Neben einem nahezu perfekten sportlichen Verlauf (nach 18 Spielen ohne Niederlage hat man gute Chancen auf den Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga) gab es auch für „Finanzinvestoren“ in der vergangenen Woche gute Nachrichten aus Nürnberg. Pünktlich zum 01. April wurde eine vor sechs Jahren aufgelegte „Fan-Anleihe“ zurück gezahlt. Insgesamt sechs Millionen hatte der „Club“ im Jahr 2010 überwiegend in der Anhängerschaft eingesammelt und laut Prospekt versprochen, sechs Prozent Zinsen p.a. zu zahlen. Mit dem Geld sollte dann die Infrastruktur am vereinseigenen Trainingsgelände verbessert werden, was auch in Form von Jugendinternat, Museum und Neubau der Geschäftsstelle passiert ist. Für viele selbsternannte „Verbraucherschützer“ war es damals ein gefundenes Fressen. „Da kann man sein Geld genauso gut zum Fenster hinauswerfen.“ – „So was kann man vielleicht mit dem FC Bayern machen, aber doch nicht mit einer Fahrstuhlmannschaft wie dem 1.FCN“ waren noch eher harmlose Beurteilungen. Nun sind die Kritiker aller Lügen gestraft. Aber man darf das ganze Thema auch nicht so ganz blauäugig sehen. Abgelöst wurde die „Fan-Anleihe“ jetzt durch ein Bank-Darlehen und die Bank erhält im Gegenzug eine Grundschuld auf dem Vereinsgelände als Sicherheit. Und wie jeder Häuslebauer profitiert der Verein auch hier von den mittlerweile deutlich gesunkenen Zinsen und zahlt künftig anstatt 360.000 € pro Jahr nur noch etwas mehr als 100.000 € Zinsen pro Jahr. Bei einem Gesamt-Etat von 35 Millionen € entscheidet das nicht über Leben und Tod, aber viele kleine Schritte führen auch zum Ziel. In der aktuellen Null-Zins-Phase ist für mich dieses Thema Anlass, einmal den ganzen Markt für Fan-Anleihen zu durchleuchten. Ich bin mir sicher: Außer den Schatzmeistern in der Säbener Strasse in München und in Dortmund befassen sich alle Profi-Vereine mit diesem Finanzierungsinstrument. Im Prinzip ist es nichts anderes als eine „Mittelstandsanleihe“. Man leiht einem Unternehmen (in diesem Fall dem Verein) Geld, hofft jährlich auf die versprochene Zinszahlung und darauf am Ende der Laufzeit sein Geld zurück zu bekommen. Im Gegenzug zu manchen Pleiten am Kapitalmarkt, stehen bei Vereinen nicht zuletzt auch die Gremien in der Politik unter massivem Druck, hier notfalls mit Bürgschaften als „Retter“ einzuspringen. Sicherlich ein Bonitäts-Pluspunkt, den man aber nicht für alle Zeit in der Zukunft einkalkulieren darf. Die Fans des 1. FC Köln, 1. FC Kaiserslautern, der beiden Hamburger Vereine, sowie von Hertha BSC und Schalke 04 dürften die Nachrichten aus Nürnberg mit Wohlwollen verfolgt haben, schließlich stehen auch alle diese Vereine bei Ihren Anhängern mit „Fan-Anleihen“ in der Kreide. Hier ein kleiner Überblick, der nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:
Verein | Zinssatz | Volumen | Auflage | Laufzeit |
1.FC Nürnberg | 6,00% | 6 Mio | 31.03.2010 | 31.03.2016 |
Hertha BSC | 5,00% | 6 Mio | 15.11.2010 | 15.11.2016 |
FC St. Pauli | 6,00% | 6 Mio | 30.06.2011 | 30.06.2018 |
Schalke 04 | 6,75% | 50 Mio | 11.07.2012 | 11.07.2019 |
1. FC Köln | 5,00% | 10 Mio | 01.08.2012 | 01.08.2017 |
Hamburger SV | 6,00% | 17,5 Mio | 28.09.2012 | 28.09.2019 |
1. FC Kaiserslautern | 5,00% | 6 Mio | 01.02.2013 | 01.08.2019 |
Lediglich die Anleihe von Schalke 04 wird täglich an der Börse gehandelt, sodass Anleger auch während der Laufzeit an Ihr Geld kommen. Beim FC St. Pauli hält sich die Legende, dass ein in Not geratener Anleger auf der Geschäftsstelle mit warmem Essen und Getränken versorgt wurde und dafür mit zwei 100 Euro Urkunden bezahlte.
