Gab es früher lediglich die kirchlichen Feiertage (z.B. Karfreitag, Ostermontag, Fronleichnam und den „dicken Mittwoch“), hat sich in den letzten Jahren eine inflationäre Tendenz durchgesetzt, jedem Tag ein Motto zu geben.
So wird beispielsweise am ersten Freitag im August der Tag des Bieres gefeiert und am 18. Februar ist der Tag der Weintrinker. Die Freunde des Martinis ehren ihr Getränk am 19. Juni. Ob geschüttelt oder gerührt ist in dem Fall egal.
Am vergangenen Mittwoch, 16. März, wurde neben dem „national hickup day“ (Tag des Schluckaufs) auch der „Tag der Aktie“ gefeiert. Vielleicht sollten die Initiatoren des „national roller coaster day“ (dem Tag der Achterbahn) am 16. August über eine Verlegung dieses Termins ebenfalls auf den 16. März nachdenken – das würde eher passen. Für den Tag des Schluckaufs bieten sich ja genügend Alternativen an. Die Aktionäre haben nämlich in den letzten 12 Monaten ein rasantes Auf und Ab hinter sich. Mitte April 2015 notierte der DAX noch auf einem Rekordhoch von 12.374 Punkten. Im August ging es dann runter bis auf 9.200, im November stand der Index dann wieder bei 11.400, um im Februar 2016 ein Tief bei 8.500 Punkten zu markieren. Pünktlich zum Ehrentag am 16. März kratzte er dann wieder an der Marke von 10.000 Punkten. Diese Schwankungen auszuhalten ist der Preis dafür, dass die Aktie langfristig allen anderen Anlageformen überlegen ist. Der einzige Unterschied heute im Vergleich zu früher: Früher dauerte die Achterbahnfahrt fünf Jahre oder länger – heute wird die gleiche Strecke in einem Jahr absolviert. Aber – auch das ist klar – bedeutet Aktie nicht gleich Aktie. Wer vor 10 Jahren zum Beispiel Apple-Aktien gekauft hat (für die jüngeren Leser: Damals gab es weder iPhone, noch iPad), hat sein Kapital bis heute (inclusive Dividenden) verzwanzigfacht. Der Pechvogel dagegen, der in den letzten 10 Jahren auf die Energieversorger E.ON oder RWE gesetzt hat, besitzt nur noch 10-20 Prozent seines eingesetzten Betrags. Ganz zu schweigen von der Commerzbank. Hier hätte der Anleger sich besser anstatt der Aktie einen Kasten Bier gekauft und leer getrunken. Das Flaschenpfand wäre heute mehr wert als die Aktie dieses „Saftladens“. Sorry liebe Commerzbänker, das ist nicht nur meine Meinung. Von 30 Euro auf 80 Cent ist eine “reife Leistung“ und da muss man sich auch mal Kritik anhören. Die Aktionäre tun mir hier noch nicht mal leid. Denn sie haben es in den letzten zehn Jahren nicht geschafft, die Verantwortlichen aus Ihren Ämtern zu jagen. Immer wieder haben die Aktionäre auf der Hautversammlung Vorstand und Aufsichtsrat entlastet und wieder ins Amt gewählt. Nach dem Besuch dieser Veranstaltung im Jahr 2009 (wo ich mich eher in eine Karnevalsveranstaltung – bei uns heisst das „Kappensitzung“ – wähnte), hab ich mich zu Kursen von 6 € – Gott sei Dank – aus dieser Nummer verabschiedet. Größter Einzelaktionär der Commerzbank ist mit knapp 15 Prozent übrigens der Bund. Aktuell mit einem Minus von mehr als 80 Prozent gegenüber dem Einstandskurs.
Die genannten Beispiele zeigen: Wie im Sport und auch bei Wahlen gibt es an der Börse Gewinner und Verlierer. Und den alten Spruch von Sepp Herberger „Die Leute gehen zum Fußball, weil sie vorher nicht wissen, wie das Spiel ausgeht“ kann man auch auf die Börse münzen. Die „richtigen“ Aktien herauszufiltern ist harte Arbeit und es gehört definitiv auch eine Portion Glück dazu. Die beiden Herren „Hätt ich“ und „Wenn ich“ sind ständige Begleiter der Investoren. Dabei ist es ganz einfach: Ein breiter Korb von Aktien bietet eine entsprechende Risikostreuung und gleichzeitige Absicherung. Die nackten Zahlen des „Deutschen Aktienindex“ (DAX) sprechen für sich.
Seit seiner Auflage am 1. Januar 1988 bei einem Stand von 1.000 Punkten haben sich die Kurse der 30 DAX-Aktien im Schnitt bis heute – also in etwas mehr als 28 Jahren – verzehnfacht. Das entspricht einem Wertzuwachs von exakt 8,5 Prozent pro Jahr. Aber, wenn man etwas genauer hinschaut, gliedern sich diese 28 Jahre in 2 Phasen. Zwölf fette Jahre (von 1988 – 1999), in denen der Index im Schnitt um 15 Prozent pro Jahr zulegte. Seit dem Jahr 2000 lieferten DAX-Aktien im Schnitt jedoch nur magere 3 Prozent Ertrag pro Jahr.
Der Optimist sagt: „Da geht was – da ist Nachholbedarf – Aktien sind im langfristigen Vergleich günstig“.
Der Pessimist geht am letzten Werktag im Oktober zur Bank und hofft auf einen Kugelschreiber und ein Bilderbuch für die Enkel. Am letzten Werktag im Oktober ist der „Weltspartag“ – oder sollte man diesen Tag vielleicht umbenennen in „Tag der verpassten Chancen“ ?
Der amerikanische Humorist William Rogers sagte einmal. „Die Chance klopft öfter an als man meint, aber meistens ist niemand zu Hause.“ – eine schöne Umschreibung für die Börsenmüdigkeit der deutschen Bevölkerung (nur knapp 10% nutzen die Chancen, die eine Anlage in Aktien oder Aktienfonds bietet).
Apropos Streuung, auch hier liefert der Sport ein anschauliches Beispiel. Sie nehmen sich einen Trainer, der für Sie die richtigen Aktien „aufstellt“. Und wie im richtigen Leben können Sie diesen bei dauerhafter Erfolglosigkeit mit täglicher Kündigungsfrist entlassen. Investieren mit Investmentfonds heisst die Zauberformel.
Das Gute am Aktienmarkt ist, dass dieser nicht nur am „Tag der Aktie“, sondern an allen Werktagen geöffnet ist. Und auf jeder Volksbank oder Sparkasse gibt es gut ausgebildete Trainer, die sie an die Hand nehmen. Außerdem gibt es in Deutschland 40.622 (Stand 31.12.2014) registrierte Finanzvermittler, die Sie bei der Auswahl von über 11.900 verschiedenen Investmentfonds beraten dürfen. Dort den Richtigen zu finden ist mindestens genauso schwer, wie auf eigene Faust die richtigen Aktien oder den richtigen Fonds heraus zu filtern. Sich hier auf den Weg zu machen ist aber eine gute Alternative gegen die derzeitige Null-Zins-Politik.