Ab dem 1. Juli können sich alle Investment-Sparer in Deutschland auf eine neue Regulierung freuen, die sich „Key Investor Information Document“ kurz genannt KIID nennt. Ziel dieser Aktion ist es, dass Geldanlegern in Deutschland (und ab 2012 EU-weit) auf 2-3 Seiten in Kurzform jedes Produkt genau beschrieben wird, wobei der Darstellung von Risiken naturgemäß der Großteil der zur Verfügung stehenden Informationsfläche gewidmet wird. Das Risiko eines jeden Fonds muss auf einer Skala von 1 (gering) bis 7 (hoch) dargestellt werden. Außerdem muss die Wertentwicklung eines Fonds über die letzten 10 Jahre (wenn es ihn denn so lange gibt) graphisch dargestellt werden.
Wenn ich die Pressemitteilungen zur Einführung dieses Standards lese, frage ich mich wie weltfremd sind denn die Leute, die sich so etwas ausdenken. Für jeden halbwegs seriös arbeitenden Finanzdienstleister muss es doch auch bisher eine Selbstverständlichkeit gewesen sein, dass er seinem Klienten auch bisher erklärt hat „bei der einen Anlage hast Du kein Risiko, kannst aber auch nur (aktuell) 1-2 % Ertrag im Jahr einstreichen und wenn Du mehr verdienen willst, gibt es das bei der Alternativ-Anlage eben nicht ohne jedes Risiko.“ Absolut positiv finde ich es, dass zumindest der Versuch gemacht wird, auch die Kosten einer Geldanlage transparent zu machen. Allerdings ist hier vieles Stückwerk geblieben und den Anbietern verbleibt ein gewisser Ermessensspielraum, welche Kosten ausgewiesen werden und über welchen Kosten der Mantel des Schweigens weiter hängen bleibt.
Wenn eine solche Vorschrift auch nur ansatzweise in der Versicherungsbranche zum Ansatz käme, könnten unsere Freunde von „Ergo,Hamburg-Mannheimer und Co.“ den Laden zusperren und in den Heilbädern der osteuropäischen Badeorte würde gähnende Leere herrschen, da jemand, der die Grundschuldisziplinen „Lesen“ und „Rechnen“ beherrscht, wohl kaum auf die Idee käme, sein Geld dann in einer Lebens- oder Rentenversicherung bei diesen „Brüdern“ anzulegen.
Aber die „bösen“ Bankberater und Investmentmanager geben seit der Finanzkrise 2008 ja ein medial sehr wirksames Feindbild ab, was man in der vergangenen Woche wieder sehr eindrucksvoll in einigen Talkshows sehen konnte. Man stelle sich einfach mal vor: Sie gehen in ein Restaurant, lassen sich die Speisekarte geben und dann sagt der Kellner „Ich muss Sie jetzt erst einmal belehren, welche Erkrankungen und Vergiftungen sie sich im schlimmsten Fall zuziehen können, wenn Sie jetzt ein Schnitzel bestellen. Bitte lesen Sie diese fünf Seiten durch und unterschreiben Sie rechts unten auf der letzten Seite, dass ich Sie über alle Risiken belehrt habe, dann kann ich Ihre Bestellung weiterleiten. Sollten Sie allerdings Fisch essen, muss ich Ihnen das Formular B holen und für die Crème-Brûlée zum Nachtisch gibt es noch das Zusatzformular „CB-8“, und wünschen Sie einen Espresso muss ich Sie mit dem Formular „E-10“ über die Nebenwirkungen von Koffein aufklären.“
Normalerweise müsste man sagen: „Ilse (Aigner) es reicht !“ aber es gibt ja wohl anscheinend einen Grund, warum der Gesetzgeber gerade in der Finanzbranche so weit gehen muss. Über das Thema Geld Bescheid zu wissen gilt als „uncool“ schreibt das Handelsblatt am 21.6. in Anlehnung an eine Studie der Marktforschungsgesellschaft Forsa, die im Auftrag der Volksbanken 500 repräsentative Anleger befragte. Vor allem junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren lehnen es zunehmend ab, sich mit diesem Thema zu befassen. Jetzt kann man die zwar in Schutz nehmen und sagen „seit 10 Jahren reiht sich ja in der Finanzindustrie ein Skandal an den anderen und 2 große Börsencrash in den letzten 10 Jahren haben dem Vertrauen der Anleger einen Knacks gegeben“, aber das kann man, wenn sich mal etwas näher mit den Zahlen auseinandersetzt, so nicht stehen lassen.
Der vom Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) quartalsweise veröffentlichten Statistik, kann man entnehmen, dass ein Anleger der 100 Euro monatlich in den letzten 20 Jahren in einen stockkonservativen deutschen Aktienfonds eingezahlt hat, sich per 31.3 über ein Guthaben von 44.549 € (entspricht einer Rendite von 5,8% p.a.) freuen konnte. Dehnt man den Zeitraum auf 30 Jahre aus ergibt sich ein Guthaben von 126.597 € (was sogar einer Rendite von 7,4% p.a.) entspricht. Und je länger man den Zeitraum wählt, um so wahrscheinlicher wird es, dass man auch künftig diese Ergebnisse erzielt. So schlecht waren also die letzten 20 bzw. 30 Jahre gar nicht und ich kann allen „Twens“ nur empfehlen einmal das Thema „Altersarmut“ zu „googlen“, dann müsste das Interesse an Finanzthemen eigentlich schlagartig zunehmen. Altersversorgung heisst nämlich nichts anderes, dass man, wenn man nicht mehr arbeitet, einen Kapitalstock zur Verfügung hat, der die Differenz zwischen Rente und Arbeitseinkommen ausgleicht. Und wenn ich 1.000 € Rente bekomme, aber vorher 2.500 € verdient habe, braucht man einen entsprechend „dicken Haufen“ von dem man jeden Monat, solange man lebt, diese Differenz abziehen kann. Und will man 25 Jahre von der „Rente“ leben, reden wir bei einem Anlagezins von 3% immerhin über einen Kapitalstock von knapp 300.000 €, bei 7% braucht man aber nur etwas mehr als 200.000 €. Ich befürchte nur, dass die neuen Regularien, den einen oder anderen, der das erkannt hat und „Sparwillen“ zeigt, dann ganz schnell in den Konsum treibt. Im Gegensatz zum Finanzmarkt ist das oben Geschilderte im Restaurant noch Fiktion. Der Mensch will doch Spass haben und nicht dauernd hören wie riskant das Leben ist und welche Gefahren überall lauern. Normalerweise gibt es ein Gesetz, welches lautet: Jeder Markt reguliert sich selbst und schwarze Schafe werden früher oder später von der Bildfläche verschwinden. Anscheinend ist aber die Mehrzahl der Bürger in finanziellen Dingen dermaßen von Blindheit gesegnet, dass die Politiker hier wie im Kindergarten bis ins kleinste Detail alles regeln müssen. Leider…