Weihnachtsgeschenk oder Osterei ?

5 April 2010 von Max Kommentieren »

Ein altes Börsensprichwort lautet: „There is no free lunch at the market“ was übersetzt in etwa heißt: „Es wird nichts verschenkt auf dieser Welt.“

Oder etwa doch ?

Seit einigen Monaten spielt sich unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit an den Kapitalmärkten ein Spiel ab, daß die o.g. Weisheit doch zumindest stark in Frage stellt.

Wie das „Handelsblatt“ vor einigen Wochen berichtete, nahmen die Lebensversicherungsunternehmen in Deutschland im vergangenen Jahr knapp 24 Mrd. € an Beitragszahlungen ein.

Davon entfielen ca. 4 Mrd. € auf sogenannte „Kapitalisierungsgeschäfte“, was nichts anderes bedeutet, dass die Versicherungsunternehmen am Markt wie eine Bank auftreten und man sein Geld in dieser Form nicht langfristig, sondern monatlich kündbar anlegen kann.

Ab einer gewissen Mindestanlagesumme gibt es Gesellschaften, die Zinssätze von über 4% p.a. ausloben.

Wenn man sich die Zinssätze für variable bzw. kurzfristige Darlehen anschaut, die z.Zt. bei  guter Bonität für unter 2% zu bekommen sind, haben wir hier eine Konstellation, wo das bekannteste Gesicht Deutschlands sagen würde „Jo ist denn heut scho Weihnachten ?“.

30 Mio € für 4% sicher angelegt und für 2 % finanziert macht einen risikolosen Gewinn von 600.000 €, ohne dass man auch nur einen Cent dafür eingesetzt hat.

Da lohnt es sich schon, für so ein Geschäft eine Zweck-Gesellschaft zu gründen, die sich bei einer Bank 30 Mio € für 1 Jahr leiht, der XY-Versicherung die 30 Mio € hingibt und das Geld dann nach 1 Jahr wieder abzieht.

Warum machen die Versicherungen das und wer zahlt denn die Zeche ?

(bei 4 Mrd € Gesamtvolumen geht es immerhin um einen Betrag von 80 Mio € p.a.)

Für mich gibt es 2 Gründe:

Zum einen scheint es Versicherungsgesellschaften zu geben, die dringend auf frisches Kapital angewiesen sind, weil Sie vielleicht durch die Finanzkrise stärker getroffen sind, als sie öffentlich zugeben. Und wenn man dringend Kapital braucht (das zeigt das aktuelle Beispiel Griechenland), dann muss man eben mehr Zinsen zahlen, als jemand, der nicht in dieser Notlage ist.

Oder die Versicherungsmanager haben es nicht mitbekommen, daß die Zinsen mittlerweile auf deutlich unter 4% gefallen sind, was ich (bei allem „Respekt“ den ich vor diesen Herren habe) doch eher für unwahrscheinlich halte.

Die Zeche zahlt auf alle Fälle der Versicherungskunde der treu und brav über die Jahre seine Beiträge einzahlt. Ich wage an dieser Stelle die Prognose, daß viele von Ihnen in den kommenden Jahren beim Ablauf Ihres Vertrages ein Schreiben im Anhang finden werden, wo sinngemäß drin stehen wird:

Leider konnten wir aufgrund der Gegebenheiten am Kapitalmarkt die Ihnen ursprünglich versprochene Verzinsung von 6% nicht einhalten, freuen uns aber, Ihnen heute mitteilen zu können, daß wir wenigstens Ihr Kapital erhalten konnten.

Aber – und das ist für mich der entscheidende Kritikpunkt – es wird Ihnen nicht offengelegt werden, warum das so ist !

Ein kleiner Ausflug in die Zinseszinsrechnung zeigt die dramatischen Auswirkungen dieser Entwicklung: 100 € über 30 Jahre monatlich eingezahlt, ergeben bei 6% p.a. eine Ablaufleistung von ca. 98.000 €, bei einer Halbierung der Verzinsung auf 3% reduziert sich die Auszahlung auf 58.000 €.

Fazit: Für einige Großinvestoren, die die aktuelle Situation ausnutzen, ist in der Tat schon Weihnachten, aber die meisten Versicherungskunden bekommen aktuell ein „schönes Osterei“ ins Nest gelegt.

Aber es liegt nur bei Ihnen, ob Sie diesen „verrückten Hühnern“ weiter ihr Futter hingeben, oder ob Sie es denen geben, die vor der Anlageentscheidung auch das Hirn einschalten.

Frohe Ostern