Tante Käthe“ im O-Ton.

Meine Meinung: Natürlich gelten die alten Regeln heute noch und das wird es auch in 50 Jahren noch so sein. Ein gutes Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, dass es dauerhaft mehr Geld einnimmt , als es ausgibt. Das ist die Regel Nr. 1. Und wenn ich ein Unternehmen für einen Preis kaufen kann, der niedriger ist als das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital, dann kaufe ich sozusagen einen 100 Euro-Schein für einen Preis von vielleicht 80 Euro. Das ist und wird immer ein gutes Geschäft sein, solange der 100 Euro Schein „echt“ ist, d.h. solange die Bilanz des Unternehmens nicht „frisiert“ wurde (Regel Nr.2). Und es wird immer der Zeitpunkt kommen, an dem die Mehrzahl der Anleger den wahren Wert eines Anlagegutes erkennt. Das ist wie bei einem Pendel. Man muss nur die Zeit haben, um dies abwarten zu können (Regel Nr. 3). Die einzig wirklich neue Erkenntnis, die ein Geldanleger in den vergangenen Jahren gewinnen konnte ist die, dass nichts mehr sicher ist auf dieser Welt. Selbst vermeintlich sichere Staatsanleihen legen Schwankungen an den Tag, die man früher nicht einmal jeden Tag bei Aktien gesehen hat. Und die vermeintlich „sicheren“ Sachwerte wie Gold oder Silber hatten in der 2. Hälfte des vergangenen Jahres Rückschläge von 20 bzw. 30% zu verdauen, bevor es auch dort zuletzt wieder deutlich nach oben ging. Und wer vor 15 Monaten im November 2010 bei einem DAX Stand von 6.700 Punkten erstmals Aktien gekauft hat und seitdem nicht mehr hingeschaut hat, hat durch die Entwicklung in den letzten Wochen seinen ersten „Crash“ schadlos überstanden. Aber eben nur wenn er die alten Regeln befolgt hat und „ruhig Blut“ bewahrt hat. Dazu bedurfte es allerdings einer gehörigen Portion „Beratungsresistenz“ gegenüber allen Schwarzsehern und Weltuntergangspropheten, die in diesem Zeitraum Hochkonjunktur hatten.

Der Eingangs zitierte Warren Buffet auch genannt das „Orakel von Omaha“, gilt übrigens als erfolgreichster Anleger aller Zeiten. Wer 1965 10.000 Dollar in seine Firma „Berkshire Hathaway“ investierte, verfügt heute über ein Vermögen von 50 Mio. Dollar. Das entspricht einer Verzinsung von 26% p.a. Von ihm stammt im Übrigen auch das Zitat:

„Die meisten Leute interessieren sich für Aktien, wenn alle anderen es tun. Die beste Zeit ist aber, wenn sich niemand für Aktien interessiert.“ Einfach mal drüber nachdenken…

Man spricht Deutsch !

8 Februar 2012

Der ein oder andere von Ihnen wird sich sicherlich noch an die Komödie (mit dem bayerischen Kabarettisten Gerhard Polt in der Hauptrolle) aus dem Jahr 1988 erinnern, in der er als Oberhaupt der Familie Löffler aus Ampermoching die italienischen Kellner in seinem Ferienort zur Weißglut brachte. Und der Name „Heinz-Rüdiger“ – alle die so heißen mögen, mir das verzeihen – steht seitdem nicht zuletzt dank des legendären FFH-Comedian Bodo Bach alias Robert Treutel als Synonym für das unselbständige Muttersöhnchen.

Wenn ich mir allerdings die so langsam eintrudelnden Geschäfts- und Jahresberichte der Finanzbranche aus dem Jahr 2011 anschaue, denke ich mir: Die Überschrift „Man spricht Deutsch“ sollten sich die Verfasser dieser Berichte mal zu Herzen nehmen. Die Finanzwelt ist kompliziert genug. Warum gelingt es den Protagonisten nicht, uns in diesem Bereich von den ganzen Anglizismen (auf Deutsch: deutsche Wörter die „eingeenglischt“ werden) zu verschonen. Warum kann man denn nicht einen Satz wie z.B.  „Die permament hohe Volatilität hat die Performance unserer Assets im Rahmen der benchmark-orientierten Multi-Balance-Strategie negativ beeinflusst. Wir konnten deshalb kein positives Alpha generieren.“ so formulieren, dass der Mann (oder die Frau) auf der Strasse das auch versteht.

