Wahrheit und Klarheit

2 August 2010 von Max Kommentieren »

Aufgrund zahlreicher Reaktionen möchte ich das Thema „Schlechte Noten für Bankberatung“ in dieser Woche nochmals aufgreifen.

Ein Bekannter von mir, der vor 4 Jahren bei einer der getesteten Banken die Auszahlung aus einer Lebensversicherung in ein „Mitglieder-Bonus-Tracker-Zertifikat“ angelegt hatte, bat mich um eine Prüfung, ob das denn dort alles mit rechten Dingen zugegangen sei. 51.250 Euro hatte er angelegt mit der Maßgabe „Ich will nichts verlieren“ und nach 4 Jahren bekam er jetzt 38.095 € ausgezahlt.

Daraufhin habe ich mir mal die Bedingungen des Zertifikats angeschaut, die ich nachstehend im Wortlaut zitiere (Achtung ! Bitte anschnallen):

a) Notiert der Beobachtungswert niemals kleiner oder gleich der Barriere und ist der Referenzwert multipliziert mit dem Bezugsverhältnis kleiner oder gleich der Summe aus Basisbetrag und Bonusbetrag, dann entspricht der Rückzahlungsbetrag der Summe aus Basisbetrag und Bonusbetrag.

b) Notiert der Beobachtungswert niemals kleiner oder gleich der Barriere und ist der Referenzkurs multipliziert mit dem Bezugsverhältnis größer als die Summe aus Basisbetrag und Bonusbetrag, dann entspricht der Rückzahlungsbetrag dem Referenzwert, jedoch maximal begrenzt auf den CAP multipliziert mit dem Bezugsverhältnis.

c) Notiert der Beobachtungswert mindestens einmal kleiner oder gleich der Barriere, dann entspricht der Rückzahlungsbetrag dem Referenzwert, jedoch maximal begrenzt auf den CAP, multipliziert mit dem Bezugsverhältnis.

Alles klar ?

Mein erster Gedanke war: Leute habt Ihr se noch alle ? So einen Mist kann ich doch nicht jemand verkaufen, der einfach nur ein bißchen Ertrag für sein Geld haben will.

Aber so schlecht ist die Idee mit den Zertifikaten auf den zweiten Blick gar nicht.

Das Ganze ist eine Kombination von Eintrittswahrscheinlichkeiten.

Im Prinzip sind das Wetten die man auch darauf abschließen kann, ob es in Buenos Aires am 3. August regnet und ob die Temperatur im Quadrat größer ist, als der PH-Wert des Urinals von „Schmidts Katz“ an diesem Tag.

Wenn die Quote stimmt, kann das ein gutes Geschäft sein, aber nur dann !.

Wir haben es in o.g. Fall aber mit 2 Problemen zu tun.

  1. Wollte der Mann nicht wetten, sondern Sicherheit und dann ist so etwas definitiv das falsche Produkt und es stellt sich natürlich die Frage „Schadenersatz ja oder nein ?“
  2. Gibt es nur ganz wenige Profis am Markt, die den wahren Wert bzw. die richtige Quote einer solchen Wette ermitteln können. Die Leute hinter dem Banktresen sind da in den meisten Fällen – ohne ihnen auf den Schlips treten zu wollen – schlichtweg überfordert.

Viele Gespräche in den letzten Jahren sind wahrscheinlich folgendermaßen abgelaufen. „Normalerweise können wir Ihnen 3% geben, aber da gibt es noch das „Super-Tracker-Long-Short-Equity-Zertifikat“, da können Sie 6% verdienen“. Vielleicht hat der Berater dann auch noch gesagt „mit überschaubarem Risiko“ aber das hat der Kunde dann wahrscheinlich schon nicht mehr gehört und bei „Tracker“ wohl eher an einen Traktor gedacht.

Mit der Pleite von Lehman Brothers kam im Zertifikate-Markt außerdem ein bis dato überhaupt nicht eingepreister Risikofaktor ins Spiel, nämlich der, daß ich meine Wette zwar gewinnen kann, aber der Gewinn nicht ausgezahlt wird, weil mein Wettpartner bankrott ist.

Ich glaube, dass in vielen Fällen die Leute gar nicht wissen, welche Art von „Wetten“

Sie in Ihren Depots liegen haben. Auf gar keinem Fall gehören solche Zertifikate jedoch in Depots, wenn der Kunde mit der klaren Ansage „Ich will nichts verlieren“ zur Bank  bzw. seinem Berater kommt.

Was den fairen Preis für Zertifikate betrifft, stellt es sich leider so dar, daß diese oftmals schon von den Banken, die sie an ihre Kunden verkaufen, zu teuer eingekauft werden, weil es außer den „Bastlern“ der Zertifikate kaum Leute am Markt gibt, die den wahren Preis mathematisch exakt ermitteln können. Die Deutsche Bank oder Goldman Sachs „bauen“ das Zertifikat für 92, verkaufen es für 98 weiter und für 102 landet es bei dem Kunden im Depot.

Für eine „entspannte“ Anleger-Bank-Beziehung kann mein Rat an die Anleger nur lauten: Sagt klar, was Ihr wollt (aber Ihr müsst akzeptieren, daß es aktuell bei 100% Sicherheit nur Mini-Renditen von 2-3% gibt). Und ganz wichtig: Fragen, fragen, fragen und nur dann das Geld über den Tresen schieben, wenn man auch wirklich verstanden hat, was man denn kauft.

Und die Message an die Banken lautet:

Serviert dem Gast das, was er bestellt hat.“ und macht einfache Dinge nicht unnötig kompliziert. Bei 100% Sicherheit gibt’s halt nur Fleischwurscht und wer ein Chateaubriand essen will, muss wissen, daß es auch Tage gibt, wo das Essen dann ausfällt.