Wie krank ist das Gesundheitswesen?

18 Februar 2011 von Max Kommentieren »

Die Inflationsrate liegt laut statistischem Bundesamt in Deutschland in den letzten 10 Jahren bei durchschnittlich 1,5% p.a. Die Preissteigerungen im Gesundheitswesen fließen aber anscheinend in diese Statistik nicht ein.

Seit mittlerweile 20 Jahren erhalte ich regelmäßig in den Monaten Oktober/November eine jährliche Mitteilung meiner Krankenversicherung in der mit fadenscheiniger Argumentation versucht wird zu begründen, warum man denn im kommenden Jahr die Beiträge wegen der immens gestiegenen Kosten ab dem kommenden Jahr mal um 5%, mal um 10% und manchmal sogar um 15% erhöhen muss.

Seit dem Jahr 2001 summieren sich die Beitragserhöhungen innerhalb der letzten 10 Jahre auf geschlagene 142% und damit liegt die Preissteigerungsrate in diesem Bereich jenseits von gut und böse.

In der gesetzlichen Krankenversicherung summieren sich die Preissteigerungen durch den Anstieg der Beitragsbemessungsgrenze bzw. der Beitragssätze, die prozentual vom Einkommen zu entrichten sind, zwar nur auf knapp 30%, allerdings muss man hier berücksichtigen, daß die „wahre“ Preissteigerung bedingt durch in den letzten 10 Jahren eingeführte Leistungseinschränkungen und Eigenbeteiligungen nicht weit vom dreistelligen Bereich entfernt sind.

Man muss kein Prophet sein, um festzustellen, daß eine Fortschreibung dieser Entwicklung unser Gesundheitssystem in absehbarer Zeit in den Kollaps führt. Es wird höchste Zeit, dass die Verantwortlichen aller „Couleur“  dieses Problem erkennen und die dringend notwendige Reformen einleiten. Wir haben in diesem Bereich definitiv keine Zeit und auch keinen Spielraum mehr, um hier Branchenlobbyismus zugunsten von z.B . Pharmaunternehmen oder Finanzdienstleistern zu betreiben.

Warum leisten wir uns beispielsweise den Luxus, dass bundesweit eine dreistellige Zahl von gesetzlichen Krankenkassen um Mitglieder werben ? Eine Grundversorgung kann doch hier ähnlich wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung durch eine bundesweit einheitlich organisierte Institution bereitgestellt werden. Welchen Grund gibt es, daß ein gesetzlich Versicherter nicht erfährt, was denn seine Arztbesuche bzw. Medikamente kosten ? Die Leute werden ständig sensibilisiert Energie zu sparen, aber im Gesundheitswesen ist Kostenbewusstsein ein absolutes Fremdwort.

Das alles sind aber nur Kleinigkeiten, wenn ich den Sumpf sehe, in dem sich die privaten Krankenversicherungsgesellschaften bewegen. Wenn ich – so wie in dieser Woche in der „Financial Times Deutschland“ berichtet – lese, dass in diesem Bereich mittlerweile bis zu 18 (achtzehn !) Monatsbeiträge Provision an Vermittler bezahlt werden,  die sich gegenseitig Kunden „abjagen“, muss ich an die Adresse der zuständigen Vorstände sagen: „Ihr seid auch nicht besser, als die ganzen Versager und Gierhälse, die in der Finanzkrise zahlreiche Banken an die Wand gefahren haben“.

Mittlerweile mussten einige Unternehmen in diesem Bereich hohe zweistellige Millionenbeiträge abschreiben, weil sich einige (man muss das so krass ausdrücken) „Drückerkolonnen“ darauf spezialisiert haben, die „blinde Gier nach Neugeschäft“ der Versicherungsunternehmen auszunutzen. Alle 2 Jahre werden die Kunden von einer Versicherung zur nächsten „transferiert“ und wenn dann 75% der Beiträge innerhalb dieser Zeit für Vermittlungsprovisionen abfließen, kann man leicht ausrechnen, dass dann trotz ständiger Beitragserhöhungen unter dem Strich für die Unternehmen nichts übrig bleibt. Mittlerweile hat sich die „Bundesanstalt für Finanzaufsicht“ (BAFIN) in diese Vorgänge eingeschaltet und es dürfte hoffentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, bis diese Praxis verboten bzw. die Höhe der Provisionen „gedeckelt“ wird.  Aber die BAFIN kann hier nur Schadensbegrenzung betreiben, gefordert ist hier in erster Linie der Gesetzgeber.

Nach unzähligen „Reförmchen“ wird es Zeit, dass hier endlich zum großen Befreiungsschlag ausgeholt wird. Warum nicht – wie bei der Bahn oder im Flugzeug – eine 2. Klasse als Grundversorgung für alle mit einheitlich klar definierten Leistungen und wem das nicht genügt, der bucht gegen Zuzahlung, die privat zu leisten ist ein Upgrade in die 1. Klasse bzw. Business-Class.

Im Internet geht das heutzutage per Mausklick. Bis jetzt gilt das aber leider nur für Hotelbuchungen oder Bahn- und Flugreisen…