Bedingt durch die starken Schwankungen haben wir oft falsche Entscheidungen getroffen und deshalb war unser Ergebnis im Vergleich zur Konkurrenz so schlecht.“ Das hört sich dann schon ganz anders an. Aber wenn man das so klar schreibt, könnten die Leute das ja auf einmal noch – welch schreckliche Vorstellung für die Finanzleute – verstehen. Mit der Konsequenz, dass sie dann vielleicht ihr Geld abziehen und woanders anlegen. Ganz von der Hand zu weisen ist diese Theorie sicherlich nicht. Ob sich die Anbieter damit einen Gefallen tun, steht auf einem anderen Blatt. Zumindest bekamen im Jahr 2011 viele Geldhäuser dahingehend die Quittung serviert, dass viele Anleger aus lauter Unsicherheit und Angst, in sogenannte „sichere“ Anlagen geflohen sind. Dass Angst – nicht nur bei der Geldanlage – ein schlechter Ratgeber ist, besagt ein altes Sprichwort. Und an den alten Sprichwörtern ist meistens etwas Wahres dran, sonst hätten Sie die Zeit nicht überlebt. Außerdem: Wenn die Leute überwiegend sichere und vor allem liquide Anlagen tätigen – auch das ist kein Geheimnis – schmelzen die Erträge der Geldinstitute wie der Schnee in der Sonne (auch wenn man sich das bei der derzeitigen Kälte nur schwer vorstellen kann). Von daher generiert diese Entwicklung nur Verlierer. Bei 1% auf dem Festgeld, bleibt für den Anleger nach Abzug von Inflation und Steuer nichts übrig und das bißchen Zinsmarge ist für die Bank zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig.

Aber – und da setze ich mal die Anleger-Brille auf – dass ist natürlich immer noch besser, als dass ich irgendein Versicherungsprodukt kaufe, wo ich mich auf Jahre festlege und das am Anfang mit immensen Kosten belastet ist. Oder irgendein undurchsichtiges Zertifikat zeichne, wo ich nach 5 Jahren Anlagedauer mit Begriffen wie „Volatilität“, „Performance“, „Benchmark“ und „Multi-Asset-Strategie“ am Nasenring durch die Manege gezogen werde und vor lauter „Fachkompetenz“ meines Beraters vergesse, die entscheidende Frage zu stellen, nämlich: „Was habt Ihr denn eigentlich mit meinem Geld gemacht ?“. Aber wie kann die Lösung hier ausschauen ? Ein alter angelsächsischer Grundsatz lautet: „Know your client – know your product.“ Auf Deutsch: Der Berater sollte seinen Kunden kennen und wissen, was für ihn gut ist bzw. wieviel Risiko er verträgt. Und ihm dann die richtige Dosis in seiner Anlagestrategie verpassen. Vor allem aber sollte der Berater das, was er tut, seinem Kunden auch verständlich rüber bringen. Und der Kunde bzw. Anleger sollte auch den Mut haben den Zeigefinger zu heben und zu sagen „Halt ! Das habe ich jetzt nicht verstanden.“ Einer grundlegenden Reform bedarf meiner Meinung nach das gesamte Vergütungssystem in der Finanzbranche. Das zur Zeit vorherrschende Provisionssystem sieht sich zusehends auch mit diversen Modellen der Honorarberatung konfrontiert. Aber es wird immer schwierig bleiben den Leuten klar zu machen, dass sie für eine Beratung etwas bezahlen müssen, was man doch vermeintlich bei der Bank oder dem Finanzberater „umsonst“ bekommt.  Ich finde die Branche sollte erfolgsabhängige Modelle entwickeln. Wenn der Kunde nach 5 Jahren nichts verdient hat, darf auch dem Berater nichts zustehen. 10 oder 15% pauschal auf alle Gewinne, die der Anleger macht, wäre für alle Seiten eine faire Lösung. Finanzamt und Berater sozusagen in einem Boot. Aber dann müssten Banken und Versicherungen im Gegenzug auf alle Abschlussprovisionen verzichten und die dem Kunden gutschreiben. Ich bin felsenfest davon überzeugt: In mehr als 95% aller in den letzten 10 Jahren in Deutschland getätigten Finanzgeschäfte, wäre das für den Anleger die bessere Lösung gewesen. Und für die guten und fairen Berater auch…

Wann wird’s mal wieder richtig Winter ?

