Viel Lärm um nichts

3 November 2016 von Max Kommentieren »

„Das gesprochene Wort ist mehr als das geschriebene der Gefahr der Beschämung ausgesetzt. Das gesprochene Wort ist schärfer als das geschriebene.“ Dieses Zitat stammt aus dem vierten Jahrhundert nach Christus und wird dem Mailänder Bischof Ambrosius zugeschrieben. Allerdings muss man dazu sagen, dass 1.100 Jahre vor Johannes von Gutenberg und 1.650 Jahre vor Mark Zuckerberg das geschriebene Wort meistens nur – im wahrsten Sinne des Wortes – „in Stein gemeisselt“ zu finden war. Und ehe manche Sachen mit Hammer und Meißel in den Stein gehauen waren, hatte sich der Blutdruck des „Künstlers“ wohl meistens wieder beruhigt.

In der heutigen Zeit gilt das wohl eher umgekehrt. Das gesprochene Wort verfliegt und das geschriebene Wort bleibt für alle Zeiten auf irgendeinem Server oder Datenträger gespeichert.

Reichlich Diskussionsstoff im Sport…

Trotzdem sorgten in der vergangenen Woche „gesprochene Worte“ sowohl im Sport, als auch in der Politik für reichlich Gesprächsstoff.

In ganz Deutschland diskutierten die Fussball-Stammtische über die doch „ungeheuerliche verbale Entgleisung“ des Leverkusener Trainer Roger Schmidt. Nach einer umstrittenen Aktion unmittelbar vor den Trainerbank hatte er seinen Hoffenheimer Kollegen mit den Worten „Du Spinner, du glaubst wohl Du hast den Fussball erfunden“ tituliert. Ich denke, da spreche ich der Mehrheit aus der Seele, wenn ich sage, dass da jeder weitere Satz zu dieser mit „gefühlten“ zehn Samthandschuhen verübten verbale Attacke überflüssig ist. Da erlebt man jede Woche auf den Sportplätzen landauf, landab nicht hunderte, sondern tausende schlimmere Fälle. Und den Mann deshalb auf die Tribüne zu setzen und noch dazu zwei Spiele zu sperren ist für mich der Witz des Jahres. Kollege Christian Streich vom SC Freiburg hat dazu in seiner unnachahmlichen Art seinen Senf, der mir sehr geschmeckt hat, dazu gegeben.

http://www.bild.de/video/clip/christian-streich/chrsitian-streich-ueber-ausraster-von-roger-schmidt-48444972.bild.html

…und in der Politik

Und auch in der Politik gab es einen Aufreger. EU-Kommissar Günther Oettinger soll auf einem Vortrag in Hamburg auf Kosten von Minderheiten üble Witze erzählt haben. Dazu kann ich – rein zufällig – aus der ersten Reihe berichten. Günther Oettinger war nämlich am vergangenen Montag auf Einladung unseres Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Willsch zu Gast bei der „Nassauer Tafel“ und hat dort den gleichen Vortrag gehalten, wie ein paar Tage später in Hamburg. Und ich muss sagen, ich war positiv überrascht. Ein kurzweiliger Vortrag bei dem ein oder andere „Spitze“ nicht fehlte. Aber außer Alt-Kanzler Gerhard Schröder, dem Oettinger attestierte „er hat ja Zeit sich um Tengelmann zu kümmern, North Stream 2 wird nicht gebaut und die „Alte“ ist weg“ braucht sich da keiner zu beschweren. Und das werden die beiden alten Polit-Haudegen demnächst bei einem Bierchen klären. Mein Gott – der Oettinger redet aus Erfahrung. Wenn sich jetzt nach diversen Schwulenverbänden auch die Wallonen beleidigt fühlen, ringt mir das nur ein müdes Lächeln ab. Auch da habe ich in meinem Leben schon tausendfach schlimmeres gehört, als in dieser Rede. Wer sich davon überzeugen möchte, kann sich mit ein paar wenigen Mausklicks im Internet das Ganze anschauen  http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/rede-in-hamburg-hat-oettinger-auch-die-wallonen-beleidigt-14504983.html

Und im Fazit hat Günther Oettinger definitiv recht. Wenn wir uns in Europa weiterhin abschotten und nur auf Sicherheit setzen, anstatt unternehmerische Risiken zu fördern und einzugehen, wird Europa in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts in der Welt auf dem Abstellgleis stehen. Interessant auch im Zusammenhang mit dem ganzen „Sturm im Wasserglas“ um die Oettinger-Aussagen auch ein Zitat von „Heute“-Moderator Claus Kleber „Wo nur noch von Image-Beratern, PC-Tugendwächtern und Juristen abgeschliffenes Zeug geredet wird, möchte ich weder Redner noch Zuhörer sein.“ Bereits vor gut vier Jahren wurde der damalige FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle aufgrund eines flapsigen Spruches wochenlang am Nasenring durch die Medien-Manege gezogen, obwohl wahrscheinlich mehr als die Hälfte aller Frauen seinen damaligen Spruch als Kompliment gewertet hätten. Ich wurde auch mit mehreren Freunden bei einem Japan-Besuch im Jahr 2002 als „Langnase“ tituliert. Gestört hat’s mich nicht und ich brauchte danach auch keine psychologische Betreuung, um dieses doch sehr traumatische Erlebnis zu verarbeiten. Und genauso wird’s den Chinesen, Blondinen, Ostfriesen, Schotten und nicht zuletzt Schwaben gehen, über die täglich neue Witze kursieren. Nicht witzig, sondern absolut erbärmlich finde ich es aber, dass sich ein Berliner Drogenkonsument namens Volker Beck, der in Personalunion auch noch Mitglied der Bundestagsfraktion der Grünen ist, anmaßt zur Oettinger-Rede seinen Senf dazu zu geben. Im Gegensatz zum Freiburger Christian Streich braucht den kein Mensch.