Archiv für Juni 2016

Ruhig schlafen und gut essen

30 Juni 2016

Pünktlich zum Champions-League-Finale, das am vergangenen Samstag in Mailand stattfand, fühlte sich mit dem Unternehmen KMPG, eine der größten europäischen Wirtschaftsprüfungs-Kanzleien berufen, mit „The European Elite 2016“ eine 20-seitige Studie zum aktuellen Marktwert der europäischen Fussballvereine zu veröffentlichen.

Um es kurz zu machen: Der aktuelle „Champion“ Real Madrid teilt sich gemeinsam mit Manchester United  den Titel „wertvollster Verein in Europa“. Die Strategen von KPMG wendeten bei Ihrer Berechnung die sogenannte „Enterprise-Value-Methode“ an. Das bedeutet auf Deutsch, dass zum eigentlichen „Wert“ des Unternehmens auch noch die Schulden addiert werden. So ist es kein Wunder, dass in dieser Rangliste in den Top 10 nur ein Verein aus der Bundesliga, nämlich der FC Bayern München auftaucht.

Rang Verein Enterprise-Value (in €)
1 Real Madrid 2.905.000.000
2 Manchester United 2.905.000.000
3 FC Barcelona 2.758.000.000
4 Bayern München 2.153.000.000
5 Arsenal London 1.663.000.000
6 Manchester City 1.620.000.000
7 Chelsea London 1.453.000.000
8 FC Liverpool 1.273.000.000
9 Juventus Turin 983.000.000
10 Paris St.Germain 843.000.000

 

Unter den insgesamt 30 untersuchten Vereinen finden wir neun Vereine, bei denen der aktuelle Wert täglich im Wirtschaftsteil der Zeitung steht. Diese Vereine sind nämlich an der Börse notiert, und wenn man den aktuellen Kurs mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien multipliziert, erhält man den Börsenwert. Ob Börsenkurse immer den realen Wert eines Unternehmens widerspiegeln, darüber kann man trefflich streiten. Ich habe diesen Zahlen einmal die Börsen-Bewertung von drei bekannten Sportmarken gegenübergestellt.

Rang Verein Wert/Studie Börsenwert    
(in €)  
2 Manchester United 2.905.000.000 2.490.000.000 86%
11 Borussia Dortmund 830.000.000 384.000.000 46%
9 Juventus Turin 983.000.000 265.000.000 27%
20 Ajax Amsterdam 297.000.000 158.000.000 53%
19 AS Rom 358.000.000 157.000.000 44%
24 Galatasaray Istanbul 225.000.000 115.000.000 51%
23 Lazio Rom 233.000.000 28.500.000 12%
21 Benfica Lissabon 285.000.000 24.610.000 9%
28 FC Porto 188.000.000 14.400.000 8%
Nike 85.000.000.000
Adidas 24.000.000.000
Puma 3.200.000.000

 

Wenn man jetzt noch weiß, das Borussia Dortmund als einziger Verein auf dieser Liste komplett schuldenfrei ist – also der Börsenwert eigentlich dem „Enterprise Value“ entspricht – müsste der Aktienkurs bei einer „fairen Bewertung“ eigentlich doppelt so hoch sein. Aber genau das macht den Reiz und gleichzeitig die Unsicherheit der „Börse“ aus. Man kann nicht immer alles logisch berechnen und verstehen. Auch könnten sich die Herren von KPMG ja auch einfach verrechnet haben. Aber auf lange Sicht wird jedes Unternehmen irgendwann auch einmal „fair“ bewertet sein, auch der BVB. Bevor heimische Kegelclubs auf die Idee kommen, sich mit der „Puddel-Kasse“ diverse südeuropäische Traditionsclubs wie Lazio Rom, Benfica oder den FC Porto zum vermeintlichen „Schnäppchenpreis“ einzuverleiben, gestatte ich mir den Hinweis, dass ich bei diesen Clubs lieber die Finger von den Aktien lasse. Hier gelten doch sehr spezielle Rahmenbedingungen und finanzielle Transparenz wird – im Gegensatz zu den Bundesligavereinen – noch eher klein geschrieben.

 

Blau-Weiße Zinsen

Wesentlich leichter zu verstehen ist der Zinsmarkt, auch Rentenmarkt genannt. Hier gibt es einen garantierten Zins, über eine festgelegte Laufzeit und am Ende der Laufzeit den Einsatz zurück. Nachdem der FC Schalke 04 vor vier Jahren erstmals mit einem Zinssatz von 6,75% insgesamt 50 Millionen Euro nicht nur bei Fans, sondern auch bei Fondsmanagern und institutionellen Anlegern einsammelte, steht jetzt ein Umtausch dieser Anleihe ins Haus. Durch die niedrigen Zinsen und eine solide Geschäftspolitik konnten die Schulden des Vereins in den letzten vier Jahren deutlich reduziert werden. Jetzt plant man mit einem Zinssatz zwischen 4 und 5 Prozent diese Anleihe abzulösen, was immerhin zu einer Zinsersparnis von 1 Million Euro pro Jahr führt. Wer an an die letzte Strophe des Schalker Vereinslieds glaubt: „Tausend Freunde, die zusammenstehn – dann wird der FC Schalke niemals untergehn !“ findet hier eine mögliche Alternative der Niedrigzinsphase die rote Karte zu zeigen.