2 Februar 2012

In Anlehnung an den Sommer-Hit des Jahres 1975 von legendären Oranje-Showmaster Rudi Carrell, müsste man den ganzen „Wetter-Journalisten“ eigentlich die Frage stellen: „Warum führt Ihr denn so einen Tanz auf  ?“
„Das Kältehoch „Dieter“ lässt die Russenpeitsche knallen“, titelte z.B. die Bild-Zeitung in dieser Woche in Anspielung auf die kleine Kaltfront, die momentan über Deutschland liegt. Da werden Empfehlungen ausgesprochen, lieber zu Hause zu bleiben, als sich diesen Temperaturen auszusetzen. Ich bin da geneigt zu sagen „Ihr Leut, jetzt lasst mal die Kirch im Dorf ! Guckt mal in den Kalender und denkt mal nach, wie das früher war !“ Ich habe jedenfalls – im Gegensatz zu früheren Jahren – bis jetzt noch keinen Schlittschuhläufer auf der Lahn gesehen. Dass es definitiv kälter ist, als im vergangenen Jahr um diese Zeit, steht außer Zweifel. Aber 10-15 Grad Plustemperaturen (wie Anfang Februar 2011) Zeit sind in meinen Augen dann eher eine Sensation, als das, was sich momentan abspielt . Falls Ihnen am Wochenende ein eisiger Wind um die Nase pfeift, hier noch mal der Wetterbericht vom 5.2.2011:

„Gut, wer im Süden der Republik wohnt. Am Samstag wird das Wetter noch durchwachsen sein, doch am Sonntag dürfen sich die Süddeutschen auf richtig schönen Sonnenschein freuen. Und: Temperaturen von bis zu 13 Grad sind drin. Da blickt der Norden neidisch nach Süden.“

nachzulesen im Archiv von www.wetter.de

Und beim Recherchieren frei nach dem Motto „es hätte schlimmer kommen können“ bin ich dann auf die tiefste jemals in Deutschland gemessene Temperatur gestossen (Wikipedia sei Dank). Hätten Sie’s gewusst ? Am Heiligabend 2001 wurden am Funtensee in Bayern wirklich spektakuläre – 45,8 Grad gemessen. Wenn da dann noch Ostwind gewesen wäre, wäre der n-tv-Reporter vor Ort wahrscheinlich zur Eissäule erstarrt. Aber das Jammern über das Wetter ist ja ein Spiegelbild der Gesellschaft. Mal ist es zu kalt, dann ist es zu windig, dann ist es zu heiss. Ich kann mich noch gut an den vergangenen November erinnern, als es viel zu warm war und kein Tropfen Regen fiel. Und vor 5 Jahren wurde ein Sturm namens „Kyrill“ angekündigt , der sich dann im nachhinein zumindest in unserer Region als laues Lüftchen entpuppte. Was wurde damals im Vorfeld eine Hysterie erzeugt. Nicht alles, dass die Leute damals die Supermärkte geplündert haben und sich in Kellerschutzräume verbarrikadierten. Ich sehe die Schlagzeilen der kommenden Woche schon vor mir. Der Pressesprecher der Deutschen Bahn kann sich schon im wahrsten Sinne des Wortes „warm anziehen“. Denn dass es irgendwo in Deutschland Züge geben wird, wo die Heizung nicht funktioniert, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Auf alle Fälle ist es leichter sich gegen die Kälte zu wappnen, als gegen eine Hitzewelle, mit der wir in den nächsten 6-8 Monaten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls konfrontiert werden. Und in Anbetracht  von vielleicht läppischen 10 oder 15 Grad Minus sollten wir das Ganze wirklich gelassen betrachten. Deshalb kommt die Meldung der Woche für mich nicht vom Deutschen Wetterdienst, sondern von der Bundesagentur für Arbeit. Im Januar waren so wenige Menschen ohne Arbeit wie zuletzt vor 20 Jahren um diese Zeit. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Lage in Deutschland viel, viel besser ist als die Stimmung. Aber positive Berichterstattung ist ja langweilig…