Mit viel Getöse…

10 März 2016 von Max Kommentieren »

Am vergangenen Freitag veröffentlichte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den sogenannten Freshfields-Report. Insgesamt 42 Anwälte der Kanzlei Freshfields, Bruckhaus, Deringer hatten in fünfmonatiger Detailarbeit versucht, die dubiosen Zahlungsvorgänge rund um die Vergabe der WM 2006 transparent zu machen. Ob der Versuch gelungen ist?

Um sich ein annähernd objektives Urteil bilden zu können, muss man sich durch die insgesamt 360 Seiten des Berichts „kämpfen“. Im Gegensatz zu vielen „Talkern“, die zu diesem Thema in den vergangenen Tagen ihren Senf dazu gegeben haben, habe ich dies getan.

Angesichts des brisanten Themas hätte man getreu Wilhelm Busch erwarten können „Rums, da geht die Pfeife los – mit Getöse schrecklich groß.“ Aber im Gegensatz zur Story um Lehrer Lämpel entpuppt sich der Freshfields-Report wohl eher als „laues Lüftchen“.

Es geht schon damit los, dass man gleich zu Beginn klarstellt: Wir können nicht für Vollständigkeit garantieren, da ein Ordner, in dem es um die FIFA-Vorgänge im Jahr 2000 geht, allem Anschein nach im Juni 2015 ausgeliehen und nicht mehr gefunden werden konnte. Darüber hinaus waren einzelne Dateien mit Passwörtern geschützt, deren Entschlüsselung bis heute nicht möglich war.

Und zu guter Letzt steht wörtlich im Bericht: „Von Interesse hätten auch Unterlagen sein können, welche die Staatsanwaltschaft in den Privaträumen von Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger sicherstellte und die wir nicht einsehen konnten.“ Übrigens neben 100 weiteren Aktenordnern, die die Staatsanwaltschaft am 3. November bei einer Razzia in den Räumen des DFB sicherstellte. Also meine Herren jetzt mal im Ernst: Was wollt ihr denn untersuchen und was wollt ihr vor allen Dingen denn aufklären, wenn Euch die gesamten Beweismittel fehlen ? Ich habe da schon so viel Vertrauen in die Staatsanwaltschaft, dass die – wenn die schon die Bude in der Otto-Fleck-Schneise, sowie die Privathäuser der 3 o.g. Herren untersuchen – auch die richtigen Aktenordner mitgenommen haben.

 

Unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein Mandat anzunehmen, setzt schon ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein oder eine mangelnde Auslastung des Personals voraus. Ich hätte auch für jeden Verständnis, der sagt: „Räumt erst mal euren Stall auf und stellt uns dann gescheite und vor allem vollständige Unterlagen zur Verfügung. Dann beginnen wir mit unserer Arbeit“.

Grenzwertig ist es auch aus meiner Sicht, warum denn ohne Zeitdruck dieser Bericht unbedingt am 4. März veröffentlicht werden musste, obwohl die Antworten auf ganz entscheidende Fragen noch ausstanden. Teilweise auch, weil den entsprechenden Protagonisten (zum Beispiel Scheich Bin Hammam) erst am 3. März (!), also einen Tag vor Veröffentlichung, die Fragen übermittelt wurden.

Mit deutscher Gründlichkeit wird dann untersucht, was die Messdiener (in diesem Fall der DFB) mit dem Klingelbeutel-Geld (in diesem Fall 6,7 Millionen Euro) angestellt haben. Die wirklich interessante Frage, die aber nur am Rande in diesem Bericht aufgegriffen wird, ist doch, welchen Geschäften der Bischof (in der bescheidenen Residenz) oder die Herrschaften im Vatikan nachgehen. Wenn ich zum Beispiel lese, dass die FIFA die Fernsehrechte an den Weltmeisterschaften 2002 und 2006, die einen Wert von mindestens 2 Milliarden Euro hatten, für läppische 150 Millionen Euro verkauft hatte, ist das doch eine ganz andere Hausnummer. Und wenn man dann noch etwas tiefer in die Zusammenhänge eintaucht, wie denn diese Vergabe gelaufen ist und welche Hintermänner da alles profitiert haben…da müssen sich einige Herren verdammt warm anziehen. Und darunter befinden sich ein paar ganz bekannte Gesichter.

