Olympiasieger oder ins Dschungelcamp ?

1 September 2016 von Max Kommentieren »

„In einem Land, in dem ein Olympiasieger 20.000 € Prämie bekommt und ein Dschungelkönig 150.000 € sollte sich niemand über fehlende Medaillen wundern.“ Mit diesen Worten kommentierte der ehemalige Schwimmweltmeister und Weltrekordler über die 100 Meter Lagen-Strecke Markus Deibler seine Sicht der Dinge zur Medaillenausbeute der deutschen Olympioniken in Rio. Für mich „das Zitat“ der gerade zu Ende gegangenen Spiele. Nun – mit insgesamt 42 Medaillen (davon 17 Goldmedaillen) erzielte des „Team Deutschland“ am Ende noch ein recht passables Ergebnis. Vor vier Jahren in London waren es 44 Medaillen aber die deutsche Nationalhymne (zu Ehren des Olympiasiegers) erklang an der Themse nur insgesamt elfmal. 54% Steigerung von 2012 bis 2016 bei den Goldmedaillen. Da hält selbst der deutsche Aktienindex (DAX) nicht mit, der vom 13.08.2012 bis zum 22.08.2016 „nur“ um 52% zulegen konnte.

Aber die kurze Betrachtung hat – wie im wahren Leben auch – ihre Tücken. Bei der letzten „Heim-Olympiade“ 1972 in München konnte Gesamt-Deutschland (damals starteten ja die BRD und die DDR jeweils mit eigenen Teams insgesamt 106 (!) Medaillen (davon 33 in „Gold“) bejubeln. Und in München gab es insgesamt nur 195 Entscheidungen, während es 2016 in Rio de Janeiro insgesamt 306 Wettbewerbe gab.

Sporthilfe: Ein Tropfen auf den heissen Stein

Max Stillger gemeinsam mit Moritz Fürste und Stefan Saliger (M.) beim „Erfahrungsaustausch im Runden Eck“

Max Stillger gemeinsam mit Moritz Fürste und Stefan Saliger (M.) beim „Erfahrungsaustausch im Runden Eck“

Deshalb sollten die Worte von Markus Deibler sehr wohl hinterfragt werden und nachdenklich machen. Bereits vor zwei Jahren sorgte er mit einer spektakulären Entscheidung für Aufsehen. Auf dem Zenit seiner Laufbahn beendete er mit 24 Jahren seine Karriere um fortan (sie lesen richtig !) in Hamburg eine Eisdiele zu betreiben. Neben fehlender sportlicher Motivation („ich habe keine Lust mehr morgens um 6 Uhr ins Becken zu steigen und jeden Tag 8 Stunden zu trainieren“) waren damals sicherlich auch finanzielle Aspekte Gründe für den überraschenden Rückzug vom Leistungssport.  Die Stiftung „Deutsche Sporthilfe“ fördert aktuell 3.800 Athleten in allen Sportarten von der Leichtathletik bis hin zur rhythmischen Sportgymnastik. Hierzu stand im Jahr 2015 ein Betrag in Höhe von ca. 13 Mio € zur Verfügung. Das ist ein Jahresgehalt für insgesamt 3.800 Athleten für das die Herren Messi & Co. sich gerade einmal warm laufen. Ein Weltmeister erhält von der Sporthilfe 800 € im Monat und schafft man es in die Elite-Förderung liegt der Höchstbetrag bei 1.500 € im Monat. Ohne private Sponsoren, die die Athleten sich in der Regel selber suchen müssen, kommt da kaum jemand über die Runden. Das Ganze noch gepaart mit einem völlig aus dem Ruder gelaufenen, total überreguliertem Doping-Kontroll-System (an das sich übrigens außer in Deutschland kaum jemand hält) sorgt in vielen Fällen für Demotivation, die dann wie im Fall Deibler auch manchmal zur Resignation führt.

Spagat zwischen Sportkarriere und Beruf

Für mich sind all diese jungen Sportler Helden und nicht wenige von Ihnen ziehen aus einer erfolgreichen Sportkarriere auch die Disziplin und Zielstrebigkeit, um im Anschluss an Ihre Karriere beruflich einen erfolgreichen Weg einzuschlagen. Übrigens ganz im Gegensatz zu vielen hochbezahlten Fußballern. Hier gibt es mit der „Sepp Herberger Stiftung“ eine Institution, die den ein oder anderen Ex-Nationalspieler vor dem völligen Absturz nach der Karriere aufgefangen hat. Einer, der mit Sicherheit seinen Weg gehen wird, ist der Kapitän der deutschen Hockey-Nationalmannschaft Moritz Fürste. Mit seiner Hockey-Akademie machte er am vergangen Wochenende in Limburg Station. Über 90 Kinder und Jugendliche des LHC profitierten von den Erfahrungen des 290-fachen Nationalspielers, zweimaligen Olympiasiegers und Bronzemedaillengewinners von Rio. Ich traf am Freitagabend – zufällig in der Altstadt-Kultkneipe „Rundes Eck“ – einen völlig bescheidenen und sympathisch auftretenden jungen Mann und hatte das Glück mich mit ihm kurz auszutauschen.
Um den Jungen brauchen wir uns – im Gegensatz zu manchem Dschungelkönig – keine Gedanken zu machen.

Auch wenn es für eine Goldmedaille nur 20.000 € Prämie gibt, haben unsere Sportler einen Vorteil. Bei Ihnen steht das Geld für Anlagezwecke zur Verfügung, während bei den Dschungelcamp-Teilnehmern die Prämie in der Regel an den Insolvenzverwalter geht. Und die Burschen sind ja alle noch jung und können aus der Prämie noch was machen.

Ein kleiner Rückblick gefällig:

1972 stand der DAX bei 576 Punkten. Heute sind wir mit knapp über 10.000 Punkten beim 18-fachen Wert, was einer Entwicklung von 6,8% p.a. entspricht. Während der 14-tägigen Olympiade schwankte das Kursbarometer zwischen 568 und 578 Punkten. Am 05. September, dem Tag des Attentats von palästinensischen Terroristen, gab es immerhin eine Tagesschwankung von zwei (!) Punkten. Hätten Klaus Wolfermann, Ulrike Meyfarth oder Heide Rosendahl damals 40.000 DM Prämie bekommen und das Geld einigermaßen gescheit angelegt, wäre daraus bis heute eine dreiviertel Million in der alten Währung geworden.  Damals gab es allerdings nur den Materialwert der Goldmedaille als Prämie. Und die o.g. wurden zu Legenden – was wiederum mit Geld nicht zu bezahlen ist.