Ohne Zweifel: Die Dreifachkatastrophe (Erdbeben, Tsunami und radioaktive Verstrahlung), die den Nordosten Japans seit gut 3 Wochen heimsucht, brachte unsägliches Leid über zehntausende, wenn nicht sogar hundertausende von Menschen und wird als eines der größten Unglücke in der Nachkriegszeit ihren dauerhaften Platz in den Geschichtsbüchern finden.
Allerdings habe ich mich in den letzten Wochen mehr als einmal gefragt „Ist das Unglück eigentlich in Japan (und damit gut 10.000 KM entfernt) passiert oder vielleicht doch in Deutschland ?“. Wenn ich lese, dass in Deutschland Geigerzähler und Jodtabletten ausverkauft sind, besteht offenbar ein erhebliches Defizit an Geographie-Kenntnissen. Ich gehe nicht davon aus, dass die Leute die Bestände aufgekauft haben, um diese dorthin – wo Sie gebraucht werden, nämlich nach Japan – zu spenden.
Was mich allerdings überrascht hat, so mein zumindest subjektiver Eindruck der Berichte aus Japan, ist die stoische Ruhe und Disziplin, ja fast Gelassenheit, wie das japanische Volk mit dieser Katastrophe umgeht. Anscheinend herrscht dort eine völlig andere Mentalität als in Deutschland. Wenn ich daran denke, welche Aufruhr kürzlich in unserer Region durch ein relativ harmloses Rumpeln – dieses als Erdbeben zu bezeichnen, ist ja fast eine Beleidigung für diesen Begriff – entstand, zeigen die Bilder aus Japan in erschütternder Weise, welche Kräfte bei diesem Jahrhundert-Beben freigesetzt wurden. Und trotzdem – so scheint es – fügt sich der Japaner klaglos seinem Schicksal. Für den in den vergangenen Wochen in den deutschen Medien inflationär gebrauchten Begriff „Apokalypse“ gibt es in der japanischen Sprache keine Übersetzung und die Tatsache, dass sich Leute freiwillig zur Verfügung stellen, um im radioaktiv verseuchten Kraftwerk zu versuchen das Allerschlimmste zu verhindern, ist in Deutschland undenkbar.
In den Print- und Online-Medien jedenfalls haben die Schlagzeilen um abgewählte Politiker, oder die zahlreichen Trainerwechsel in der Fussball-Bundesliga mittlerweile die Geschehnisse in Japan von der Top-Position verdrängt. Das ist um so paradoxer, da wohl offenbar in der vergangenen Woche der sogenannte „Super-Gau“, nämlich eine grossflächige radioaktive Verstrahlung aufgrund einer Kernschmelze eingetreten ist. Nachdem 14 Tage lang fast jedes Nachrichten-Portal (ob „bild.de“, „welt.de“ oder „spiegel.de“) einen Live-Ticker geschaltet hatte, der rund um die Uhr aktuelle Nachrichten aus dem Kraftwerk in Fukushima sendete, habe ich aktuell den Eindruck, dass die Präsenz dieses Themas in den Medien stark rückläufig ist, um es vorsichtig auszudrücken.
Einen Bereich gibt es allerdings, der diese Katastrophe anscheinend bereits völlig abgehakt hat und wo schon wieder nach vorne in die Zukunft geschaut wird. Nachdem der DAX in der Woche nach dem Erdbeben relativ schnell um 10% „abgestürzt“ war, konnte der Börsenindex in der vergangenen Woche mit Leichtigkeit wieder die Marke von 7.000 Punkten überspringen und steht damit fast exakt wieder auf dem Stand wie vor dem Beben. „Was kaputt ist, muss auch wieder aufgebaut werden und das sorgt in der Wirtschaft für zusätzliche Aufträge“ hört man als Begründung unter den Börsianern.
Positiv nach vorne zu schauen und zu überlegen „wie geht’s weiter ?“ ist definitiv die bessere Strategie, anstatt zu jammern „wie schlimm doch alles ist“ den Kopf in den Sand zu stecken und aus Angst vor dem Tod Selbstmord zu begehen.
Leider gibt es in Deutschland zu wenige, die mit dieser Einstellung durchs Leben gehen. Die Angsthasen sind in unserem Land – das haben die letzten Wochen eindrucksvoll bestätigt – eindeutig in der Überzahl.
Eine interessante Erkenntnis habe ich in den letzten 3 Wochen ebenfalls gewonnen.
In jeder Krise gibt es den ein oder anderen Investor, der nervös wird und sich mit Verkaufsgedanken trägt. In den beiden letzten größeren Krisen (Finanzmarkt-Krise 2008 und jetzt Japan) haben sich 7 von unseren insgesamt 1.000 Kunden aus dem Aktienmarkt verabschiedet. Vier von diesen Sieben tragen die Berufsbezeichnung „Lehrer“. Wenn ich dann lese, dass in einer Umfrage, die vom Mineralölkonzern Shell jährlich in Auftrag gegeben wird, das Image von Aktien bei Jugendlichen knapp über dem von Drogen rangiert, mache ich mir so meine Gedanken.
Liebe Pädagogen, ich würde mich freuen, wenn Ihr mich in Zukunft eines Besseren belehrt…