Neben den üblichen Wechselspielchen zum Ende der Transferperiode am 31. August, wurde (nicht nur) die Fussballwelt in den vergangenen Tagen wieder einmal durch eine Bucherscheinung kräftig durcheinandergewirbelt. War es vor einem Jahr der SPD-Politiker Thilo Sarrazin, so geriet nun ein kleiner Mann aus München in den Mittelpunkt des Interesses. Der Kapitän der deutschen Fussball-Nationalmannschaft Philipp Lahm sorgte mit der Veröffentlichung seiner Autobiographie mit dem Titel „Der feine Unterschied“ für Diskussionen auf allen Nachrichtenkanälen. Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang – unabhängig vom Inhalt des Buches – die Frage: Warum fühlt sich ein 27-jähriger Bub berufen, eine Autobiographie zu schreiben ? Wenn ein Franz Beckenbauer, Uwe Seeler oder Günter Netzer seine Lebensgeschichte aufschreibt, dann ist das nachvollziehbar, aber in diesem Fall ? Eine namentlich nicht genannte Limburger Fußball-Koryphäe kommentierte das Ganze in meinen Augen treffend mit den Worten „ Der hot jo noch kaa Hoor um Sack unn schreibt sei Lebensgeschicht – der soll ordentlich Fussball spille, unn kaa Bicher schreibe !“ Finanzielle Gründe dürften es jedenfalls nicht gewesen sein, die den kleinen Philipp zu diesem Schritt bewogen haben. Auch wenn ihn der eine oder andere Trainer bzw. Mitspieler in den letzten Jahren geärgert hat, dann wäre er gut beraten gewesen, solche Dinge nicht in der Öffentlichkeit, sondern unter 4 Augen zu klären. Fußballer sind da ziemlich nachtragend. Mir geht es bei diesem Thema ähnlich wie bei der ganzen Börsensituation in den letzten 4 Wochen – Ich verstehe das nicht ! In der Fußball-Geschichte findet man immer wieder vergleichbare Fälle, in denen sich sogenannte „Führungsspieler“ links und rechts vom grünen Rasen in anderen Disziplinen zu profilieren versuchten. Nicht immer sind diese Versuche gut ausgegangen. Die Kölner Torwartlegende Harald „Toni“ Schumacher sorgte mit seinem Buch „Anpfiff“ im Jahr 1987 sogar für den „Abpfiff“ seiner persönlichen Karriere. Die war nämlich nach dem Erscheinen dieses Buches (zumindest in der Nationalmannschaft) schlagartig zu Ende. Aber es gibt auch positive Beispiele. Legendär und unerreichbar auch hier der Auftritt unserer „Lichtgestalt“ Franz B., der Mitte der 60er Jahre mit seinem Hit „Gute Freunde kann niemand trennen“ auch als Schlagersänger eine gute Figur machte. Und „Disco-Günter“ Netzer fungierte in den 70er Jahren nebenbei sehr erfolgreich als Geschäftsführer des Gladbacher Kult-Schuppens „Lovers Lane“. Gab es in den 70er und 80er Jahren noch zu jeder Weltmeisterschaft eine Gesangsdarbietung der DFB-Elf (die Fans erinnern sich sicherlich noch an Melodien wie „Fussball ist unser Leben“ oder „Buenos Dias Argentina“) bin ich sicherlich nicht der einzige, der froh ist, dass wir in der heutigen Zeit von solchen Dingen verschont bleiben. Ich persönlich glaube, dass sich Philipp Lahm mit dieser Aktion völlig ohne Not eine Riesen-Baustelle geschaffen hat, die ihn noch einige Zeit beschäftigen wird. Gerade in der heutigen Zeit, wo solche Aktionen von den Medien dankbar aufgenommen werden und in allen möglichen Facetten durchleuchtet und analysiert werden. Die ersten Reaktionen der Betroffenen haben so auch nicht lange auf sich warten lassen. Und die fallen durch die Bank nicht unbedingt positiv aus.
Der ebenfalls von Philipp Lahm gescholtene Ex-Teamchef Rudi Völler hat das Ganze passend kommentiert: „Auf dem Platz Weltklasse, außerhalb Kreisklasse“ – das ist der kleine, aber feine Unterschied. Ich werde mir jedenfalls die 19,95 € sparen, und mir kein Buch kaufen, das die Welt nicht braucht . „Geht’s raus und spielt‘s Fussball“ hat Franz Beckenbauer einmal seiner Mannschaft in der Halbzeitpause mit auf den Weg gegeben. Man könnte das auch noch um den Hinweis ergänzen „und überlasst das Schreiben, denen die’s können“…