Am Samstag um 23:49 war es soweit. Im insgesamt 34. Vergleich gegen Italien verzeichnete die deutsche Fussball-Nationalmannschaft den achten Sieg gegen Italien. Aber es war nicht irgendein gewöhnlicher Sieg, sondern einer mit historischer Dimension. Zieht man nämlich von den insgesamt 34 Spielen die 25 „Fassenachtsspiele“ ab, in denen es um nichts bzw. um die goldene Ananas ging, standen bei den bisherigen acht Spielen bei Welt- und Europameisterschaften vier Unentschieden und vier italienische Siege zu Buche. Und wenn man da das Sieb etwas feiner einstellt, waren die vier Unentschieden belanglose Vorrunden- bzw. Zwischenrunden-Matches, während es bei den vier Siegen der Italiener einmal (1982) um den WM-Titel, zweimal (1970 und 2006) um den Einzug ins WM-Finale, und einmal (2012) um den Einzug ins EM-Finale ging. Es gab im Vorfeld dieser Partie nicht wenige Experten, die in leicht abgewandelter Form des legendären Ausspruchs von Ernst Huberty aus dem Match 1970, mit „Ausgerechnet Italien !“ den Respekt vor der „Squadra Azzurra“ ausdrückten. Wenn es einen „Angstgegner“ in der Geschichte des deutschen Teams gab, dann waren das die Italiener und insbesondere die letzten beiden Niederlagen dürften auch den jüngeren Fussballfans noch in bester (bitterer) Erinnerung sein. Ich bin ehrlich: Als Mezut Özil seinen Elfmeter an den Außenpfosten ballerte und damit die Italiener nur noch zwei Elfmeter vom Sieg entfernt waren, dachte ich „Ach Du Scheiße – nicht schon wieder. Jetzt musst Du Dir die nächsten zwei Jahre wieder von Deinen Freunden Gaetano Proto (dem weltbesten Pizzabäcker), Walter Meloni, „Don“ Carlo Pacinella, Enea und Daniele Arena, Bruno Fogolin, Mario Di Blasio und vielen mehr erzählen lassen, dass die Deutschen zwar schön spielen, aber wenn es um etwas geht, halt doch die Italiener die Nase vorn haben.“ Aber am Ende kam es anders. Und so werde ich in den nächsten zwei Jahren in und um Limburg entspannt und sicher auch mit dem einen oder anderen lockeren Spruch Pizza, Pasta, Cappuchino genießen und auch den ein oder anderen vino bianco und vino rosso „verhaften“.
Die Traumata sind verarbeitet
Damit sind die Traumata „Arturo Yamasaki“ 1970 (den peuranischen Pfeifenmann könnte ich heute noch erwürgen), „Fabio Grosso“ 2006 und „Mario Balotelli“ 2012 mit einem Schlag verarbeitet. Und für alle Gladbach-Fans der Büchsenwurf aus 1971, als Roberto Boninsenga oscarverdächtig den sterbenden Schwan spielte, gleich mit. Aber es war ein hartes Stück Arbeit. Zu Beginn der Verlängerung hatte ich noch via Facebook die Prognose „Haut rein Jungs, li abbiamo nel sakko“, was heisst „wir haben sie im Sack“ abgegeben. Aber im Gegensatz zum Brexit musste ich meine Prognose dieses Mal – Gott sei Dank – nicht revidieren.
Landkreis Limburg-Weilburg gut vertreten
Die beiden „Edel-Busfahrer“ Albert Hölzenbein und Wolfgang Hochfellner in unseren Reihen sahen nach dem Spiel aus, als hätten Sie gerade die Tour Moskau-Lissabon nonstop hinter sich gebracht. Die „Dehrner Raben-Fahne“ die zwischenzeitlich vier Elfmeter lang als Maskottchen diente, wurde nach Schweinsteigers Fehlschuss vorläufig suspendiert. Überhaupt war der Landkreis Limburg-Weilburg in Bordeaux stark vertreten. Neben einer sechs Mann starken Abordnung vom VfR 07 Limburg unter der Führung von Frank „Pizza“ Pingitzer und Finanzverwalter Stefan „Weisi“ Weismüller, glänzte die „Eufinger-Connection“ aus Elz mit der größten Deutschland-Fahne im Stadion. WT-Sportreporter Andrè Bethke führte eine Delegation von insgesamt acht Fans aus dem ehemaligen Oberlahn-Kreis an. Die beiden Villmarer Filigranfussballer Stefan und Mike Schuh logierten auf einem Campingplatz unweit des Stadions. Andreas Kappes, Marcel Kremer und Rafael Giedrowicz kamen in den Genuss des zweiten Elfmeterschiessens innerhalb von 48 Stunden, da die Truppe direkt per Bus aus Marseille anreiste.
Der Blick nach vorne
Italien war gestern, jetzt gilt der Blick nach vorne. Am Donnerstag wartet mit Gastgeber Frankreich der nächste harte Brocken. Am Tag zuvor ermitteln Wales und Portugal den Finalgegner der deutschen Mannschaft. Die Waliser sind neben den tapferen Isländern definitiv das Überraschungsteam dieser Europameisterschaft. Ich tippe nach „Arrivederci Italia“ auf „Adieu Les Bleus“ am Donnerstag und ein Finale Deutschland gegen Wales.
Der langjährige Vorsitzende des FCA Niederbrechen und gebürtige Waliser Dennis Sutherland würde einer solchen Partie äußerst gelassen entgegen sehen. „Die Deutschen sind so fair und lassen uns ein Tor schiessen“ um nicht vergessen hinzuzufügen „nachdem sie uns vorher drei eingeschenkt haben“. Aber die Waliser haben schon mit dem Erreichen des Halbfinals alle Erwartungen weit übertroffen. Sein langjähriger Mitstreiter Heinz Ewald sieht das ganze wie der Kaiser Franz: „Schaun mer mal“. Am Sonntag abend – spätestens um 23:59 – sind wir schlauer.