Nach monatelangen Diskussionen hat das Bundesfinanzministerium am vergangenen Dienstag ein Machtwort gesprochen. Ab dem 1. Januar 2012 wird der Garantiezins für Lebensversicherungen von derzeit 2,25% auf 1,75% gesenkt.
Der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes GDV Frank Jörg von Fürstenwerth (den Namen hab ich auch zum ersten Mal gehört) beeilte sich dann flugs in der Börsenzeitung vom 23.02.2011 zu verkünden „An der Attraktivität der Lebensversicherung werde sich durch diesen Schritt nichts ändern.“
Dazu kann ich nur sagen: Herr von Fürstenwerth, ich stimme Ihnen hundertprozentig zu !
Die Attraktivität des Produkts „Lebensversicherung“ lag in meinen Augen auch vor diesem Schritt schon bei 0 und von daher konnte es nicht mehr schlimmer kommen.
Aber im Ernst: Für diese Aussage gehört der Mann sofort entlassen! 1,75% sind doch nicht das gleiche wie 2,25%, das ist fast ein Viertel weniger ! Da fehlt nur noch, dass er in bester Horst- Szymaniak-Manier sagt: „Lieber ein Viertel weniger, als ein Fünftel weniger.“
Nur ein kleines Rechenbeispiel: Wenn Sie 100 € im Monat, 30 Jahre lang zu einem Zinssatz von 2,25% anlegen, erhalten Sie bei Ablauf 51.250 €. Reduziert man den Zins auf 1,75% ermäßigt sich die Auszahlung um 4.000 € auf 47.250 €. Jetzt muss man ja noch berücksichtigen, dass von 100 € ja noch 10-20% in den Risiko- bzw. Verwaltungstopf fließen, d.h. effektiv zur Anlage gelangen oft nur 80 €. Unter diesen Umständen werden aus insgesamt eingezahlten 36.000 € dann erbärmliche 37.800 € nach 30 Jahren.
Ich frage mich, wie lange die Finanz-Aufsicht denn noch tatenlos zusehen will, wie in diesem Sektor die Kunden regelrecht verarscht werden. Viel zu hohe Vorabprovisionen und eine dilettantische Anlagepolitik der Versicherungsmanager tun ihr Übriges dazu.
Selbst mir fällt es teilweise schwer, die fast täglich auf meinem Schreibtisch landenden Schreiben, Wertmitteilungen und Berechnungen von Versicherern richtig einzuordnen. Zudem werden dann bei Kündigungen willkürlich Abzüge vorgenommen oder Ablauf-Auszahlungen werden bewusst hinausgezögert.
Die Arroganz mit der die Versicherungsunternehmen am Markt auftreten, gepaart mit der Unfähigkeit (oder besser gesagt: dem Unwillen) Ihre Produkte auch nur mit einem Hauch von Transparenz zu versehen, wird diese Branche in den kommenden Jahren das gleiche Schicksal ereilen lassen, wie das der nordafrikanischen Despoten, die momentan in wöchentlicher Regelmäßigkeit von ihrem Volk vom Hof gejagt werden.
Internet, Facebook & Co. sorgen dafür, dass die nachwachsende Generation sich kein „X für ein U“ vormachen lässt und wer seinen Verstand einigermaßen beieinander hat und die 4 Grundrechenarten, sowie das Prozentrechnen beherrscht, wird einen weiten Bogen um diese Mogelpackungen machen. In diesem Punkt haben die Versicherungen das gleiche Problem wie die katholische Kirche oder die örtlichen Gesangvereine. Die alten Kunden bzw. Mitglieder sterben weg und der Nachwuchs tritt eben nicht mehr, wie noch vor 20-30 Jahren dann automatisch in die Fußstapfen, sondern hinterfragt schon mal das eine oder andere kritisch.
Und Zahlen lügen nicht ! Wo wir schon bei diesem Thema sind…
Sie können in Ihrem Umfeld mal eine kleine Quizfrage machen, mit welchem Zinssatz sich denn eine Anlage in einem deutschen Aktienfonds in den letzten 30 Jahren entwickelt hat.
Das aktuell vom Bundesverband BVI veröffentliche Ergebnis per 31.12.2010 wird manch einen positiv überraschen. Im Durchschnitt brachte eine solche Anlage in den letzten 30 Jahren einen Ertrag von 7,5% p.a. Dann reden wir nicht über eine Auszahlung von 40.000 €, sondern von knapp 130.000 €.
Das sind Welten und da sollte manch einer, der sich mit dem Gedanken trägt, sein Geld von einer Versicherung „aufzubewahren lassen“ (mehr wird es nämlich zukünftig nicht sein) mal drüber nachdenken .