Erinnern Sie sich noch an den Namen „Gigabell“ ? Vor gut elfeinhalb Jahren, am 15.September 2000 wurde mit der Insolvenz dieses Unternehmens das Platzen der Börsenblase am sogenannten „Neuen Markt“ eingeläutet. Es war eine Zeit, in der die Gier bei vielen das Hirn gefressen hatte und die Anleger sich um Aktien rissen, bei denen Sie nicht einmal den Namen richtig buchstabieren konnten, geschweige denn das Geschäftsmodell dieser Firmen verstanden. In der heutigen Zeit dagegen frisst bei vielen Anlegern nicht die Gier, sondern die Angst das Hirn. Aber die jetzt seit gut drei Jahren andauernde extreme Niedrigzinsphase lässt den einen oder anderen, der sich geschworen hat „nie wieder Aktien !“ verzweifelt nach Alternativen suchen und so hat sich den vergangenen 1-2 Jahren ein reger Markt für sogenannte Unternehmens- bzw. Mittelstands-Anleihen entwickelt. Was ist das ? Ganz einfach erklärt: Sie leihen nicht dem Staat Ihr Geld, sondern einer Firma. Anstatt wie bei einem Bundesschatzbrief 1,5 % p.a., gibt’s dann jedes Jahr 7,5% Zinsen. So lautet z.B. ein aktuelles Angebot des Orangensaft-Produzenten „Valensina“. Das Spiel funktioniert aber nur so lange, wie auch genügend Orangensaft getrunken wird, damit „Valensina“ jedes Jahr die Zinsen zahlen kann, und –was noch viel wichtiger ist – in 5 Jahren auch die Anleihe wieder zurückzahlen kann, bzw. durch eine neue Anleihe ablösen kann.
Neben dem Fruchtsaftspezialisten kann man sein Geld aber auch an einen Bauern (KTG Agrar -6,75%), eine Fluggesellschaft (Air Berlin – 11%) oder einen Altenheimbetreiber (Senivita – 6,5%) verleihen. Natürlich sind auch die großen Konzerne wie z.B. Daimler, E.ON oder Siemens ständig mit Anleihen am Markt, hier liegt die Rendite aber mittlerweile nur leicht über der von Bundesanleihen. Das war vor drei Jahren noch anders. Im Frühjahr 2009 zahlte BMW beispielsweise noch 8,5% p.a. für eine Anleihe, da konnte man als Anleger „blind“ zugreifen.
Die zwei Grundprinzipien einer Anleihe, nämlich „Kapital-Sicherheit“ durch die garantierte Rückzahlung und „fixe Erträge“ durch die jährlichen Zinszahlungen funktionieren aber nur dann, wenn sich der Schuldner in einer wirtschaftlich guten Situation befindet. Deshalb sollten sich Anbieter nicht von 7, 8 oder 9% blenden lassen, die auf der Verpackung drauf stehen, sondern auch genau analysieren, was denn drin steckt. Wenn Sie sich jetzt als einfacher Anleger fragen: „Das kann ich alleine doch gar nicht beurteilen“, muss ich leider sagen „Stimmt !“ . Selbst mir fällt das manchmal schwer bei all den Anleihe-Angeboten, die momentan täglich in meinem E-Mail Postfach landen, wirklich bis ins letzte Detail durchzusteigen. Von daher gilt in diesem Bereich immer öfter der alte Grundsatz: „Die besten Geschäfte sind manchmal die, die von denen man die Finger gelassen hat.“ Wie zum Beispiel bei einer Anleihe des Windturbinen-Zulieferers SIAG Schaaf aus Dernbach bei Montabaur. In dieser Woche wurde bekannt, dass das Unternehmen mit immerhin bundesweit 1.800 Mitarbeitern Insolvenz anmelden muss. Im letzten Herbst wurden bei Investoren bundesweit 50 Millionen Euro für eine Anleihe mit einem Zinssatz von neun Prozent eingesammelt. Diese Investoren können jetzt mit den ehemaligen Aktionären der Gigabell „im Rudel heulen“ denn damit ist die erste Pleite im Markt für Unternehmensanleihen perfekt. Und das trotz eines von diesem Unternehmen noch kürzlich verkündeten angeblichen Rekord-Auftragseingangs im Jahr 2011. Meine Meinung dazu: Entweder sind die Verantwortlichen Flaschen oder Betrüger. Die „Gelackmeierten“ sind auf alle Fälle die Anleger. Das waren in diesem Fall keine Scha(a)fe, sondern wohl eher Hornochsen. Auf alle Fälle wird dieser Fall dafür sorgen, das auch im Bereich „Unternehmensanleihen“ manche Dinge künftig kritisch hinterfragt werden. Grundsätzlich ist das ja keine schlechte Form der Anlage. Doch auch hier gilt es neben der oben zitierten Weisheit auch Regel Nr. 2 zu beachten. Was für Immobilien „Lage,Lage,Lage“ ist, bedeutet für Anleihen „Streuung, Streuung, Streuung“. Am einfachsten und besten über einen gut gemanagten Fonds.