Königlich Nassauischer Magistrat

4 Mai 2017 von Max Kommentieren »

Max Stillger über politische Debatten

Kürzlich scheiterte die AfD-Fraktion im Kreistag mit dem Antrag die Parlamentssitzungen über einen sogenannten „Live-Stream“ im Internet öffentlich zu übertragen. Ich kann mich noch gut an die Zeit in den siebziger Jahren erinnern, als einer der beiden öffentlichen Fernsehsender (damals gab es ja keine Alternativen) stundenlang mit politischen Debatten blockiert war, in denen sich Herren mit dicken Hornbrillen langweilige verbale Attacken lieferten. Lustiger ging es da schon bei Gerichtssendungen zu, insbesondere wenn ich an die Kultserie „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ mit dem legendären bayerischen Volksschauspieler Gustl Bayrhammer denke. Ob ich mir Übertragungen der Kreistagssitzungen anschauen würde? Wohl eher nicht.

Hoher Unterhaltungswert in Runkel

Mit einem gewissen Grad an Belustigung verfolge ich dagegen die Berichterstattung in der heimischen Presse über die Parlamentssitzungen in Runkel. Ich bin mir sicher, dass der Unterhaltungswert der ansonsten relativ spröden politischen Diskussionen in keiner Kommune im Landkreis Limburg-Weilburg auch nur annähernd an das regelmäßig stattfindende Schauspiel im ansonsten beschaulichen Lahnstädtchen heranreicht. Im Mittelpunkt des ganzen steht ein Mann, der, wie jeder weiß nicht unbedingt mein politisches „Trikot“ trägt. Aber Bürgermeister Friedhelm Bender verfolgt unkonventionelle Ideen und genießt meine höchste Wertschätzung, mit welcher Standfestigkeit er den gegnerischen Kräften entgegen tritt und Angriffe – teilweise weit unter der Gürtellinie – an ihm abprallen. Hier hilft ihm sicherlich sein Hobby weiter. Er ist seit Jahrzehnten engagierter Fußball-Schiedsrichter und hat vor einigen Jahren die Nachfolge des legendären Obmanns Toni „Dusch“ Stillger angetreten. Für mich als externen Beobachter ist es immer wieder interessant zu sehen, wie teilweise traditionelles politisches Terrain verlassen wird und ein Vorschlag torpediert wird, nur weil er aus der falschen Ecke kommt. Ich will hier nicht den Oberlehrer spielen, aber wenn ich lese, dass die Stadt momentan 10.800 Euro Miete für ein Gebäude zahlt, dieses aber für 100.000 Euro erwerben kann, muss ich bei einem Zinssatz von 0,8% nicht lange überlegen. Noch dazu in dieser strategisch günstigen Lage, nämlich in Rufnähe zum Rathaus. Eigentlich sollte kaufmännisches Rechnen ja seit Konrad Adenauer und Ludwig Ehrhard die Stärke der Christdemokraten sein, aber in diesem Fall werden dann auch wieder politische Scharmützel über das Gemeinwohl gestellt, nur weil die Idee von der anderen Seite kam. Dem Besitzer der Immobilie kann ich nur zurufen: „Wenn die Stadt net will, für diesen Kaufpreis verbunden mit einem 10-Jahres Mietvertrag nehm ich es!“ Obwohl ich ein halbes Prozent höhere Zinsen als die Stadt zahlen muss.

Zweistellige Rendite mit Mehrheitsbeteiligung am Solarpark

Und ich mache dem Magistrat gleich noch einen Vorschlag: Vor 5 Jahren habt Ihr 210.000 € in einen Solarpark investiert. Eine gemeindeeigenes – bis dahin nutzlos brachliegendes – Wiesenland bringt der Stadtkasse seitdem eine jährliche Pacht in Höhe von 9.000 €. Und auf das investierte Kapital gibt es seit 4 Jahren eine Ausschüttung in Höhe von 11% p.a. Was wurde hier bei der Planung und während der – nicht einfachen – Realisierung des Projekts nicht nach allen Regeln der Kunst „geschennt“. Aber in erster Linie wieder nur, weil auch diese Idee aus der falschen Ecke kam. Ich lese die Berichte über die Magistratssitzungen sehr genau. In den vergangenen vier Jahren hat da nicht einer mal die Stimme gehoben und gesagt „Gut gemacht Herr Bürgermeister!“ Aber die 11% werden jedes Jahr eingesackt und nach der Sitzung wird beim verdienten Bier in der Kneipe über den bösen Herrn Draghi gelästert und „dass es ja keine Zinsen mehr gibt…“. Um allen „Reichsbedenkenträgen“ gleich den Wind für das Argument „ja wer weiß, ob das alles so weiter läuft“ aus den Segeln zu nehmen: Die Stadt könnte bei der derzeitigen Marktlage die Anteile für einen Aufschlag von 10%-20% auf den damals gezahlten Kaufpreis verkaufen. Besser beraten wäre man allerdings, dieses Projekt zu behalten. Ein paar Kilometer weiter lahnaufwärts wäre man wahrscheinlich froh, jedes Jahr einen „warmen Regen“ von 33.000 € sozusagen aus dem Nichts in der Kasse zu haben. Stattdessen muss da der amtierende Bürgermeister einen siebenstelligen Scherbenhaufen zusammen kehren, den ihm die Dilettanten, die vor ihm den Zugriff auf die Gemeindekasse hatten, hinterlassen haben. Für dieses Thema reicht keine Kolumne, da müsste man eigentlich ein Buch drüber schreiben…