Der vor gut zwei Wochen über die Bühne gegangenen Börsengang von Facebook wurde an dieser Stelle ja ausreichend kommentiert. Mit 27 US-Dollar notierte die Aktie am Mittwoch ca. 30% unter ihrem Ausgabepreis. Ein Klick auf „Gefällt mir nicht“ reicht da wohl kaum aus. Das ganze Theater um den Börsengang in Verbindung mit der Festlegung eines völlig überzogenen Ausgabepreises kann man nur als „Desaster“ bezeichnen. Das war es zumindest für alle Dummen und Gierigen dieser Welt, die zum Preis von 38 US-Dollar (oder teilweise darüber) die Aktie gekauft haben. Der Eigentümer von Facebook, Mark Zuckerberg, hingegen darf sich fühlen wie ein Starverkäufer, der einem Eskimo ein Iglu verkauft hat. Ob er sich in dieser Rolle wohl fühlt, bleibt dahin gestellt. Tauschen möchte ich mit ihm jedenfalls nicht. In diesem Fall fühle ich mich im Kreis der Mahner, die kritisch den Zeigefinger gehoben haben, besser aufgehoben. Da komme ich wenigstens ohne Leibwächter aus.
Ein ähnliches Trauerspiel zur gleichen Thematik (Festlegung eines fairen Ausgabepreises) lieferte diese Woche der deutsche Kapitalmarkt. Hier ging es allerdings nicht um eine Aktie, sondern um ein festverzinsliches Wertpapier, genauer gesagt um eine Unternehmensanleihe des Gelsenkirchener Traditionsvereins FC Schalke 04. Im Gegensatz zu sogenannten „Fananleihen“, die nahezu jeder Proficlub mit einer treuen Anhängerschaft in Deutschland schon heraus gebracht hat, wenn der Schatzmeister mit dem weissen Taschentuch gewunken hat, sprachen die Männer aus dem Kohlenpott um Geschäftsführer Peter Peters und Manager Horst Heldt, gezielt sogenannte institutionelle Anleger (Pensionskassen und Fonds) an. Da geht es dann nicht um 1.000 Euro, die „Backsteins Erna“ dann bei Ihrem Verein für 5% für 5 Jahre aufs „Sparbuch“ legt, sondern um Tranchen von mehreren hunderttausend Euro, manchmal auch um einige „Kisten“ (das ist in der Börsensprache die ominöse Zahl mit sechs Nullen). Dementsprechend wurde auch im Vorfeld um Großinvestoren geworben und ich hatte die Gelegenheit dieses Mal nicht nur aus der Ferne (wie bei Facebook) mein Urteil zu treffen, sondern konnte mir auf einer Veranstaltung im Rahmen einer „Roadshow“ in Frankfurt selbst ein Bild machen. Die Braut war hübsch gemacht: „Schalke 04 – Champions-League im Bond-Portfolio“ so lautete die Überschrift des Prospekts, in dem es von Fachbegriffen wie z.B. „erhebliche außerordentliche Liquiditätspotenziale“ und „Post-Money-Analyse“ nur so wimmelte. Und im Gegensatz zu früher, als den Journalisten in der altehrwürdigen „Glück-auf-Kampfbahn“ noch mit dem Hinweis „Zu die Pressetische“ der richtige Weg gewiesen wurde, hatte man mit dem Japan-Tower gleich neben der Europäischen Zentralbank eine der feinsten Frankfurter Adressen für die Präsentation ausgewählt. Aber so ist das nun mal bei institutionellen Anlegern. Nicht die Schnittchen, die serviert werden, entscheiden über den Verkaufserfolg, sondern harte Zahlen und Fakten. Die Anwesenden kommen dort – im Gegensatz zu den Fans – nicht, um in Anschluss an die Veranstaltung „Blau- und-weiß, wie lieb ich Dich“ zu singen, sondern stellen knallharte Fragen. Und da hatten die Herren Heldt und Peters in meinen Augen relativ wenig zu bieten. Auf eine kritische Anmerkung von mir, wie es denn z.B. einzuordnen sei, dass noch im Herbst 2009, also vor gut 2 ½ Jahren im „Kölner „Express“ unter der Überschrift „Schalke sucht die Kohle“ von gravierenden Finanzierungsproblemen geschrieben wurde, kam z.B. die Antwort: „Kaufen Sie unsere Anlage, das wird schon alles gut werden“. Meine Herren, da sind mir dann aber 6,75% Zins für sieben Jahre zu wenig. Auch wenn in Eurer immer wieder gern gehörten Vereinshymne der letzte Vers lautet „Tausend Freunde, die zusammen stehn, dann wird der FC Schalke niemals untergehen !“ Ohne näher ins Detail zu gehen, war im Prospekt zu lesen, dass der FC Schalke 04 unter einer Schuldenlast von 185 Millionen ächzt. Sicher wird der FC Schalke nicht untergehen und selbst „Krauter“-Vereine wie Arminia Bielefeld oder Alemannia Aachen werden Ihre „Fan-Anleihen“ zurück zahlen, notfalls mit städtischen Bürgschaften. Aber wie mit institutionellen Anlegern umgegangen wird, wenn es „kurz auf spitz“ steht, davon können die Investoren, die das Dortmunder Westfalenstadion in Form eines geschlossenen Immobilienfonds finanziert hatten, noch heute ein Lied singen. Denen wurde nämlich im Frühjahr 2005 die Pistole auf die Brust gesetzt, nach dem Motto: „Wenn Ihr jetzt nicht auf einen Teil Eures Geldes verzichtet, melden wir den Verein (in dem Fall den BVB) ab und dann könnt Ihr Euer Stadion vielleicht noch zweimal im Jahr an den Dackelzuchtverein Holzwickede und die Schützenbruderschaft Aplerbeck vermieten und das war’s dann.“ Daran haben dann wohl auch die meisten potentiellen Investoren gedacht, jedenfalls waren am Ende anstatt der geplanten 50 Millionen nur knapp 35 Millionen € im „Klingelbeutel“. Und es kam, wie es kommen musste: Gleich am ersten Handelstag verlor die Anleihe 5% und notierte nur noch bei 95% des Nennwertes. Ich kann mich an keine Platzierung am Anleihemarkt in den letzten Jahren erinnern, wo ein solcher Absturz gleich am ersten Handelstag passierte. Das war wahrlich keine „Champions-League-reife“ Leistung. Ernst Kuzorra würde sagen: „Jungs, wat ihr da abgeliefert habt, is bestenfalls Kreisliga Gelsenkirchen Nord“