100 Millionen für „eigentlich“ nichts

19 August 2023 von Max Kommentieren »

Das beherrschende Thema der vergangenen Woche in den Sportgazetten lautete „kommt er ? – kommt er nicht ? – kommt er ?“ Am Ende kam er – und 100 Millionen Euro wurden aus München über den Ärmelkanal geschickt. Und das alles für einen Spieler, der im kommenden Jahr ablösefrei zu haben gewesen wäre.

Und im Prinzip nur dafür, dass er ein Jahr früher seinen Dienst antritt, der mit jährlich 25 Mio. vergütet wird. Rechnen wir noch die üblichen Beraterhonorare dazu, dann sind wir schnell bei einem Betrag von knapp 250 Millionen, die die FC Bayern München AG dafür auf den Tisch legt, dass ein gewisser Herr Kane in den kommenden vier Jahren das rot-weiße Trikot der Bayern trägt.

Um die Größenordnung dieses „Deals“ einmal zu verdeutlichen: Der komplette Börsenwert des ärgsten Verfolgers der Bayern – Borussia Dortmund – liegt inclusive Markenrechten, Stadion und der kompletten Lizenzspieler-Truppe bei grade mal 500 Millionen Euro.

Meine persönliche Meinung dazu: Die „mia san mia“-Abteilung hat nicht nur die Nerven, sondern auch völlig den Bezug zur Realität verloren. Was schon mit der völlig übereilten und unprofessionell vorbereiteten Trennung von Julian Nagelsmann begann, mit dem ebenso schlechten Timing des Rauswurfs von Manager „Brazzo“ Salihamidzic und Vorstandsboss Oli Kahn, fortsetzte, gipfelt jetzt in einem Transfer, den ganz Fussball-Deutschland mit erstauntem Blick verfolgte. Und es gab sogar 20.000 völlig „Bekloppte“, die auf dem Flight-Tracker (auf deutsch: Flugverfolgungsseite) www.flightradar24.com den Flug der Privatmaschine mit Harry Kane an Bord von London nach München verfolgten. Um 19:51 am letzten Freitag dann die Sensationsmeldung des Tages: „Soeben hat das Flugzeug den deutschen Luftraum erreicht“ – als ob immer noch die Sorge bestanden hätte, britische Abfangjäger wollten die Ausreise des Kapitäns der englischen Fussball-Nationalmannschaft verhindern.

Es hat eigentlich nur noch gefehlt, dass Reporter-Legende Rolf Töpperwien nach 13 Jahren im Ruhestand reaktiviert wird, um die Landung in München mit den enthusiastischen Worten „jetzt, jetzt, jetzt, betritt er deutschen Boden“ zu kommentieren, so wie er einst Otto Rehagel (dem ich an dieser Stelle ganz herzlich zu seinem 85. Geburtstag gratulieren möchte) nach dem ersten Bremer Europapokalsieg huldigte.

Jetzt muss man wissen, der Bursche ist schon 30 – d.h. nach Ablauf der 4 Jahre wird es allenfalls noch ein kleines Taschengeld geben.

Und nur so am Rande – vor einem Jahr holten die Bayern einen, der fast genauso heisst und der vom Leistungsvermögen mindestens in der gleichen Kategorie einzuordnen war, aber mit 32 Mio nur knapp ein Drittel gekostet hat.

Ich will hier den Teufel nicht an die Wand malen, aber wer garantiert, dass es jetzt besser läuft ?

Ein Vorgeschmack, dass im Fussball nichts planbar ist und auch Geld nicht immer Tore schiesst, konnten die Bayern-Bosse ja bereits seit dem unnützen Trainer-Wechsel im Frühjahr bereits „genießen“.

Obwohl der „Super-Cup“ für mich ein Spiel um die „goldene Ananas“ ist, was ich nicht live verfolgt habe, habe ich mir dann doch im Nachgang die Stimmen nach dem Spiel angeschaut.

Der ehemalige „Sport-Bild“-Chef Pit Gottschalk schrieb am letzten Montag in seinem sehr empfehlenswerten Blog „Fever Pit‘ch“

„94,4 Prozent aller Bundesligatrainer werden nach einem Interview, wie es Thomas Tuchel am Samstag in der ehemaligen Dominanz-Arena gegeben hat, sofort verabschiedet. Mit oder ohne Blumenstrauß. Im „Nagelsmann-Tempo“, notfalls sogar per WhatsApp.“

Die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache:

Der Punkteschnitt von Tuchel liegt nach 13 Pflichtspielen bei 1,54, der von Julian Nagelsmann lag bei 2,16 und damit noch vor den Legenden Ottmar Hitzfeld (2,15), Jupp Heynckes (2,08) und Udo Lattek (2,07). Schlechter als Tuchel schnitt nur Sören Lerby ab (1,18).

Das war in der Saison 1991/92 – vor mehr als 30 Jahren.

Und mit der Preisfrage: Welchen Platz belegten die Bayern in dieser Saison, kann man – wenn alle Handys „offline“ (aus) sind – einen kostenlosen Abend an der Theke verbringen.

Ich kenne viele, die nichts gegen eine Wiederholung der Geschichte hätten. Allerdings sorgen 5 der ersten 12 Mannschaften in dieser historischen Saison dafür, dass wir wieder einmal von der stärksten 2. Liga aller Zeiten sprechen. Allesamt Traditionsvereine, die heute auch dort stehen könnten, wo die Bayern stehen, wenn dort vor 35 Jahren  zufällig ein Uli Hoeneß den Manager-Job übernommen hätte.

Um so mehr wundert es mich, dass in München jetzt das Geld aus dem Fenster geschmissen wird, als gäbe es kein Morgen mehr.