Archiv für Januar 2010

Oettinger und Oscar Wilde

31 Januar 2010

In der vergangenen Woche veröffentlichte das Deutsche Aktien Institut (DAI) in seiner alljährlichen Pressekonferenz die Anzahl der Aktienbesitzer in Deutschland.

Insgesamt 8,8 Mio Bundesbürger waren per Ende 2009 in Aktien oder Aktienfonds investiert, während es 1 Jahr zuvor noch 9,3 Mio Aktienbesitzer gab.

Ein von denen, die nicht mehr zum Kreis der Aktienanleger zählen, ist der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident und designierte EU-Kommissar Günther Oettinger, der sich laut Presseberichten von seinen „Aktienpaketen“ im Wert von 100 Daimler-, 80 Post- und 100Telekom-Aktien trennte.

Abgesehen davon, dass es sich dabei um Wertpapiere in einer Größenordnung von 5.700 € handelt (unter „Paketen“ stelle ich mir andere Hausnummern vor) ließ mich vor allem die Begründung des Politikers aufhorchen.

„Es war mir zu mühselig das alles (bei der Steuer) anzugeben, deshalb habe ich die Pakete verkauft und das Geld auf ein Sparbuch gelegt“.

Alleine für diesen Spruch gebührt Herrn Oettinger die große Verdienstmedaille des schwäbischen Sparkassen und Giroverbands…aber im Ernst:

An den Stammtischen würde man sagen: „Hat der se noch alle ?“

Wie kann ich mich denn als Politiker hinstellen und sagen die Steuergesetzgebung ist mir zu kompliziert, von daher verzichte ich auf nachweislich rentable Anlagen und lege das Geld aufs Sparbuch ? Wobei jeder, der sich halbwegs mit Geldanlagen beschäftigt, weiß, dass das mit Sicherheit nicht unbedingt die langfristig rentabelste Sparform darstellt.

Wer hat denn die Steuergesetze gemacht Herr Oettinger ?

Wenn ich Begriffe höre wie „negativ thesaurierte Zwischengewinne“ oder „beschränkte Verlustverrechnung im Erträgnistopf 1“ frage ich mich, welche Probleme muss ein Mensch haben, der sich so etwas ausdenkt.

Es wird allerhöchste Zeit, das das Wort „Reform“ insbesondere bei der Besteuerung von Kapitalerträgen endlich einmal in die Tat umgesetzt wird. Mit der im Jahr 2009 eingeführten Abgeltungssteuer wurde in diesem Bereich ein Bürokratiemonster geschaffen, das nicht nur den Normalbürger, sondern auch viele aus dem direkt mit diesem Bereich eigentlich vertrauten Umfeld (Anlageberater, Steuerberater und auch Finanzbeamte) mit seinen vielen Detailregelungen definitiv überfordert.

Ganz zu schweigen von den 622 Abgeordneten des deutschen Bundestags, die diesen Mist zu verantworten haben, der uns allen da vorgesetzt wurde.

Aber zurück zu Herrn Oettinger: Ich habe es an dieser Stelle bereits einmal in einem anderen Zusammenhang gesagt. Wenn ich einen Pensionsanspruch in monatlich fünfstelliger Höhe habe, muss ich mir um meine Altersversorgung keine Gedanken machen sondern ich kann zur Not auch mein ganzes Geld verschenken und trotzdem später ein sorgenfreies Leben führen.

Wer dieses Privileg aber nicht genießt, muss darauf achten, dass er seine Spargroschen möglichst rentabel anlegt, damit daraus im Alter ein Vermögen wird mit dem man die (definitiv !)kümmerliche gesetzliche Rente aufbessern kann..

Mit dem Sparbuch kommt man da nicht weit.

Das eingangs zitierte Deutsche Aktien-Institut (ein Blick auf die Homepage www.dai.de lohnt sich)  leistet auf diesem Feld übrigens hervorragende Arbeit, was die Herausstellung der langfristigen Vorteile einer regelmäßigen Aktienanlage gegenüber anderen Sparformen angeht.