Die Anhänger der Traditionsvereine Kickers Offenbach und Alemannia Aachen mussten nicht nur sportlich tapfer sein, sondern auch noch mit ansehen, wie ihr in „Fan-Anleihen“ investiertes Geld durch die Insolvenz der Vereine wie Butter in der Sonne zusammenschmolz. Diese Beispiele zeigen, dass es auch bei dieser Art von Geldanlage keinen hundertprozentigen Schutz gibt. Im Gegensatz zu Aktien, die mitunter heftig im Kurs schwanken können, suggerieren ja Anleihen durch das Rückzahlungsversprechen von 100 Prozent des Nennwerts ein gewisses Maß an Sicherheit. Wenn aber Staaten wie Argentinien oder Griechenland, Bundesländer wie Kärnten, Unternehmen wie Holzmann oder Praktiker, oder eben Fussballvereine wie Kickers Offenbach bzw. Alemannia Aachen die weiße Fahne hissen und Insolvenz anmelden oder ihre Zahlungsunfähigkeit verkünden, kann ich mir als Anleger für 2,95 Euro einen Rahmen kaufen und die Anleihe an die Wand nageln. Gerade in der letzten Woche erwischte es mit der Textilfirma Steilmann ein weiteres Unternehmen, das insgesamt drei Anleihen im Gegenwert von 70 Mio € am Kapitalmarkt platziert hatte. Der Gründer und Namensgeber des (zuletzt aber im Fremdbesitz befindlichen) Unternehmens war übrigens der legendäre Präsident und Mäzen von Wattenscheid 09, Klaus Steilmann, der wahrscheinlich angesichts dieser Entwicklung seine Lage im Sarg verändert hat.
Einen ganz neuen Weg beschritt im vergangenen Monat Hertha BSC. Mit einer „Crowdfunding-Aktion“ (auf deutsch: „Dumme gesucht und gefunden“) im Internet sammelten die Berliner innerhalb von zehn Minuten eine Million Euro ein, die für drei Jahre mit 4,5 Prozent verzinst werden. Wobei ich in diesem Fall denjenigen, die das Geld gegeben haben, sehr gute Chancen einräume, dieses auch zum Ablauf zurück zu erhalten. Auf klassischem Weg schickt sich der Hamburger SV an, zum großen Wurf anzusetzen und über eine weitere Anleihe bis zu 40 Mio €. nicht nur in seiner Anhängerschaft, sondern auch bei professionellen Investoren einzusammeln. Im Gespräch ist ein Zinssatz von vier bis fünf Prozent p.a. – bei einer Laufzeit von 5 Jahren. Aber aufgepasst liebe HSV-Fans, bevor Ihr Eure Sparkonten plündert. Die 17,5 Mio aus der bereits bestehenden Anleihe wurden nicht – wie im Prospekt vorgesehen – in den Bau eines Nachwuchsleistungszentrums investiert, sondern flossen in den Spielbetrieb. Hier ermittelte sogar die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen den damaligen Vorstand unter dem Aktenzeichen „3200 Js 205/14“ wegen „zweckwidriger Verwendung“. Da müssen die aktuell Verantwortlichen ein gehöriges Maß an Überzeugungsarbeit bei den potentiellen Investoren leisten. Und schließlich müssen ja die 17,5 Millionen aus der alten Anleihe auch im Jahr 2019 zurück gezahlt werden. Apropos Rückzahlung: Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Schatzmeister der Fussballvereine bei Fan-Anleihen davon ausgehen, dass nur ca. die Hälfte aller Investoren am Ende der Laufzeit ihr Geld zurück verlangen und stattdessen mit der Urkunde die heimische Tapete verzieren. So klingt es am Ende der Pressemitteilung betr. der Tilgung der „Club-Anleihe“ fast wie eine Entschuldigung: „Für den Fall, dass Sie den durch die Rückzahlung erhaltenen Betrag an den 1.FC Nürnberg spenden wollen, ist eine Überweisung an das folgende Konto möglich….“ Daran sollten sich manche Banken mal ein Beispiel nehmen – das wäre doch eine schöne Belohnung für treue Kreditkunden. Nächste Woche widmen wir uns dann dem Thema „Panama Pampers“ – das Los des Schreiberlings war hier der frühe Redaktionsschluss.