Lieber in die Schublade

25 April 2012 von Max Kommentieren »

Die seit gut 4 Jahren köchelnde „Finanzkrise“ treibt manchmal schon seltsame Blüten. Der Immobilien-Finanzierer „Planethome“ gab jetzt eine Umfrage in Auftrag, die knapp 1.000 Testpersonen die Frage stellte: „Wenn Sie mit einer Anlage in Höhe von 100.000 € in den nächsten zwei Jahren 20% Verlust machen, wo würden Sie dann am liebsten investieren ?“ Ergebnis: 72% der Befragten würden das Geld dann in Immobilien anlegen, 15% in Aktien und 13 % sind unentschlossen. Ob einer der Befragten den Meinungsforscher gefragt hat „ob er sie noch alle an der Waffel hat ?“ kann man der Pressemitteilung, die dieser Umfrage zugrunde liegt, jedenfalls nicht entnehmen. Das wäre jedenfalls meine Antwort gewesen, hätte man mich gefragt. Wenn ich vorher schon weiß, dass ich 20% Verlust mache, dann lasse ich mein Geld in der Schublade und investiere es erst gar nicht ! Interessant sind dann auch die Interpretationsversuche der Nutznießer dieser Studie (natürlich sind die mit dem Auftraggeber identisch). Der Vorstand von Planethome, Robert Atzenberger, lässt sich allen Ernstes mit den Worten zitieren: „Solange man die Immobilie nutzt, und wenn ein Verkauf nicht in Frage kommt, spürt man den theoretischen Wertverlust ja nicht.“

Ich bin mal gespannt, wie lange es dauert, bis solche Aussagen in den Hochglanzprospekten der Bauträger und Makler auftauchen, die die „Sachwertanlage Immobilie“ in den Ballungszentren Hamburg, München oder Frankfurt zu – ich formuliere das mal vorsichtig – „durchaus strammen“ Preisen anbieten. Waren in den 70er und 80er Jahren Steuervorteile, die zahlreiche Gutverdiener in die Investitionsfalle tappen ließen, sind es heute die anhaltend niedrigen Zinsen, die den ein oder anderen dann zu mancher Dummheit verleiten. Aber auch hier gilt, wie so oft im Leben: Es kommt auf den Einzelfall an. Die niedrigen Zinsen eröffnen, wenn sie denn mit einem vernünftigen Kredithebel genutzt werden, durchaus lukrative Investitionsmöglichkeiten im Immobilienmarkt. Allerdings darf man nicht den Fehler machen und das derzeitige Zinsniveau auf die nächsten 25 oder 30 Jahre als dauerhafte Stütze einkalkulieren.  Und wenn eine Immobilie sich mit 5% Fremdkapitalzins nicht rechnet, dann rechnet sie sich auch nicht mit 3%. Eine der lautesten Stimmen, die neben den Sparern über die niedrigen Zinsen jammert, kommt übrigens aus dem Lager der Lebensversicherer. „Die Zentralbanken müssen ihre expansive Geldpolitik zurückfahren, die aufgebaute Liquidität wieder abbauen und Rahmenbedingungen für eine vernünftige Entwicklung langfristiger Zinsen schaffen“, sagte Rolf-Peter Hoenen, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), nachzulesen in der vergangenen Woche in der „Financial Times Deutschland“ (FTD). Wie bitte ? Die europäische Zentralbank soll die Zinsen anheben und damit Millionen Arbeitsplätze gefährden, nur damit Ihr (Allianz, Generali und wie sie alle heißen) euren Mist weiter übers Volk streuen könnt ? Selbst die Bild-Zeitung hat dieser Tage die Frage gestellt: „Bis zu 30% Gebühren – soll ich meine Lebensversicherung nicht lieber kündigen ?“ Aber auch in diesem Fall kann man keine pauschale Aussage treffen, sondern muss im Einzelfall scharf nachrechnen. Bevor man einen Vertrag kündigt, bei dem man die Zeche für die gesamte Laufzeit mit dem Abschluss komplett im Voraus bezahlt hat, ist es ja schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung, in der heutigen Zeit keine weiteren Verträge abzuschließen. Es gibt bei den momentanen Rahmenbedingungen kein Versicherungsunternehmen am Markt, dass Ihnen bei einem heutigen Vertragsabschluss mit 20 –jähriger oder längerer Laufzeit einen höheren Betrag auszahlt, als Sie eingezahlt haben, wenn Sie den Vertrag nach 10 Jahren (aus welchen Gründen auch immer auflösen). Wenn man eins und eins zusammen zählen kann, ist das die logische Konsequenz aus der Kombination 1% Zins für festverzinsliche Papiere und 90% Anteil derselben, in den Depots der Versicherungen (unter Berücksichtigung von Vertriebs- und Verwaltungskosten). Wenn man auf gar keinem Fall ein Risiko eingehen will (und diese Zielgruppe sprechen die Versicherer ja an) ist es bei dem derzeitigen Marktumfeld wohl angebrachter, das Geld einfach in der Schublade liegen zu lassen. Das Argument vieler Anbieter „mit Aktien konnte man in den letzten 12 Jahren auch nichts verdienen“, kann an dieser Stelle nur teilweise stehen bleiben. Der Aktionär oder Fondssparer hatte bzw. hat zumindest die Chance auch mehr zu verdienen. Die hat der Versicherungskunde heutzutage definitiv nicht.