 

Fünf Millionen für nichts

Von allen guten Geistern verlassen scheinen die Verantwortlichen des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) zu sein. Aufgescheucht durch die dubiosen 6,7 Mio €, die seit vergangenem Herbst im Zusammenhang mit der WM-Vergabe 2006 gesucht werden, wurde überstürzt eine Anwaltskanzlei beauftragt „Licht ins Dunkel“ zu bringen. Bereits in der Einleitung des 380-seitigen „Freshfield-Reports“ findet sich der Hinweis: „Tatsächlich stießen unsere Ermittlungen aber auf Grenzen, da elektronische Daten fehlten, physische Akten und Dokumente für uns nicht zugänglich waren und Personen, die wir gerne befragt hätten, sich nicht äußern wollten oder konnten.“ Alles was nämlich nur halbwegs für die Aufklärung interessant war, hatte die Staatsanwaltschaft bekanntermaßen einige Wochen vorher bereits in einer medienwirksam inszenierten Aktion einkassiert bzw. beschlagnahmt. Wäre bei den Advokaten von „Freshfields Bruckhaus Deringer“ auch nur ein Hauch von Anstand vorhanden, hätte man den Auftrag dankend mit der Begründung „die elementaren Beweismittel sind für uns nicht zugänglich“ abgelehnt. Stattdessen wurden dem DFB – wie am vergangenen Wochenende bekannt wurde – für diese Aktion (Resultat: 380 Seiten belangloses „BLA-BLA“) über fünf Millionen Euro in Rechnung gestellt. Wer auch immer beim DFB diesen Auftrag unterschrieben hat. SO GEHE ICH NICHT MIT VERBANDSVERMÖGEN UM !

 

Fazit:

Eine der berühmtesten Weisheiten des „Börsen-Altmeisters“ André Kostolany lautete: „Wer gut schlafen will, kauft Renten. Wer gut essen will, kauft Aktien“. Wer auf die gelb-schwarze Aktie setzt, sollte auch in Zukunft nicht am Hungertuch nagen. Und für Zinsanleger, die schlaflose Nächte hinter (und wohl auch noch geraume Zeit vor) sich haben, sind die blau-weißen 4-5 Prozent da eine mögliche Alternative. Wie immer gilt hier: Nicht alles, aber jeweils ein bißchen. Für die Verantwortlichen beim DFB, die fünf Millionen Anwaltshonorar „für Nichts“ zu verantworten haben, bin ich geneigt zu fordern: „Wasser, Brot und der Wecker muss beizeit rappeln !“ Aber: Bier und Bratwurst anstatt Champagner, wär ja auch schon mal was.

 

Die drei Weisen aus dem Hessenland

23 Juni 2016

Nachdem unser langjähriger Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm, der als gebürtiger Rüsselsheimer seine hessische Herkunft nie verleugnen konnte, mit dem Slogan: „Die Rente ist sicher“ sich ein literarisches Denkmal gesetzt hat, ist das Thema „Alterssicherung“ eine beliebte Spielwiese für Politiker aller Couleur. Wobei der gute „Nobby“ sicherlich unfreiwillig dazu beigetragen hat, dass seine legendären Worte zwar außer Zweifel stehen, inzwischen aber immer öfter berechtigt mit der Zusatzfrage versehen werden: „aber reicht, das, was dabei rauskommt, im Alter überhaupt zum Leben ?“ Die Antwort hierauf ist schmerzhaft und unpopulär, kann aber nur ganz fett mit „NEIN“ beantwortet werden. Wenn man weiß, wie unser Rentensystem funktioniert, braucht man keine Leuchte im Mathe-Unterricht gewesen zu sein, um zu erkennen, welche Probleme auf uns zukommen. Unser System basiert auf dem „Umlageverfahren“, d.h. die aktuellen Arbeitnehmer zahlen ca. 20% Ihres Bruttoeinkommens in die Rentenkasse ein und dieses Geld wird sozusagen postwendend an die Rentner ausgezahlt. Ganz vereinfacht gerechnet bedeutet das, wenn ich drei aktive Arbeitnehmer habe, kann ich damit einem Rentner 60 Prozent des Durchschnittseinkommens als Rente finanzieren.