Auch im Bereich „Ticketing“ und „Accomodation“, also das ganze Geschäft mit Pauschalreisen, Eintrittskarten und Hotelkontingenten rund um die WM, werden im Freshfields-Report mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Aber davon wird in den ganzen Kommentaren interessanterweise kaum Notiz genommen.

Aber im Gegensatz zu den hiesigen Medien, die sich darüber aufregen, wie das Geld in den Klingelbeutel (und möglicherweise auch wieder heraus) gekommen ist, kümmert sich um dieses Thema ja schon (glücklicherweise) das FBI und die amerikanische Justiz.

Übrigens: Geschlagene eineinhalb Seiten befasst sich der Bericht auch damit, ob denn jetzt der DFB, der DFB-Förderverein oder doch über Umwege der damalige Rechteverwerter, die Kirch-Gruppe, eine Spende von 20.000 Dollar für die Restaurierung der Orgel in der Hanover Methodist Church in Port of Spain (dem Heimatort von Jack Warner) geleistet hat. Ich tippe mal, dass es (Nomen est Omen) die Kirch-Gruppe war. Immerhin ist auch Theo Zwanziger zitiert mit der Anmerkung, die Orgel sei ein wertvolles Musikinstrument und ein wunderschöner Teil des Kulturerbes der gesamten Karibik.

Aber so langweilig es für mich war, sich durch die ganzen Informationen zu kämpfen, um so erstaunlicher tragen die Forderungen des „hochkorrupten“ Jack Warner phasenweise zur Erheiterung bei. Aber mit zunehmender Lesedauer stieg bei mir auch das Verlangen, hinter das Wort „hochkorrupt“ bei diesem Typen auch noch die allseits beliebte, mit dem Buchstaben „A“ beginnende, Umschreibung einer Körperöffnung hinzuzufügen. Der FC Bayern sah sich im Jahr 2000 genötigt, diesen Kerl samt seiner Frau zu seinem 100-jährigen Vereinsjubiläum für vier Tage nach München einzuladen. In der Spesenrechnung über knapp 45.000 DM findet sich ein Beleg über 581,71 DM „Barauslagen“. Unter anderem für einen Regenschirm und Kniestrümpfe für Warners Ehefrau. Selbst diese Auslagen hat er sich unverschämterweise auch noch erstatten lassen. Das „Sahnehäubchen“ der Forderungen war dann der Auftrag, 30.000 Fähnchen für Trinidad & Tobago auf Kosten des DFB drucken zu lassen. Im Gesamtpaket enthalten auch dann nochmal vier First-Class-Flüge aus der Karibik nach Deutschland und zurück, um die ganzen Sachen (inklusive 1.000 Eintrittskarten für WM-Spiele) abzuholen. Mr. Obama – Please do this job ! Ihr habt den Bin Laden in einer Nacht-und Nebel-Aktion in Pakistan aus einem Haus raus geholt, da werdet Ihr diesen Burschen doch auf seiner Karibik-Insel dingfest machen können. Das ist eine Aufgabe für die Marines im 1. Ausbildungsjahr.

Aber bei den Herrschaften vom DFB saß in vielen Fällen das Geld ebenfalls locker. So leistete sich beispielsweise die Dresdner Bank, bei der sagenumwobenen Überweisung in Höhe von 6,7 Millionen Euro (an wen auch immer) unfassbare 5.025 Euro Bearbeitungsgebühren zu kassieren. Ich kenne ein paar Unternehmer, die ebenfalls solche Summen bewegen. Die hätten den Bankdirektor in einem solchen Fall garantiert ausnahmslos am Schlawittchen gepackt.

Ach so – fast hätte ich es vergessen: Gekostet hat die ganze Untersuchung den DFB eine Million Euro. Aber bei den Summen, die einem da um die Ohren fliegen, kommt es nun ja auch wirklich nicht mehr drauf an.

Fortsetzung möglich…