Ein „Schnapper“ für 25 Milliarden ?

24 November 2016 von Max Kommentieren »

Kennen Sie „Snapchat“ ? Falls nicht fragen Sie Ihre Kinder bzw. Enkel. Die zählen zwar wahrscheinlich nicht zu den Lesern diese Zeitung bzw. dieses Artikels, können Ihnen aber mit Sicherheit diese Frage beantworten. Für die geistigen „Do-it-Yorself“- Handwerker unter uns ist „Google“ bzw. „Wikipedia“ ein Segen. Zwei Klicks und wir haben die Antwort. Sie kennen „Google“ und „Wikipedia“ auch nicht ? Dann erkläre ich Ihnen was „Snapchat“ ist: Bei „Snapchat“ handelt es sich um eine kostenlose Handy bzw. Computerfunktion, mit der man Bilder an Freunde versenden kann. Diese Bilder können die Empfänger allerdings nur über einen bestimmten Zeitraum sehen, dann lösen sich diese wieder von selbst auf.“ Die Firma wurde vor fünf Jahren von zwei Studenten der Stanford University gegründet, die eines mit mir gemeinsam haben. Auch die beiden haben sich auf die Entwicklung Ihres eigenen Unternehmens  konzentriert, anstatt ihr Studium ordentlich zu Ende zu bringen. Weitere „Kollegen“ von uns sind übrigens Günther Jauch und Bill Gates.

150 Millionen tägliche Nutzer weltweit

Obwohl Facebook den beiden Snapchat-Gründern bereits vor drei Jahren zunächst eine Milliarde Euro geboten hatte und danach das Angebot auf drei Milliarden verbesserte, lehnten die beiden Gründer Evan Spiegel und Robert Murphy das Angebot ab. Jetzt steht „Snapchat“ unmittelbar vor dem Börsengang und die Analysten und beteiligten Banken, die sich mit dem Thema beschäftigen, gehen von einem aktuellen Börsenwert von 25 Milliarden US-Dollar aus, da die Plattform mittlerweile 150 Millionen Nutzer hat, die täglich darauf zurückgreifen.

Das Ganze ist nur möglich, weil in den USA eine ganz andere Aktienkultur herrscht, als hierzulande. Man sieht dies auf einem Blick wenn man die Börsenbewertung von jungen aufstrebenden Unternehmen in den USA mit der von klassischen großen DAX-Unternehmen hierzulande vergleicht. Da soll mir einer nochmal mit dem Argument kommen, der DAX sei überbewertet !

Unternehmen Börsenwert Umsatz (in Mrd. €) Gewinn vor Steuern
   (in Mrd. €)  (in Mrd. €)  (in Mrd. €)
       
Alphabet (Google) 507 65 18
Apple 555 200 50
Facebook 320 16 6
Microsoft 443 75 15
Twitter 13 2 -0,5
BASF 73 70 6
Daimler 70 150 13
Deutsche Bank 20 -6
Deutsche Telekom 68 70 5

 

Facebook hui – Twitter pfui

Die im o.g. Kontext entscheidende Frage: Soll ich in ein Unternehmen wie „Snapchat“ investieren muss jeder für sich entscheiden. Microsoft, Apple und Google waren riesige Erfolgsgeschichten. Bei Facebook habe ich vor vier Jahren beim Börsengang gesagt „zu teuer – Finger weg“ – die Aktie hat sich seitdem mehr als verfünffacht. Aber auch dazu stehe ich. Am Ende der Schlacht werden die Toten gezählt. Gerade das Beispiel Snapchat zeigt, wie schnell im Bereich „Social Media“ neue Konkurrenz entstehen kann. Bei „Twitter“ beispielsweise hat sich der Kurs seit dem Börsengang vor gut einem Jahr halbiert.  Grundsätzlich gilt für diese Firmen: Es ist eine Wette auf die Zukunft und die ist mit hohen Chancen aber auch hohen Risiken verbunden. Denn eines fehlt den jungen Unternehmen, was bei den alten „Haudegen“ BASF, Daimler. Dt. Bank oder Dt. Telekom reichlich vorhanden ist: Nämlich Eigenkapital. Dreimal dürfen Sie raten, wer von den vier deutschen Firmen Ende 2015 das meiste Eigenkapital hatte. Die Deutsche Bank ! Und obwohl die Aktie in den letzten 8 Wochen um 50% gestiegen ist, kaufe ich dort immer noch den Euro für 50 Cent ein und das ganze Geschäft gibt’s kostenlos oben drauf. Und selbst bei Daimler preist die Börse aktuell fast nur das Eigenkapital ein, bei BASF und Telekom wird nur das Doppelte des Eigenkapitals gezahlt. Das sind Werte von denen amerikanische Investoren nur träumen. Bei Facebook liegt dieser Faktor z.B. bei mehr als zehn. Wobei: Ganz stimmt diese Aussage ja nicht – schließlich sind ja mittlerweile über 60% aller DAX-Aktien in ausländischer Hand. Und die heimischen Anleger schlafen zum größten Teil weiter und jammern über Nullzinsen. Bei Snapchat verpassen Sie nichts. Da sehe ich größte Gefahren, dass sich die Börsenbewertung – genau wie die versendeten Bilder – nach einiger Zeit wieder in Luft auflöst. Aber über den Rest sollten sie nachdenken. Und wem das zu kompliziert ist: Es gibt Leute, die Sie fragen können. Die haben nicht immer recht – aber meistens.