Aus 3:1 wird 1:1

Mittlerweile dürfte es aber auch in der hintersten Ecke bekannt sein, dass sich die Gewichtung aufgrund der demographischen Entwicklung in diesem Land drastisch verschiebt und wir bereits in 10 Jahren nur noch bei einem Arbeitnehmer-Rentner-Verhältnis von 2:1 und in 30 Jahren sogar bei 1:1 liegen. Um das derzeitige Rentenniveau zu halten bleibt dann nur eine Verschiebung des Renteneintrittsalters (von derzeit 67 Jahren) nach hinten, oder die Rentenkasse muss sich aus anderen Quellen zusätzliche Einnahmen „besorgen“. Die dritte Variable „Erhöhung des Beitragssatzes“ scheidet aus. Da ist das obere Ende der Fahnenstange erreicht. In der Praxis funktioniert die Quersubventionierung über den „Bundeszuschuss“, da werden dann schon mal Einnahmen (z.B. aus der Mineralölsteuer) „umgeleitet“, um hier der Rentenkasse die notwendige Substanz zu verleihen. Wobei „Substanz“ in diesem Fall bedeutet, dass eine Reserve von 1-2 Monatsrenten in der Kasse liegt, mehr nicht. Bei der „kapitalgedeckten Rente“ dagegen spart jeder Rentner seinen individuellen Kapitalstock an.

Von der Hand in den Mund

Ursprünglich war die vom damaligen Reichskanzler Bismarck eingeführte Rente auch als Umlageverfahren gedacht, jedoch machten hier zwei Weltkriege und die daraus letztendlich resultierenden Währungsreformen 1923 und 1948 diesen Plan zunichte. Danach musste man jeweils bei 0 anfangen, und wenn man bei 0 anfängt, geht das nur im Umlageverfahren. Und man hat auch keine Chance aus dem Umlageverfahren ins Kapitaldeckungsverfahren zu wechseln, wenn man „von der Hand in den Mund“ lebt. Das ist genauso, wenn bei einem Haus, die kompletten Mieteinnahmen für Zins- und Tilgung verwendet werden und nichts für eine Instandhaltungsrücklage übrig bleibt.  Von daher ist es in Deutschland immens wichtig, dass wir in vielen Branchen als 2. Säule die betriebliche Altersversorgung haben und die daraus resultierende (kapitalgedeckte) Betriebsrente ergänzt dann die Einnahmen aus der gesetzlichen Rente. Bleibt als 3. Säule die private Vorsorge, wo sich zahlreiche private Anbieter um die Spargroschen der Bürger streiten. Neben Konsumwünschen wie Auto, Urlaub und der eigenen Immobilie, steht ja die finanzielle Unabhängigkeit im Alter ganz oben auf der Motivationsliste der Sparer.

Seit langer Zeit wieder einmal eine gute Idee aus der Politik

Und genau hier setzt ein Vorschlag der drei hessischen Minister Thomas Schäfer (CDU, Finanzen), Tarek Al-Wazir (Grüne, Wirtschaft) und Stefan Grüttner (CDU, Soziales) an. Sie präsentierten vor einigen Monaten ihr Modell der sogenannten „Deutschland-Rente“. Ein Fonds in den alle Arbeitnehmer einzahlen und der kostengünstig vom Staat verwaltet wird. Das wäre sozusagen ein erster Schritt hin zu einer kapitalgedeckten Rentensäule. Im Gegensatz zur privaten Vorsorge, die immer auf Eigeninitiative beruht, soll es hier einen „passiven Zwang“ geben. Das bedeutet, nur derjenige Arbeitnehmer, der ausdrücklich sagt „ich will nicht mitmachen“, bleibt außen vor. Aber das Modell muss nach Ansicht der drei Initiatoren qualitativ so gut sein, dass es die Menschen überzeugt. Dazu gehört ohne Zweifel auch ein entsprechender Aktien-Anteil. Die Antwort auf die Interview-Frage „Warum setzen Sie denn auf Aktien ?“ von Finanzminister Dr. Thomas Schäfer ging bei mir „runter wie Öl“: O-Ton:„ Weil offensichtlich die Menschen an den Aktienmarkt immer nur dann denken, wenn in den Nachrichten kommt, dass die Kurse mal wieder gefallen sind. Steigende Kurse sind offensichtlich nicht so nachrichtenrelevant. Denn wenn man sich mal die Zahlen genau anguckt: Die schlechtesten 20 Jahre am Aktienmarkt – und über so lange Anlagehorizonte muss man hier reden – bringen immer noch fünf Prozent Rendite jedes Jahr. Das heißt, egal, wann Sie in der Nachkriegszeit die schlechtesten 20 Jahre heraussuchen, haben Sie immer noch fünf Prozent Rendite im Jahr. Das kriegt keine andere Anlage, deshalb baut unser Vorschlag darauf auf, nicht alles in Aktien zu investieren, aber einen nicht unerheblichen Teil, um eben für die Altersvorsorge mehr Geld zur Verfügung zu haben, damit vorher entsprechende Renditen hinzukommen können.“ Ich finde: Das ist seit langem mal wieder ein richtig guter Vorschlag aus der Politik. Wenn man dann noch einführt, dass die Beiträge zu diesem Fonds steuerlich begünstigt sind, wäre das ein Sahnehäubchen obendrauf. Bleibt die Frage: Wer managt einen solchen Fonds ? Und: Wer fängt die Gegenseite ein, die zur Zeit die Abschaffung der Abgeltungssteuer fordert, also genau kontraproduktiv gegen die Sparer „schiesst“. Ich wünsche den Herrn Schäfer, Al-Wazir und Grüttner jedenfalls viel Erfolg und Durchhaltevermögen für die Durchsetzung dieses Vorschlags.

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