Knast und Knete

23 Januar 2013 von Max Kommentieren »

In der letzten Woche verging kaum ein Tag, an dem man nicht in der Presse über diverse Finanzbetrüger lesen konnte, denen gerade der Prozess gemacht wird. Wenn man sieht, mit welchen Samthandschuhen diese Verbrecher teilweise angefasst werden, kann man den Eindruck gewinnen die Justiz wollte ein Exempel statuieren, das den Opfern einen Spiegel vor die Nase hält, auf dem geschrieben steht : „Ihr seid selber schuld“. In der Tat ist das ja auch in vielen Fällen so, was aber die in meinen Augen milden Strafen für die Übeltäter keinesfalls rechtfertigt. Fangen wir mal mit dem betragsmäßig und auch optisch „dickstem Fisch“ an: Manfred Schmider, der sich einst – als er noch Chef der Skandalfirma „Flow-Tex“ war, auch gerne „Big Manni“ nennen ließ. Flow-Tex stand für einen der größten Betrugsskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Am Ende hatte Schmider Banken und Leasinggesellschaften um 2,5 Milliarden Euro abgezockt, die diese ihm für die Finanzierung von Bohrgeräten geliehen hatten. Bohrgeräte, die es aber in Wirklichkeit nicht gab, sondern für die Schmider den Finanziers gefälschte Dokumente vor die Nase gehalten hatte. In Wirklichkeit verprasste er das Geld für einen luxuriösen Lebensstil. Unter anderem ließ er sich täglich von einem Hubschrauber in sein 15 km entferntes Büro in der Nähe von Karlsruhe fliegen. Aber „Big Manni“ dachte auch an die Altersversorgung und richtete für seine Frau eine Schweizer Stiftung ein. Im Jahr 2000 flog der ganze Schwindel auf und Schmider musste dann nach einem längeren Prozess 2003 den Wohnsitz aus seiner Villa in den Knast verlegen, wo ihm der Richter ursprünglich für 11 Jahre ein Zimmer gebucht hatte. Dieses konnte er allerdings 2007 wieder verlassen. Wie es dazu kam, bleibt wohl ein Geheimnis. Aber das Beste kommt noch: Jetzt kam raus, dass der clevere Manni 2006 (wohlgemerkt aus dem Knast heraus !) organisiert hatte,  vier wertvolle Gemälde und einen Luxuswagen in die Schweiz zu schaffen, um diese Vermögensgegenstände vor seinen Gläubigern in Sicherheit zu bringen. Außerdem – so konnte man in dem Artikel „Knast und Knete“ vom 24.09.2011 in der Süddeutschen Zeitung nachlesen – erhielt seine, zwar mittlerweile offiziell geschiedene, Frau eine kleine Zuwendung aus seiner Stiftung in Höhe von 5 Mio. €, schließlich musste Manni nach seiner Entlassung 2007 auch einigermaßen standesgemäß leben. Das Beiseite-Schaffen von Vermögenswerten nennt man „Gläubigerbenachteiligung“ und ist ein Straftatbestand. Dafür erhielt der vorbestrafte Betrüger jetzt unglaubliche 22 Monate und die dazu auf Bewährung. Meine Meinung dazu: Ein solches Strafmaß schreckt nicht ab, sondern zieht Nachahmer an.  Die sollten allerdings sicher sein, über genauso gute Beziehungen wie „Big  Manni“ in die höchsten Kreise zu verfügen. Im Rahmen der Flow-Tex-Ermittlungen Ende der 90er Jahre wurden ein paar „übereifrige“ Steuerfahnder strafversetzt, sonst wär der ganze Schwindel wahrscheinlich schon früher aufgeflogen und der Schaden wäre deutlich niedriger gewesen. Waren es im Falle Flowtex „blinde und geschäftsgeile“ Finanzierungsgesellschaften, die geschädigt wurden, sind es im Fall des selbsternannten „Finanzgurus“ Ulrich „Ritchie“ Engler ca. 5.000 Privatanleger, die es nicht schafften, mit einem entsprechenden Einsatz Ihres gesunden Menschenverstands die um sie schwirrende Gier unter Kontrolle zu halten. Zweistellige Renditen versprach Engler, dank eines von ihm entwickelten angeblich genialen Börsensystems. Dass – bevor der Anleger zum Zug kam – auch noch ganze Vermittlerscharen mit zweistelligen Provisionen bedient wurden, hätte zumindest die Vermittler stutzig machen müssen. Aber auch bei den meisten von denen war wohl die Gier stärker als das Hirn. So kam ein unglaublicher Betrag von mehr als 500 Mio Dollar (umgerechnet 380 Mio €) zusammen, der „Ritchie“ zwar ein glamöuröses, aber keinesfalls sorgenfreies Leben ermöglichte. Der „Arme“ berichtete nämlich bei seiner Festnahme im vergangenen Jahr in Las Vegas, dass es schon ein ziemlich großer psychischer Druck sei, wenn man ständig auf der Flucht sei  bzw. mit der Furcht vor der Entdeckung seiner Betrügereien leben müsse. Jetzt wartet er auf sein Urteil , das wohl in den kommenden Tagen gefällt wird. Allzu hart dürfte es nicht werden, schließlich wird vor dem gleichen Gericht verhandelt, wo auch „Big Manni“ auf der Anklagebank saß. Für alle Geschädigten doppelt schwer. Erst ist das Geld weg, und dann bekommt derjenige, der es geklaut hat, nur einen Bruchteil der Strafe, die er (nicht nur in ihren Augen) verdient hätte. Und einmal mehr bestätigt sich der Grundsatz: Die beste Investition ist immer eine gute Ausbildung – damit man solchen „Big Mannis“ und „Ritchies“ nicht auf den Leim geht. „There is no free lunch at the market“ sagen die Angelsachsen, auf Deutsch: „Ihr Leut, es wird nix verschenkt off de Welt.“