Zu unserem „Freund“ Günther Oe. aus dem Schwabenland fällt mir dagegen in diesem Zusammenhang eines meiner Lieblingszitate von Oscar Wilde ein:

„Gesegnet sind die, die nichts zu sagen haben – und den Mund halten“

Und wenn Ihnen das alles zu kompliziert ist: Es soll auch gute Fonds geben, die Ihnen die Arbeit abnehmen. Sie erhalten eine einzige Steuerbescheinigung und damit ist der Verwaltungsaufwand genau so hoch wie beim Sparbuch…

Neues aus dem Tower: Daisy, Lothar und die Schweinegrippe

19 Januar 2010

Ging es Ihnen auch so?

In den letzten 2 Wochen habe ich mir oft gedacht: „Leute wenn Ihr nicht wisst, was Ihr schreiben sollt, dann lasst doch die Zeitung einfach mal ausfallen“.

Für Journalisten müssen die sogenannten „Sommerlöcher“ grausam sein, muss man  doch in der nachrichtenarmen Zeit auf Gedeih und Verderb „Lesestoff“ produzieren.

Wenn ich mir jedoch anschaue mit welcher Hysterie der „Jahrhundertschneesturm“ Daisy in der vergangenen Wochen über die Medien angekündigt wurde, habe ich mich in die „besten Zeiten“ der Finanzkrise im Herbst 2008 zurück gesetzt gefühlt.

Ich will gar nicht wissen wie viele Meetings, Termine und Veranstaltungen am vergangenen Wochenende aufgrund der prognostizierten Wetterlage verschoben wurden oder gar ausgefallen sind.

Und als es dann soweit war…wenn man nicht gerade in den nördlichen Regionen Deutschlands unterwegs war, war es ein ganz normales Winterwochenende.

Es hat ein bißchen geschneit und zum Leidwesen aller Windkraft-Investoren verkümmerte der prognostizierte Wintersturm zu einem lauen Lüftchen.

„Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“ könnte das Fazit dieser Aktion lauten, aber man konnte wieder einmal ein Paradebeispiel studieren, mit welchem Einfluss die Medien den Menschen Angst einflößen können bzw. die Stimmung manipulieren können.

Jeder, der halbwegs in der Lage ist, das ganze „Spiel“ mit einer gewissen nüchternen Distanz zu betrachten, ist klar im Vorteil. Im Fall „Daisy“ waren es unter anderem ein paar clevere Investoren, die sich rechtzeitig mit der „Streusalz-Aktie“ Kali & Salz eindeckten, die in der ersten Januar-Woche um satte 17% zulegen konnte.

Ein anderes Beispiel gefällig:

Kaum ein Tag verging in den letzten Monaten des alten Jahres, wo nicht über irgendeinen Fleck auf der Welt berichtet wurde, an dem die gefürchtete „Schweinegrippe“ ausgebrochen ist. Ich bin kein Mediziner, aber diejenigen mit denen ich gesprochen habe, konnten mir die in den Medien verbreitete Einschätzung, dass wir vor einer weltweiten Pandemie stehen (schlimmer als Pest und Cholera zusammen), nicht unbedingt bestätigen.

Die für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesländer haben dann insgesamt 50 Mio Impfpackungen bestellt, wovon bisher 6 Mio zum Einsatz gekommen sind.

„Man hoffe, dass sich noch ein paar Leute impfen lassen“ hieß es Anfang dieser Woche in Presseberichten. Jedem Einkäufer oder Logistikexperten dürften angesichts einer solchen dilettantischen Vorgehensweise die Haare zu Berge stehen. Aber die, die bestellt haben, müssen es in diesem Fall ja nicht bezahlen.

Der Gewinner der ganzen Aktion heißt Glaxo Smithkline, ein britischer Pharma-Riese, der den Impfstoff gegen die Schweinegrippe herstellt und vertreibt.

Gut 30% Kursplus stehen im letzten halben Jahr zu Buche.

