Ganz selten hat die Rückkehr eines Protagonisten (sei es im Sport, in der Politik oder in der Wirtschaft) die Gemüter so erhitzt und gespalten, wie die Wahl von Uli Hoeness zum Präsidenten des FC Bayern München e.V. am vergangenen Freitag. Der „Patron“ des erfolgreichsten deutschen Fussballvereins kehrt auf seinen Posten zurück, den er aufgrund einer Verurteilung in einem der spektakulärsten Steuerprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2014 hatte räumen müssen. Das Land ist gespalten in der Frage (ich formuliere das mal neutral): „Kann jemand, der im Gefängnis gesessen hat, einen solch verantwortungsvollen Posten ausfüllen ?“
Yes, he can
Meine Meinung dazu ist klar: Er kann das ! Zum einen hat er es vor dem Steuer-Skandal bewiesen, dass er der fähigste Fussball-Manager weltweit ist und zum anderen hat er für sein – ohne Zweifel – hoch zu kritisierendes Verhalten die Höchststrafe bezahlt. Nicht nur mit seinem Gefängnisaufenthalt, sondern in erster Linie mit dem Verlust öffentlichen Ansehens. Wobei sich auch da die Geister scheiden. Ich habe mich vor zwei Jahren sehr intensiv mit dem „Steuerfall Uli Hoeness“ beschäftigt. Es bleiben da viele Fragen offen: Nach seinen Angaben hat er mit den ganzen Spekulationen unter dem Strich nichts verdient. Frei nach dem Motto von Leo Kirch: „der Herr hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen.“ Das deutsche Steuerrecht ist aber so konzipiert, dass wenn der „Herr zuerst gibt“, darauf Steuern fällig werden und wenn der „Herr dann nimmt“ diese Verluste nur bedingt mit den vorherigen Gewinnen verrechnet werden können, sondern in erster Linie mit künftigen Gewinnen. Das Fazit dieser Gesetzeslage führte im Endeffekt dazu. dass der gute Uli 50 Mio Steuern nachzahlen musste, die er gar nicht verdient hatte. Von der völlig weltfremden Regel, dass Steuerschulden mit 6% Zinsen p.a. berechnet werden, mal ganz zu schweigen. Aber das ist alleine ein Thema für eine ganze Abhandlung. Leisten konnte er sich das nur, weil er – parallel zu seiner Fussball-Karriere – eine gutgehende Wurstfabrik in Nürnberg (ich sage nur: „Drei im Weckla“) aufgebaut hatte.
Urteil ist im Internet nachlesbar
Wer – so wie ich – das im Internet verfügbare Urteil zu diesem Fall analysiert, kommt zu der Erkenntnis, dass in diesem Fall eine große Laienspielschar unterwegs war. Angefangen vom Steuerberater, der eine dilettantische Selbstanzeige anfertigte über seinen „Star-Anwalt“ Hanns Feigen, der in meinen Augen alles andere als souverän wirkte. Ich erinnere nur an den Spruch während des Prozesses „Herr Hoeness erzählen sie nichts vom Pferd“. Die Strategie den Ermittlungsbehörden erst eine (!) Woche vor Prozessbeginn alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, öffnet bis heute allen Spekulationen „wer denn da noch alles mit drin steckt“ Tür und Tor. Vom Bankberater mal ganz zu schweigen. Aber kann man einem Schweizer Kundenberater wirklich vorwerfen einen deutschen Kunden nicht auf eine mögliche Steuerproblematik hinzuweisen ? Schließlich hat der in seinem ganzen Leben immer nur den Leitspruch gelebt (stellen Sie sich diesen Satz bitte mit eidgenössischem Zungenschlag vor) „Bringen Sie uns ihr Geld, wir sind zwar etwas teurer aber dafür diskret.“ Abgesehen davon glaube ich, dass ein „Alpha-Tier“, wie es Uli Hoeness ohne Zweifel ist und immer war, in vielen Dingen „beratungsresistent“ ist.
Teurer Patriotismus
Etwas seltsam kam es Beobachtern schon vor, dass der Prozess im März 2014 in drei Tagen „durchgebolzt“ wurde, obwohl sich die Summe der hinterzogenen Steuern von ursprünglich drei auf knapp 30 Mio Euro erhöht hatte. Normalerweise hätte das Gericht hier auch sagen können „Es liegen neue Fakten auf dem Tisch, wir müssen uns hier erstmal durcharbeiten und vertagen das Ganze.“ Grundsätzlich hat Hoeness seinen Patriotismus (*ich zahle meine Steuern in Deutschland“ teuer bezahlt. In der ganzen Gemengelage hätte ein Wohnsitzwechsel (z.B. wie der Franz nach Österreich) oder einfach ein anderer „Mantel“ (z.B. die Abwicklung dieser ganzen Geschäfte nicht als Privatperson Uli H., sondern als Firma xy, hinter der Uli H. steht) ganz leicht aus dem Tatbestand der Steuerhinterziehung eine „clevere Steuervermeidungsstrategie“ werden lassen. Von daher braucht mir hier auch keiner stolz auf Nico Rosberg als „unseren“ neuen Formel 1 Weltmeister zu sein: Der zahlt seine Steuern in Monaco – wenn er es hier tun würde, hätte er meinen Respekt. Das gleiche gilt für seine beiden Vorgänger. Und wenn wir gerade beim Thema „Steuersünder“ sind: Was ist verwerflicher ? Das Verhalten von Uli Hoeness oder das von Carsten Maschmeyer, Mirko Slomka und Clemens Tönnies, die (Stichwort „Cum-ex-Geschäfte“) ihr Geld bewusst in Strategien investieren, die auf eine damals zwar legale, aber moralisch sehr fragwürdige Mehrfacherstattung von Kapitalertragssteuern fusst. Und weiter: Verantwortlich dafür, dass dem Staat hier ein Schaden in Höhe von mindestens 12 Milliarden € entstanden ist (Quelle F.A.Z. vom 14.6.2016), sind die Herren Eichel, Steinbrück und Schäuble, die es in insgesamt 16 Jahren als Finanzminister nicht geschafft haben, dieses Steuerschlupfloch zu schließen.
Steilvorlage für alle Talkshows
Da reden wir über einen ganz anderen Schaden, als den, den der Uli verursacht hat, und außerdem auf Heller und Pfenning zurückgezahlt hat. Dass von den oben genannten Herren jemand etwas freiwillig in den Klingelbeutel geworfen hat, ist mir nicht bekannt. Im Gegenteil: Der Eichel klagt noch vor Gericht gegen die Anrechnung von anderen Einkünften auf seine Pension. Es gibt im deutschen Fernsehen viele Sendungen, die ich mir grundsätzlich nicht anschaue. Aber in dem Fall freue ich mich auf die erste Talkshow, wo auf der Gegenseite einer der zahlreichen „selbsternannten Moralpostel“ den Zeigefinger hebt und mit dem Satz „Eigentlich sollte ein solches Amt ja nicht…“ aus dem Schrank kommt. Da werden wir den alten Uli erleben. Das Recht diese ganzen „Dummschwätzer“ dann zu „zerlegen“ hat er in den vergangenen drei Jahren für einen hohen Preis gekauft.