Generation Zweiter !

4 Juli 2012 von Max Kommentieren »

Da war nicht nur ich mir ganz sicher. „Dieses Mal sind sie reif, die Italiener !“ Um 22:41 waren wir am vergangenen Donnerstag im Nationalstadion von Warschau eines Besseren belehrt. Und genau wie im Jahr 2006 sorgten die „Azurri“ dafür, dass die ganze schwarz-rot-gelbe Euphorie in unserem Land innerhalb von 90+4 Minuten verglühte. Wie ein Lagerfeuer über dem die Pfadfinder ihre Blasen entleeren. Was blieb war Trauer, Wut und Frustration und seitdem sucht Fussball-Deutschland seine sportliche Identität. Der oft zitierte Spruch „Fussball ist die schönste Nebensache der Welt“ hilft in einer solchen Situation nicht so richtig weiter, zumal sich unsere Kanzlerin beim zeitgleich über die Bühne gegangenen EU-Gipfel vom italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti genauso vorführen liess, wie die deutsche Abwehr von „Super-Mario“ Balotelli. Das Schlimme dabei ist, dass auch noch eine deutsche Sportartikelfirma aus Herzogenaurach eine Prämie dafür zahlt, dass der beim Torjubel sein Trikot auszieht. Aber zurück zum Thema: Nageln wir Jogis Buben (inclusive himself) an die Wand oder geben wir Ihnen eine weitere Chance ? Diese Frage dürfte in den vergangenen acht Tagen das zentrale Stammtischthema zwischen Flensburg und Berchtesgaden gewesen sein. An der Fan-Basis am Flughafen „Chopin“ in Warschau herrschte nach dem Spiel jedenfalls eine Stimmung, die wohl posthum den Namensgeber des Flughafens zur Komposition seines weltberühmten Trauermarschs, der Klaviersonate Nr.2 , inspiriert hätte, wenn er das Werk nicht schon im Jahr 1839 vollendet gehabt hätte. Bevor die Frage aufkommt: Nein, „Feingeist“ Otto Rehhagel war nicht mit dabei. Dafür aber einige „Hardcore-Fans“, die unter anderem die grandiosen Siege unserer Mannschaft auf den Färöer-Inseln (die schreibt man wirklich mit „Ö“ und einem „E“ dahinter), in Aserbeidschan oder in Albanien (alle Einreisestempel dieser Länder zieren meinen Reisepass) miterlebt haben. „Jetzt reisen wir dieser Truppe schon 16 Jahre hinterher und wieder kein Titel, ich hab die Schnauze voll.“ so einer meiner alten Weggefährten, der ganz ernsthaft mit seinem „Rücktritt“ liebäugelte. Und ich muss ganz ehrlich sagen: In diesem Moment konnte ich das gut nachvollziehen. Schon wieder müssen wir zusehen, dass  Spanier, Italiener, Franzosen  oder wie 2004 sogar die Griechen einen Pokal in den Nachthimmel recken, der eigentlich uns Deutschen gehört. Und ich traue mich auch nach einer Woche noch nicht zu meinen italienischen Freunden, die mich sonst immer so lecker bekochen.

Das hat schon verdammt weh getan. Vor allem, weil wir ja alle wissen, dass es die Jungs eigentlich drauf hatten. Womit wir bei der Ursachenforschung wären: Einige Stimmen meinten  „Wer so singt, kann  nicht gewinnen.“  Sollen wir denn das nächste Mal den zweiten Tenor des MGV Frohsinn bzw. der Concordia über die linke Seite angreifen lassen ? (Alle Nicht-Brechener Freunde der Chormusik mögen mir die Auswahl verzeihen, aber da bin ich Lokalpatriot J). Ein „Bausche Gerhard“ (Geschäftsführer der Concordia und bekennender „Linksfuss“) hätte sicher die Leistung von Lukas Podolski auch abgerufen. Ob bei seinen Flanken dann der perfekt geföhnte Mario Gomez seine Frisur riskiert hätte, wird für immer ein Geheimnis bleiben. Jedenfalls haben diese beiden „Stehgeiger“ nicht nur meinen Blutdruck in die Höhe getrieben. Man kann verlieren, aber nicht so ! Wenn man sieht, dass da 30.000 Fans wie ein Mann hinter Ihrer Mannschaft stehen, das letzte Hemd geben und Ihren Jahresurlaub opfern, befremdet das schon, dass man bei einigen Spielern wirklich das Gefühl hat, da kommt nicht der unbedingte Siegeswille rüber. Wenn man dieser Mannschaft einen Kritikpunkt vor die Nase setzen muss, dann der, dass Typen wie ein Lothar Matthäus oder Matthias Sammer eben das Quentchen mehr Wille und Ehrgeiz hatten, das für den ganz großen Erfolg nötig ist. Da wurde auch mal gekratzt, gebissen und gespuckt, wenn’s sein musste. Ob die Jogi-Buben das nicht können, weil Sie zu sehr verhätschelt werden, war bzw. bleibt auch ein großer Diskussionspunkt. Nur zwei Beispiele: Muss man vom Frankfurter Flughafen nach dem Ausscheiden dann mit dem Lear-Jet nach München bzw. Dortmund reisen ? Da fahren auch Züge. 2008 in der Schweiz waren in einem 5-Sterne-Quartier die Matratzen nicht gut genug und mussten durch eigens aus der Heimat angekarrte Unterliegen ersetzt werden. Aber auch an das Partyvolk gilt es die Frage zu stellen: Muss man nach Pflichtsiegen in den Gruppenspielen in ganz Deutschland Autokorsos veranstalten, als hätte man schon den Titel geholt ? Alt-DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder sagte zu mir im Flugzeug auf der Heimreise „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Wir haben das jüngste Team von allen Halbfinalisten gestellt. 2014 gibt’s in Brasilien einen neuen Anlauf. Allerdings hat auf dem südamerikanischen Kontinent noch nie eine Mannschaft außer Brasilien, Argentinien und Uruguay einen Titel geholt. Jungs gebt Gas ! Ich habe keine Lust mir dann anzuhören „Na ja, es war knapp, aber wir greifen dann 2016 in Frankreich an !“