Man kann sich das ja mal „bild“lich vorstellen. Vor dem Start des nächsten Oktoberfestes berichten die Boulevard-Zeitungen über einen möglichen Versorgungsengpass beim „flüssigen Brot“.

Welcher normale Mensch kommt dann auf die Idee sich zum Wiesn-Auftakt dann vorsorglich mal mit 20 Maß (sozusagen die Wochenration) einzudecken?

Womit wir dann beim Thema „Bayern“ den richtigen Übergang zum „ 3. Liebling der Medien“ haben.

Nachdem unser Rekordnationalspieler schon zu Beginn des Jahres 2009 mit seiner überraschenden Hochzeit den Gazetten die „Saure-Gurken-Zeit“ der ersten Januarwoche zu füllen half, war es jetzt die ebenso überraschende Trennung von seiner mittlerweile 4. Frau.

Ein gefundenes Fressen für den Boulevard und für mich ist es immer interessant zu sehen, wer dann meint irgendwelche Kommentare dazu abgeben zu müssen.

Im Gegensatz zu Schweinegrippe und Daisy sehe ich hier allerdings weit und breit keinen Gewinner…

Von Propheten und Kaffeesatzlesern

17 Januar 2010

Für alle „Finanzexperten“ ist die alljährliche Handelsblatt-Umfrage zu den Erwartungen für das kommende Jahr sozusagen das Non-Plus-Ultra oder auf Deutsch „die Mutter aller Prognosen“.

Die Chefanalysten der 40 größten Banken, oder besser sollte man sagen, die Analysten-Teams, versuchen in dieser Umfrage nicht nur den Jahresschlussstand von Aktien (DAX), Zinsen (10-jährige Bundesanleihen) und Währungen (Verhältnis Euro/US-Dollar und USDollar/Yen, sondern auch (sonst wäre das für diese Koryphäen ja zu einfach) auch die Jahreshöchst- bzw. Jahrestiefststände  vorherzusagen.

Wenn man sich dann in einer ruhigen Minute mal die Vorhersagen etwas genauer anschaut, kann das Urteil mit einem gesunden Menschenverstand eigentlich nur lauten: „Was haben die den alles getrunken, bevor diese Prognosen abgegeben wurden?“.

Dies bezieht sich weniger auf die vorhergesagten Jahresschluss-Stände, die z.B. beim DAX zwischen 4.500 Punkten (Union Bancaire Priveé) und 7.500 Punkten (HSBC Trinkaus & Burkhardt) schwanken.

Richtig interessant wird es aber, wenn man auf die vorhergesagten Schwankungen schaut. Die Expertenrunde eines angesehenen deutschen Kreditinstituts namens „Deutsche Bank“ prophezeit dem DAX allen Ernstes eine Bewegung zwischen 5.860 und 6.090 Punkten, wohlgemerkt nicht nur für die erste Januar-Woche, sondern für das Gesamt-Jahr 2010,

Wenn Sie diese Zeilen lesen wird diese Jahresprognose mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bereits Makulatur sein, auf alle Fälle aber wette ich mein gesamtes Vermögen, daß sich der DAX irgendwann im Jahr 2010 außerhalb dieses Rahmens bewegen wird. (Gegenangebote bitte an max@stillger-stahl.com).

Wenn ich mir überlege, dass wahrscheinlich ein Team von 20 + x Leuten mehrere Tage Zeit hatte, um sich über die Abgabe einer solchen Prognose Gedanken zu machen, dann höre ich (in etwas abgewandeltem Text) den guten alten Jimi Hendrix singen „ Hey Joe, what a kind of fools you got around you.“

Aber zurück zur Realität. Im „richtigen Leben“ erwartet der Anleger von seinem Berater eine klare Meinung zu den Märkten. Wer sich vom „sicheren Festgeld (zu derzeit 1% p.a.) auf das „Glatteis der Börse“ begeben will, muss eine klare Meinung haben, wohin der Markt-Trend geht, bzw. ein gehöriges Maß an Vertrauen seinem Anlageberater entgegenbringen.