Die drei Weisen aus dem Hessenland

23 Juni 2016 von Max Kommentieren »

Nachdem unser langjähriger Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm, der als gebürtiger Rüsselsheimer seine hessische Herkunft nie verleugnen konnte, mit dem Slogan: „Die Rente ist sicher“ sich ein literarisches Denkmal gesetzt hat, ist das Thema „Alterssicherung“ eine beliebte Spielwiese für Politiker aller Couleur. Wobei der gute „Nobby“ sicherlich unfreiwillig dazu beigetragen hat, dass seine legendären Worte zwar außer Zweifel stehen, inzwischen aber immer öfter berechtigt mit der Zusatzfrage versehen werden: „aber reicht, das, was dabei rauskommt, im Alter überhaupt zum Leben ?“ Die Antwort hierauf ist schmerzhaft und unpopulär, kann aber nur ganz fett mit „NEIN“ beantwortet werden. Wenn man weiß, wie unser Rentensystem funktioniert, braucht man keine Leuchte im Mathe-Unterricht gewesen zu sein, um zu erkennen, welche Probleme auf uns zukommen. Unser System basiert auf dem „Umlageverfahren“, d.h. die aktuellen Arbeitnehmer zahlen ca. 20% Ihres Bruttoeinkommens in die Rentenkasse ein und dieses Geld wird sozusagen postwendend an die Rentner ausgezahlt. Ganz vereinfacht gerechnet bedeutet das, wenn ich drei aktive Arbeitnehmer habe, kann ich damit einem Rentner 60 Prozent des Durchschnittseinkommens als Rente finanzieren.

Aus 3:1 wird 1:1

Mittlerweile dürfte es aber auch in der hintersten Ecke bekannt sein, dass sich die Gewichtung aufgrund der demographischen Entwicklung in diesem Land drastisch verschiebt und wir bereits in 10 Jahren nur noch bei einem Arbeitnehmer-Rentner-Verhältnis von 2:1 und in 30 Jahren sogar bei 1:1 liegen. Um das derzeitige Rentenniveau zu halten bleibt dann nur eine Verschiebung des Renteneintrittsalters (von derzeit 67 Jahren) nach hinten, oder die Rentenkasse muss sich aus anderen Quellen zusätzliche Einnahmen „besorgen“. Die dritte Variable „Erhöhung des Beitragssatzes“ scheidet aus. Da ist das obere Ende der Fahnenstange erreicht. In der Praxis funktioniert die Quersubventionierung über den „Bundeszuschuss“, da werden dann schon mal Einnahmen (z.B. aus der Mineralölsteuer) „umgeleitet“, um hier der Rentenkasse die notwendige Substanz zu verleihen. Wobei „Substanz“ in diesem Fall bedeutet, dass eine Reserve von 1-2 Monatsrenten in der Kasse liegt, mehr nicht. Bei der „kapitalgedeckten Rente“ dagegen spart jeder Rentner seinen individuellen Kapitalstock an.

Von der Hand in den Mund

Ursprünglich war die vom damaligen Reichskanzler Bismarck eingeführte Rente auch als Umlageverfahren gedacht, jedoch machten hier zwei Weltkriege und die daraus letztendlich resultierenden Währungsreformen 1923 und 1948 diesen Plan zunichte. Danach musste man jeweils bei 0 anfangen, und wenn man bei 0 anfängt, geht das nur im Umlageverfahren. Und man hat auch keine Chance aus dem Umlageverfahren ins Kapitaldeckungsverfahren zu wechseln, wenn man „von der Hand in den Mund“ lebt. Das ist genauso, wenn bei einem Haus, die kompletten Mieteinnahmen für Zins- und Tilgung verwendet werden und nichts für eine Instandhaltungsrücklage übrig bleibt.  Von daher ist es in Deutschland immens wichtig, dass wir in vielen Branchen als 2. Säule die betriebliche Altersversorgung haben und die daraus resultierende (kapitalgedeckte) Betriebsrente ergänzt dann die Einnahmen aus der gesetzlichen Rente. Bleibt als 3. Säule die private Vorsorge, wo sich zahlreiche private Anbieter um die Spargroschen der Bürger streiten. Neben Konsumwünschen wie Auto, Urlaub und der eigenen Immobilie, steht ja die finanzielle Unabhängigkeit im Alter ganz oben auf der Motivationsliste der Sparer.

Seit langer Zeit wieder einmal eine gute Idee aus der Politik

Und genau hier setzt ein Vorschlag der drei hessischen Minister Thomas Schäfer (CDU, Finanzen), Tarek Al-Wazir (Grüne, Wirtschaft) und Stefan Grüttner (CDU, Soziales) an. Sie präsentierten vor einigen Monaten ihr Modell der sogenannten „Deutschland-Rente“. Ein Fonds in den alle Arbeitnehmer einzahlen und der kostengünstig vom Staat verwaltet wird. Das wäre sozusagen ein erster Schritt hin zu einer kapitalgedeckten Rentensäule. Im Gegensatz zur privaten Vorsorge, die immer auf Eigeninitiative beruht, soll es hier einen „passiven Zwang“ geben. Das bedeutet, nur derjenige Arbeitnehmer, der ausdrücklich sagt „ich will nicht mitmachen“, bleibt außen vor. Aber das Modell muss nach Ansicht der drei Initiatoren qualitativ so gut sein, dass es die Menschen überzeugt. Dazu gehört ohne Zweifel auch ein entsprechender Aktien-Anteil. Die Antwort auf die Interview-Frage „Warum setzen Sie denn auf Aktien ?“ von Finanzminister Dr. Thomas Schäfer ging bei mir „runter wie Öl“: O-Ton:„ Weil offensichtlich die Menschen an den Aktienmarkt immer nur dann denken, wenn in den Nachrichten kommt, dass die Kurse mal wieder gefallen sind. Steigende Kurse sind offensichtlich nicht so nachrichtenrelevant. Denn wenn man sich mal die Zahlen genau anguckt: Die schlechtesten 20 Jahre am Aktienmarkt – und über so lange Anlagehorizonte muss man hier reden – bringen immer noch fünf Prozent Rendite jedes Jahr. Das heißt, egal, wann Sie in der Nachkriegszeit die schlechtesten 20 Jahre heraussuchen, haben Sie immer noch fünf Prozent Rendite im Jahr. Das kriegt keine andere Anlage, deshalb baut unser Vorschlag darauf auf, nicht alles in Aktien zu investieren, aber einen nicht unerheblichen Teil, um eben für die Altersvorsorge mehr Geld zur Verfügung zu haben, damit vorher entsprechende Renditen hinzukommen können.“ Ich finde: Das ist seit langem mal wieder ein richtig guter Vorschlag aus der Politik. Wenn man dann noch einführt, dass die Beiträge zu diesem Fonds steuerlich begünstigt sind, wäre das ein Sahnehäubchen obendrauf. Bleibt die Frage: Wer managt einen solchen Fonds ? Und: Wer fängt die Gegenseite ein, die zur Zeit die Abschaffung der Abgeltungssteuer fordert, also genau kontraproduktiv gegen die Sparer „schiesst“. Ich wünsche den Herrn Schäfer, Al-Wazir und Grüttner jedenfalls viel Erfolg und Durchhaltevermögen für die Durchsetzung dieses Vorschlags.

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