Archiv für 1 November 2010

Wie wär´s mal mit „Gewinnen“?

1 November 2010

Nahezu täglich kann man in der Presse Umfragen nach dem Motto „Worauf kommt es Ihnen bei der Geldanlage an ? “ bzw. „Was sind Ihre favorisierten Anlageformen ?“ verfolgen.

2 Jahre mit mehr als 40% Kursverlust in der letzten  Dekade (2002 und 2008) haben dafür gesorgt, daß das Sicherheitsdenken („ja nichts verlieren“), bei den Anlegern ganz oben steht. Demzufolge rangieren bei der beliebtesten Geldanlage derzeit auch Sparformen die Sicherheit bieten (z.B. Festgelder, Termingelder) bzw. Sicherheit suggerieren (Lebensversicherungen) ganz oben in der Gunst der Anleger.

Zum Thema Versicherungen ein bildhafter Vergleich:  Kein Mensch bei klarem Verstand käme auf die Idee, sich beim VFL Bochum (dem lebendigen Symbol der „grauen Maus“ im Fussball) eine Dauerkarte für 20 Jahre im Voraus zu kaufen und beim Kauf schon gleich das Geld für die ersten 3 Spielzeiten auf den Tisch zu legen.

Dass Versicherungen in Deutschland als Geldanlage eine solch große Beliebtheit erfahren, hat aber einen ganz anderen Grund. Finanzprodukte werden in Deutschland ver- und nicht gekauft.

Und solange ein Finanzvermittler bzw. eine Bank die Möglichkeit hat dem Kunden, der 100 € im Monat sparen will, eine Versicherung zu verkaufen, bei der sofort 1.000 bis 2.000 € Provision verbucht werden kann, ziehen leider die meisten diese Empfehlung vor, anstelle dem Kunden zu sagen „Lege Dein Geld in einen Investmentfonds an, da kommt mehr bei raus, Du kannst jederzeit Deine Rate verändern und hast außerdem eine tägliche Verfügbarkeit“. Bei dieser Variante verdient der Berater dann aber nur 2-3 € für jeden Monat, in dem sein Kunde einzahlt und das können sich leider die wenigsten, die sich „Finanzberater“ nennen,  leisten.

Aber was können Sie denn als Kunde dafür, daß Ihr Berater bzw. Ihre Bank zu wenige Kunden hat.

In meinen Augen gehört diese sogenannte „Zillmerung“ verboten, da 99% der Kunden überhaupt nicht wissen, auf was sie sich in letzter Konsequenz bei einem solchen Versicherungsvertrag überhaupt einlassen. Auch die viel gepriesenen Riester–Verträge sind übrigens nach diesem Muster gestrickt.

Fragen Sie mal bei einer Versicherung nach 3 Jahren an, wie hoch denn Ihr aktueller Auszahlungsanspruch ist. Sie werden selbst in den düstersten Börsenzeiten kaum eine Anlage finden, die sich in diesem Zeitraum noch schlechter entwickelt hat.

Durch die aktuelle Niedrigzinsphase werden zudem nahezu alle Versicherer ihre Auszahlungsprognosen in den kommenden Jahren weit verfehlen.  Die Brisanz, die hinter dieser harmlosen Formulierung steckt, muss man sich in Zahlen vor Augen halten. Wenn sich ein Vertrag, der über 30 Jahre mit 200 € bespart wird, nur noch mit 3% anstatt mit 5% verzinst, erhalten Sie anstelle einer „versprochenen“ Auszahlung von  164.000 €, dann nur noch 116.000 €, das sind dann satte 30 % weniger.

Der einzige Vorteil, den Sie bei einer Versicherung haben, ist daß Sie sich nur einmal, während der gesamten Laufzeit ärgern müssen, nämlich bei der Auszahlung.

Aber wer kann sich schon dann noch daran erinnern, was ihm damals versprochen wurde. Und die Berechnung der exakten Rendite auf die eingezahlten Beiträge (die oft auch noch jährlich dynamisiert wurden) ist schon eine anspruchsvolle mathematische Aufgabe.

Bei einer Aktienanlage haben Sie sicherlich nach 30 Jahren mehr graue Haare, weil Sie in dieser Zeit 6-7 Börsencrashs überstehen mussten.

Wenn Sie aber die Aktienanlage mit der gleichen mentalen Einstellung betrachten, wie eine Versicherung (nämlich höchstens alle 2-3 Jahre mal nach dem Wert schauen), gehören Sie definitiv nach 30 Jahren zu den Gewinnern. Über diesen Zeitraum sind Aktien nämlich die sicherste und mit Abstand rentabelste Anlageform überhaupt.

Die wichtigste Grundregel lautet aber:  „Nicht alle Eier in einen Korb.“ Das gilt übrigens auch für alle, die keine 30 Jahre mehr Zeit haben.

Das erhöhte Sicherheitsbedürfnis vieler Anleger führt dazu, daß Sie momentan nicht mit 11 Verteidigern, sondern teilweise sogar mit 11 Torhütern spielen. Da muss man wahrlich kein Fussballexperte sein, um zu der Erkenntnis zu kommen, daß es nicht die schlechteste Idee ist mal einen oder zwei Mittelfeldspieler und auch den einen oder anderen Stürmer einzuwechseln.

Wenn ich mit der Strategie „nur nichts verlieren“ in ein Spiel gehe, kann ich auch nichts gewinnen.

Warum sollte das bei der Geldanlage anders sein als im richtigen Leben…