In der vergangenen Woche geriet das Thema „Riester-Rente“ einmal mehr in die negativen Schlagzeilen. Vor gut einem halben Jahr kamen(was auch an dieser Stelle kommentiert wurde) Schätzungen ans Licht, nach denen jeder vierte Sparer vergisst, die staatliche Zulage zu beantragen. Jetzt konnte man in der Presse nachlesen, dass von den Sparern, die die Zulage bekommen haben, insgesamt Mittel in Höhe von 500 Millionen Euro zurück gezahlt werden müssen, da in vielen Fällen die Voraussetzung für die Gewährung der Zulage nicht (oder nicht mehr) erfüllt waren.
Jetzt muss man wissen, dass die Riester-Rente nur in Verbindung mit der staatlichen Zulage, – wenn überhaupt –einen sinnvollen Beitrag zur Altersversorgung liefern kann. Ohne Zulage käme kein vernünftiger Mensch auf die Idee so etwas abzuschließen, da man (und diesen Nachteil stellt natürlich kein Anbieter ins Schaufenster) VERSTEUERTES Geld einzahlt und in der Auszahlungsphase dann dieses Geld ein zweites Mal versteuern darf. Außerdem gibt es kaum ein Finanzprodukt, bei dem die Abschlusskosten ähnlich hoch sind. Aber damit sind auch gleichzeitig die zwei entscheidenden Schwachpunkte auf dem Tisch.
Erstens: Die „Riester-Rente“ ist viel zu kompliziert aufgebaut. Der normale Bürger ist mit der Komplexität dieses Produkts überfordert. Zumal hier eine ständige Überprüfung und Anpassung in verschiedenen Lebensphasen notwendig ist. Die Rückzahlung der o.g. Prämien resultiert zu einem großen Teil aus dieser Problematik, wo die Sparer – mangels Betreuung und Beratung – nicht darauf hingewiesen wurden, dass Sie aktiv werden müssen, sei es bei der Beantragung der Zulage oder der Einzahlung eines Mindestbeitrags.
Zweitens: Die Zahlung von hohen Abschlussprovisionen schafft zwar Anreize für den Verkäufer dieses Produkts, aber der Kunde bleibt dabei oftmals auf der Strecke. Leider gibt es nach wie vor im gesamten Finanzmarkt viel zu wenige Akteure, die eine dauerhafte intensive Kundenbeziehung, dem schnellen Abschluss vorziehen.
Was nutzt mir denn ein Vertreter oder Bankberater, der mir in höchsten Tönen von der ach so tollen „Riester-Rente“ vorschwärmt, aber dann kommt kein Hinweis darauf, dass man zur Zulagen-Beantragung ja auch noch ein Formular ausfüllen muss. Und wenn sich beim Kunden dann nach einigen Jahren durch eine familiäre Änderung Anpassungsbedarf ergibt, ist der Berater, der den ursprünglichen Vertrag abgeschlossen und die Provision kassiert hat, leider nicht mehr für den Anbieter tätig und die Motivation des dann zuständigen Mitarbeiters hält sich in Grenzen, weil der seine Serviceleistung nicht oder nur kaum vergütet bekommt. Für mich sind Riester – (und noch schlimmer) Rürup-Rente Paradebeispiele dafür, wie sich Politiker vor den Karren von Lobbyisten (in diesem Fall der Finanzindustrie) spannen lassen und Gesetze auf den Weg bringen, die in vielen Fällen Schaden anrichten und nur einem überschaubaren Kreis von Leuten Vorteile bringen. Wenn ich dann noch mit ansehen muss, wie der Namensgeber dieses ganzen Durcheinanders (immerhin ein ehemaliger Arbeitsminister) zu Werbezwecken bei Veranstaltungen eines Strukturvertriebs auftritt und jede Frage in die Richtung „was er denn dafür bekommt“ mit hochrotem Kopf entrüstet zurück weist (wie unlängst in der ARD-Sendung „Panorama“ zusehen war), ist das wohl an Heuchelei nur schwer zu toppen.
Ob gerade in der heutigen Zeit ein Politiker ein idealer Werbeträger für ein Finanzprodukt ist, darüber kann man ja streiten oder besser noch schmunzeln. Dass sich aber ein Politiker, der als Mitglied des Bundestags und Minister maßgeblich für die Gesetzgebung verantwortlich war, von einem der Hauptprofiteure eines Gesetzes, zwar nicht während, aber dann nach seiner Amtszeit bezahlen lässt, ist in meinen Augen ein Skandal.
Mein Rat an alle Verantwortlichen: Macht die Produkte einfach und verständlich. Wenn Anleger bzw. Kundenschutz dazu führt, dass beispielsweise für einen simplen Haftplichtversicherungsantrag mit 50 € Jahresprämie 27 Seiten Papier ausgedruckt werden müssen, um sämtliche AGBs und Ausschlüsse gegenüber dem Kunden zu dokumentieren (die dann natürlich kein Mensch liest), wird das Ganze ad absurdum geführt. Und diese ganze Provisions-Zillmerung gehört in meinen Augen verboten. Wer käme denn bei gesundem Menschenverstand auf die Idee seinem Zahnarzt oder Friseur für die nächsten 30 Jahre das Geld für alle Behandlungen bzw. Haarschnitte im Voraus zu bezahlen ?
Nichts anderes macht aber der Riester-Kunde. Einfach mal drüber nachdenken…