Max Stillger über die Entwicklung in der FIFA
Für eine kurze Zeit sah es wirklich so aus, als sei der Fußball-Weltverband FIFA auf einem guten Weg. Es wurde systematisch ausgemistet und korrupten Funktionären wurde nach und nach das Handwerk gelegt, nicht zuletzt dank des radikalen Durchgreifens der US-Justiz. Die Basisarbeit erledigte die FIFA-Ethik-Kommission – eine insgesamt 15-köpfige Kammer, der der deutsche Richter und Korruptionsexperte Hans-Joachim Eckert und der Schweizer Jurist Cornel Borbely (einer der wenigen mir sympathischen Schweizer) vorstanden. Insgesamt 70 Verfahren leitete die Ethik-Kommission ein. Unter anderem wurde Sepp Blatter, Michel Platini, Mohammed Bin Hamann und Ex FIFA Generealsekretär Jeromé Falcke aus dem Amt gejagt. Und die Vorgänge um die hochkorrupte Südamerikanische Bande um Nicolaz Leoz, Jack Warner wurden gleich an die Amis übergeben, die „tabula rasa“ machten. Der Argentinier Grondona und der brasilianische Ex-FIFA-Chef Joao Havelange können posthum froh sein, dass sie das Zeitliche gesegnet haben, sonst wären sie auch nochmal in den Genuß von gesiebter Luft gekommen. Dass die FIFA-Ethik-Kommission trotz dieser respektablen Ergebnisse nicht über eine unbestrittene Macht verfügte, zeigten aber bereits die Diskussionen um den sogenannten „Garcia-Report“ in dem die Vorgänge, um die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 untersucht worden waren. Die FIFA entschied im Jahr 2014 diesen Report nicht zu veröffentlichen, worauf der damalige Leiter der Ethik-Kommission, der New Yorker Jurist Michael Garcia zurücktrat. Der Mann genießt meinen allerhöchsten Respekt.
Paukenschlag auf dem FIFA-Kongress
Auf dem FIFA-Kongress in Bahrein in dieser Woche wurden jetzt – auch für die Betroffenen völlig überraschend – Eckert und Borbely bei der turnusmäßig anstehenden Neubesetzung der Ethik-Kommission nicht mehr berücksichtigt. Explizit nicht gewünscht wurde seitens der FIFA-Spitze auch nicht eine geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte, sondern beide sind – wie bei einer fristlosen Kündigung – Knall auf Fall aussortiert. Hunderte von noch laufenden Verfahren sind davon betroffen und verzögern sich entsprechend bei der Aufarbeitung. Es bleiben ein paar Fragen offen, die hoffentlich in den nächsten Tagen aufgeklärt werden. Auf die Eliminierung der beiden Juriste, angesprochen hiess es von FIFA-Seite zunächst, beide hätten nicht auf der „Nominierungsliste“ für die turnusmäßige Neubesetzung der Ämter gestanden. Damit wäre vor 10 oder 20 Jahren das Thema erledigt gewesen. Heute sind aber Gott-sei-Dank auch ein paar kritische Journalisten vor Ort, die flugs die Nominierungsliste studierten und siehe da, die Namen „Eckert“ und „Borbely“ standen dort ganz oben. Dann hiess es auf einmal: Es sollten mehr Frauen und „Nicht-Europäer“ in der Spitze der FIFA mitarbeiten. Wenn es nach mir geht, können wir bei dem Präsidenten, dem unsympathischen Glatzkopf aus der Schweiz damit gleich mal anfangen. Einmal mehr stinkt der Fisch am Kopf.
Undurchsichtige Rolle von Reinhard Grindel
Mehr als undurchsichtig ist bei diesem Theater auch die Rolle des neuen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel. In Presse-Statements kritisierte er die Entscheidung der FIFA die beiden Juristen abzusetzen, laut Medienberichten verlief die dazu gehörige Abstimmung aber einstimmig. Das würde aber bedeuten er hätte auch dafür gestimmt.
http://www.n-tv.de/sport/fussball/Fifa-schasst-ihre-Spitzen-Ethiker-um-Eckert-article19830889.html
Mir gefällt diese Ämterhäufung ohnehin nicht. Warum muss denn der DFB-Präsident gleichzeitig in den Gremien von UEFA und FIFA sitzen? Die Arbeit kann man auch auf mehrere Schultern verteilen. Das macht diese Gremien auch transparenter und offener. Mit dieser ganzen Aktion in Bahrein haben die Verantwortlichen dem Fußball jedenfalls einen Bärendienst erwiesen und jede Menge Sympathien (meine hatte der neue Präsident ohnehin nicht) verspielt.