Seit vielen Jahrzehnten lässt sich beobachten, dass Trends, die in den USA entwickelt werden, nach und nach auch in Europa Einzug halten. So verwundert es auf den ersten Blick auch nicht, dass eine Protestbewegung, die eine Handvoll Aktivisten unter dem Namen „occupy wall street !“ (auf Deutsch: Besetzt die Wall Street !) vor einigen Wochen in New York gestartet haben, jetzt auch einen Ableger in Deutschland hat. Die Demonstranten, die momentan vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt campieren, sind in der aktuellen Zeit der Schuldenkrise und Bankenschelte natürlich ein „gefundenes Fressen“ für jede Fernsehkamera. Wenn ich allerdings die Statements dieser Leute höre, die sie in die ihnen vorgehaltenen Mikrofone sprechen, dann glaube ich, dass hier viele dem olympischen Gedanken „dabei sein ist alles“ frönen. Hauptsache wir demonstrieren mal – gegen was können wir uns ja immer noch überlegen. Aber erst mal der Reihe nach. Die Situation in Amerika unterscheidet sich grundsätzlich von der in Europa (insbesondere in Deutschland). In den USA haben hundertausende Hausbesitzer ihre Immobilie verloren und aufgrund der durch die Finanzkrise ausgelösten Wirtschaftskrise haben ebenso tausende von Menschen ihren Job verloren. Da kann ich nachvollziehen, dass aus der „Main Street“ (Otto Normalverbraucher bzw. Realwirtschaft) Proteste gegen die „Wall Street“ (Finanzwelt) laut werden.
Ohne Zweifel haben Banken – insbesondere die amerikanischen Institute einen großen Anteil an der Krise, die seit dem Jahr 2008 über den Finanzmärkten schwebt. Bedingt durch niedrige Zinsen, entwickelte sich der US-Immobilienmarkt , dahingehend, dass nahezu jeder US-Bürger, der bis drei zählen konnte, eine Immobilie aufgeschwatzt bekam. Die US-Banken waren clever genug die Hypotheken, mit denen dieses Spiel finanziert war, in die ganze Welt zu verkaufen und – das ist der eigentliche Skandal – die „hochgelobten“ Ratingagenturen Moody’s, Fitch, und S & P klebten noch ein AAA-Rating an die ganzen Kreditpakete dran. Von daher wären diese 3 Verbrecherbanden für mich die erste Adresse, wo es was zu protestieren gibt. Als die Blase platzte, brauchten dann Banken auf der ganzen Welt staatliche Garantien, da sie ansonsten pleite gegangen wären und die Pleite einer größeren „systemrelevanten Bank“ das ganze Finanzsystem in nicht abzusehende Turbulenzen gestürzt hätte. Hier kann ich die Wut auf die heimischen Banken ansatzweise nachvollziehen, dass keiner der Verantwortlichen in den Instituten, die diesen „US-Hypothekenschrott gekauft haben, wirklich für seine Fehler zur Rechenschaft gezogen wurde. In Deutschland betrifft das die IKB, Hypo Real Estate, Commerzbank, sowie einige Landesbanken. Was ich allerdings überhaupt nicht verstehe ist, dass ständig auf die Deutsche Bank eingeprügelt wird. Das ist nahezu die einzige Großbank in Europa, die ohne Staatshilfe durch die Krise gekommen ist. Für mich ist „Joe“ Ackermann einer der wenigen, wo man sagen kann „der hat seinen Laden im Griff“. Dass der Deutschen Bank vorgeworfen wird, nicht immer im Interesse des Kunden zu handeln…Ihr lieben Leute, träumt weiter von der heilen Welt. Das ganze Bankgeschäft, das gilt aber auch für Volksbanken und Sparkassen, ist auf Profit ausgelegt und das ist nun mal im Wirtschaftsleben auch in anderen Bereichen genauso. Ein heimischer Sparkassenvorstand hat das mal treffend mit der Aussage auf den Punkt gebracht „Wir gehen nicht arbeiten, damit wir fort von zu Hause sind.“ Der große Vorteil für den Kunden (sei es Anleger oder Kreditnehmer) liegt doch darin, dass er nicht dazu gezwungen wird bestimmte Geschäfte mit der Bank A oder B abzuschließen, und dass zwischen den zahlreichen Instituten am Markt eine gesunder Wettbewerb herrscht. Das Kernproblem der derzeitigen „atmosphärischen Spannungen“ zwischen den Banken und dem Rest der Welt liegt meiner Meinung nach einfach darin, dass viele Finanzprodukte für die Leute auf der „Main Street“ viel zu kompliziert gestrickt sind, aber trotzdem gekauft werden. „Macht die Produkte einfacher“ und „kauft nur das, was Ihr versteht“ – das sind die einfachen Ratschläge, die beide Seiten befolgen sollten. Aber nochmal zurück zu den Demonstranten. Mit der europäischen Zentralbank habt Ihr Euch definitiv die falsche Adresse für Eure Proteste ausgesucht. Die aktuelle Schuldenkrise wurde nicht durch die Banken verursacht, sondern durch die Politik. Die Banken geraten nur deshalb in Schwierigkeiten, weil Sie im Vertrauen auf die Rückzahlung einigen Ländern (wie z.B. Griechenland) Geld geliehen haben, was Sie möglichweise jetzt nicht zurück bekommen. Das gilt im übrigen nicht nur für Banken, sondern auch für Versicherungen, die das Problem allerdings momentan noch „unter Verschluss“ halten. Die einstmals „bombensichere“ Anlageform „Staatsanleihe“ kann erstmals seit dem Krieg nicht mehr in die Kategorie „mündelsicher“ eingeordnet werden, sondern unterliegt den gleichen Schwankungen wie eine Aktie. Wenn ich bei einem Staat nicht mehr auf die Rückzahlung meines Kapitals vertrauen kann, wem dann ? Also liebe Demonstranten vor der EZB: Malt Euch Plakate, wo in allen Sprachen drauf steht „Weniger ausgeben als einnehmen !“ und teilt Euch auf: 10 Mann nach Athen, 10 Mann nach Rom, 10 Mann nach Madrid und der Rest nach Berlin.
Dann seid Ihr am richtigen Platz…