700.000 € (in Worten: siebenhunderttausend) hat eine ehemalige Bankangestellte an der Börse „verspielt“ und ihren Arbeitgeber mit der Begründung „sie wäre spielsüchtig und die Bank hätte die Geschäfte verhindern müssen“ auf Schadensersatz verklagt. So war es jedenfalls vergangene Woche in der lokalen Presse zu lesen.
Unabhängig von der Tatsache, dass man angesichts eines solchen Schritts dieser Frau nur mit dem Kopf schütteln kann und ich mich frage „wie schlecht muss es einem Anwalt gehen, so ein Mandat anzunehmen“, war es für mich alleine berufsbedingt schon interessant, sich mal etwas näher mit dieser Meldung zu befassen.
In dem besagten Zeitungsartikel war nämlich zu lesen, daß die Frau seit dem Jahr 1989 ein Wertpapierdepot besaß, mit dem durchaus erfolgreich gewirtschaftet wurde. Erst als dann ab dem Jahr 1999 zunehmend riskantere Optionsgeschäfte getätigt wurden, setzten Verluste ein, die sich dann in den folgenden Jahren auf den o.g. Betrag summierten.
Dem in Finanzdingen vielleicht nicht so versiertem Leser sei an dieser Stelle gesagt, dass zwischen einem „normalen“ Aktienkauf und einem sogenannten „Termin- oder Optionsgeschäft“ Welten liegen. Bei einem „normalen“ Aktienkauf beteilige ich mich an einem Unternehmen und werde mit allen Rechten und Pflichten Miteigentümer. Hier gilt übrigens nicht der oft im Zusammenhang mit Börsengeschäften zitierte Satz „Das Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer“. Nehmen wir den DAX als Beispiel, beträgt das Vermögen aller DAX-Aktien bei einem Stand von 7.000 Punkten etwa 750 Milliarden € . Steigt der DAX um 10% steigt auch das Vermögen der Aktionäre um 75 Milliarden €, genauso wie es im Falle der Abwärtsbewegung schmilzt.
Anders sieht es beim Termin- bzw. Optionsgeschäft aus. Hier wetten 2 Kontrahenten, dass sich eine Aktie innerhalb einer gewissen Zeit in eine bestimmte Richtung bewegt. Hier gibt es immer einen Optionskäufer, der darauf wettet, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt und einen „Stillhalter“, der dagegen hält. Statistisch ist es erwiesen, dass in 90% aller Fälle der „Stillhalter“ als Gewinner aus dieser Wette hervorgeht (das ist ungefähr mit der Rolle der Bank im Casino zu vergleichen) und in diesem Bereich ist es tatsächlich so, dass das, was der eine verliert, der andere als Gewinn einstreicht.
Jetzt leben wir ja in einem freien Land und jeder kann mit seinem Geld machen, was er will, aber Freiheit bedeutet auch Verantwortung und Verantwortung heißt aber gleichzeitig auch für Fehlentscheidungen gerade zu stehen.
Der Gesetzgeber hat in diesem Bereich klare rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen. Wer in das „Haifischbecken“ Terminmarkt hinabsteigt, muss gegenüber seiner Bank klar und deutlich erklären, dass er die Bedingungen dieses Geschäfts verstanden hat und akzeptiert, dass er auch einen Totalverlust erleiden kann.
Und damit sind wir an einen Punkt, wo ich ganz klar sage: Die Frau hat genau gewusst, auf was sie sich eingelassen hat. Aber sagen zu können „Ich habe Mist gebaut und übernehme die Verantwortung dafür“ ist eine Eigenschaft, die den meisten Menschen in diesem Land fehlt.
Mittlerweile treten ja bei fast jedem Strafprozess Gutachter auf, die dem Angeklagten dann eine schwere Kindheit bescheinigen, die es anscheinend rechtfertigt jemanden umzubringen oder eine aufgrund durch die Umwelt ausgelöste Depression und damit verbundene Alkoholkrankheit wird zu einem „Freifahrtschein“ für jegliche Art von Straftaten.
Jetzt reden wir in dem oben beschriebenen Fall ja nicht von einer Straftat , da in diesem Fall ja nur das eigene Geld „verbrannt“ wurde, aber die Tatsache zu versuchen Andere dafür verantwortlich zu machen tendiert im Prinzip in die gleiche Richtung.
Verantwortlich für diese Entwicklung war einzig und allein die Gier und vielleicht auch ein etwas ausgeprägter Spieltrieb, aber dafür kann außer dem Beteiligten selber, niemand etwas.
Als Fazit dieser Geschichte kann ich jedem Anleger nur raten: Sorgen Sie dafür, dass die Gier niemals das Hirn frisst. Und lassen Sie die Finger von Optionsgeschäften, das ist definitiv nur ein Geschäft für Profis. „Hätt ich doch einfach weiter nur „normale“ Aktien gekauft“, werden die wahren Gedanken der Betroffenen sein. Aber die Herren „hätt ich“ und „wenn ich“ sind nun mal die größten Feinde des langfristig erfolgreichen Anlegers, so jedenfalls lautet eine alte Börsenweisheit
Ich hoffe nur, dass noch etwas von dem Geld der Frau übrig ist, damit für solch einen schwachsinnigen und unnötigen Prozess nicht die Allgemeinheit auch noch bezahlen muss.