Als professioneller Beobachter des Börsengeschehens lassen wir es uns nicht nehmen 1-2 Mal im Jahr auch eine sogenannte Hauptversammlung zu besuchen.
Vom Ansatz her kann man das vergleichen mit der jährlichen Generalversammlung des örtlichen Sport- bzw. Gesangsvereins.
Der Vorstand legt Rechenschaft ab, wie die Geschäfte laufen und die Mitglieder (in diesem Fall die Aktionäre) segnen in der Regel alle Vorschläge ab. Damit die ganze Veranstaltung nicht zu harmonisch abläuft, sorgen manchmal ein paar Berufsnörgler und Selbstdarsteller mit kritischen Fragen oder lustigen Kommentaren dafür, dass die Beteiligten bei der ganzen Veranstaltung nicht einschlafen und am Ende der Veranstaltung haben sich alle lieb und es geht ans Büffet bzw. an die Tränke.
So lief es wohl auch jahrelang beim (einstmals) profitabelsten Autohersteller der Welt, der Porsche AG in Stuttgart ab.
Dann kam man im Jahr 2005 auf die Idee den Volkswagen-Konzern zu übernehmen, um u.a. Zugriff auf dessen Barreserven in 11-stelliger Höhe (> 10 Milliarden €) zu bekommen.
Dies geschah mit Hilfe einer bis Mitte letzten Jahres von allen Experten als genial eingeschätzten Strategie, nämlich nicht direkt VW-Aktien zu kaufen, sondern sich über Optionen (die nur einen Bruchteil des Kapitaleinsatzes erfordern) Zugriff auf VW-Aktien zu sichern.
Durch eine geschickte Informationspolitik und immer wieder gezielt gestreute Gerüchte wurde der Kurs der VW-Aktie so künstlich nach oben getrieben und bescherte den Porsche Aktionären in den Jahren 2006-2008 satte Gewinne und dem seinerzeitigen Vorstand, der einen ebenso genialen Vertrag für sich ausgehandelt hatte, einen Bonus von über 100 Mio €, was ihn zum bestbezahltesten Manager der Republik aufsteigen ließ.
Doch dann passierte etwas, was bis heute eigentlich niemand so richtig verstanden hat. Einer der Hauptaktionäre von Porsche (gleichzeitig auch Aufsichtsratsvorsitzender von VW) zweifelt im vergangenen Frühjahr öffentlich an der Kreditwürdigkeit von Porsche und bekennt bei der ganzen Transaktion den Überblick verloren zu haben. Dieser Paukenschlag führt dazu, dass die Banken, die die Übernahme finanzieren sollten, nervös werden und VW wie in einem klassischen Boxkampf seinerseits zum Gegenschlag ausholt und die wankende Porsche AG übernimmt.
Jetzt sitzen die Porsche-Aktionäre wie gerupfte Hühner in Ihrer eigenen Halle (ein Verlust von 3,6 Mrd € sorgte dafür, dass sich der Aktienkurs in den vergangenen 18 Monaten halbierte) und der vergangene Freitag ist ein Musterbeispiel dafür, dass das Aktienrecht in Deutschland dringend reformiert gehört.
In jeder Generalversammlung wäre ein Vorstands- oder Beiratsmitglied geteert und gefedert vom Hof gejagt worden, wenn es, wie im Fall Porsche geschehen, durch bewusst getätigte Äußerungen in der Öffentlichkeit die Solidität des Vereins in Frage stellt.
Hier sitzt der Verursacher seelenruhig auf dem Podest lässt das Fragen-Stakkato von Anwälten und Aktionärsschützern ungerührt an sich abprallen bzw. von seinen Vasallen vorgefertigte Erklärungen verlesen.
Als Krönung des Ganzen darf er dann auch noch mit seinen eigenen Stimmen zu seiner eigenen Entlastung beitragen, nachdem er zuvor eine Großteil der Debatte im eigens abgesperrten firmeneigenen Restaurant verbracht hatte.
Fürs gemeine Volk gab es übrigens Würstchen, Maultaschen und eine großzügige Dividende von 0,05 € pro Aktie.
Den Spruch des Tages lieferte ein altgetreuer Aktionär, der gemeinsam mit mir die Halle verließ und meinte: „un isch hänn dacht, dasch es die Mafia nur in Italie geebet“…