Archiv für Februar 2010

CD oder nicht CD

24 Februar 2010

Seit ein paar Wochen beschäftigt die Finanzbranche ein Thema: Die mysteriöse CD auf der ein ehemaliger Mitarbeiter eines Schweizer Geldinstituts angeblich 1.500 Kundendaten gespeichert hat und diese gegen Zahlung eines „Lösegelds“ den deutschen Steuerbehörden angeboten hat.

Ein willkommenes Thema für die Medien, können sich doch so Lobbyisten aller politischen Lager in Szene setzen.

Die Argumente reichen von „unbedingt kaufen – die Steuersünder müssen erbarmungslos verfolgt werden“ bis hin zu „der Staat darf sich nicht zum Kompagnon von Hehlern machen“.

Wie so oft bei politischen Themen wird das Problem hier am Ende heiß diskutiert, anstatt sich einmal Gedanken darüber zu machen, warum es denn überhaupt so weit kommen musste.

Was bewegt(e) denn Leute überhaupt Ihr Geld im Ausland (insbesondere in der Schweiz) anzulegen  ?

Neben dem Argument „Steuern“, ist/war für viele auch die „Diskretion“ ein schlagendes Argument.

Beides sind jedoch Bereiche, die im Laufe der Zeit eine eigene Dynamik entwickeln und Strategien, die beispielsweise vor 20 oder 30 Jahren noch sinnvoll erschienen, sind heute überholt.

So liegt mittlerweile der „Quellensteuersatz“, den ausländische Anleger in der Schweiz (wie auch in sämtlichen EU-Staaten) zahlen bei 20% und erhöht sich zum 01.07.2011 auf 35% und liegt dann deutlich über den 25%, die der Anleger in Deutschland über die Abgeltungssteuer zahlt.

Natürlich hat die Finanzbranche in der Vergangenheit immer wieder Produkte kreiert, die darauf ausgerichtet waren, Steuerzahlungen zu vermeiden, aber zum einen waren das keine „Schweiz-spezifischen“ Produkte (diese Modelle gab es und gibt es auch in Deutschland) zum anderen wurden die Möglichkeiten zur Gestaltung dieser Produkte durch steuerliche Änderungen in den letzten Jahren doch stark eingeschränkt, man denke nur an die Besteuerung von Versicherungen und den Wegfall der Spekulationsfrist bei Aktien.

Ich denke der viel interessantere Komplex ist das Thema „Diskretion“.

Hier entwickelt sich (nicht nur in der Finanzbranche“) ein Trend, der im 1949 (!) erschienenen Buch von George Orwell „1984“ schon in Grundzügen vorher gesehen wurde.

Bargeldloser Zahlungsverkehr, GPS (Ortung von Handys) und „Social-Networks“ im Internet sind nur 3 Bereiche in denen die Menschen heute „Kontrollsystemen“ ausgesetzt sind, die vor 30 Jahren noch keinem bekannt waren.

Dieser (von den USA ausgehende) Trend wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verstärken und von daher sehe ich für das Geschäftsmodell „diskretes Bankgeschäft“, wie es in der Schweiz betrieben wurde, keine Zukunft.

Auf Deutsch: „Alles kommt raus“ und das hat ja auch durchaus positive Seiten. Ich denke, daß dieser Trend mit dafür verantwortlich ist, dass bspw. in Italien die Firma „Mafia AG“ deshalb kurz vor der Insolvenz steht.

So wie es für die meisten noch vor 10 Jahren undenkbar war, dass das Schweizer Bankgeheimnis fällt (was faktisch auf Druck der USA passiert ist), schließe ich es auch nicht aus, dass die (momentan noch – seit dem 1.4.2005 – auf das Inland begrenzte) elektronische Konten- und Depotabfrage durch Behörden in 10 oder 20 Jahren dann europaweit (und da gehört die Schweiz bekanntlich dazu) oder gar weltweit Standard ist.

Was die wenigsten wissen: Im Jahr 2009 gab es hier 43.000 Abfragen von den Steuerbehörden und damit 28% mehr als im Vorjahr.

Aber nochmal zurück zur CD:

Wohlweislich hüllen sich die Beteiligten in Schweigen bei welcher Bank denn die Daten geklaut wurden. Die Anzahl der Selbstanzeigen soll bereits im 4-stelligen Bereich liegen. Wenn man das zu Ende denkt, könnte man auf die Idee kommen, dass das ganze Theater um die CD am Ende vielleicht nur ein Mediengag war.

Dass wär dann doch mal eine richtig clevere Idee von unseren Politikern…

Asterix und die Versicherungen

15 Februar 2010

Jeder, der seine Spargroschen unter dem Aspekt „Sicherheit“ anlegen will, wird seit einigen Monaten mit der (aus Sicht des Anlegers) unerfreulichen Tatsache konfrontiert, dass die Zinsen auf historische Tiefststände gefallen sind.

Insbesondere bei  kurzfristigen Anlagen (Festgeld, Zins & Cash) können die Sparer noch von Glück reden, wenn da eine 1 vor dem Komma steht, während im Herbst 2008 hier noch Angebote von 5+x% am Markt erhältlich waren.

Aber auch bei längerfristigen Anlagen sieht es für Sicherheits-Fanatiker kaum besser aus.

10-jährige Bundesanleihen werfen aktuell etwas mehr als 3% Rendite p.a. ab, aber wer will sich denn heute mit seinen Anlagen für 10 Jahre festlegen, wenn er von allen Seiten mit Inflationsszenarien geradezu bombadiert wird.

Anscheinend gibt es aber in Deutschland eine Branche, die wie bei Asterix in einem abgeschotteten Dorf zu leben scheint bzw. für die anscheinend ein eigener Zinsmarkt zu existieren scheint.

Provinzial jubelt – Das Geschäft fliegt“ titelt beispielsweise die Börsen-Zeitung in Ihrer Ausgabe vom 27. Januar 2010. Im weiteren Verlauf des Artikels ist zu lesen, daß die Beitragseinnahmen dieses Lebensversicherungskonzerns im Jahr 2009 um 12,5% gestiegen seien und dass die Kunden mit einer Überschussbeteiligung von 4,1% „gelockt“ worden seien.

An dieser Stelle machen wir mal einen kleinen Ausflug in die Grundrechenarten.

Wie der Fachpresse zu entnehmen ist, legen die Versicherungsunternehmen  ca. 75% der Anlegergelder in Staatsanleihen an, die im Durchschnitt aktuell ca. 2,5% p.a. abwerfen. Die Aktienquote der Versicherer liegt seit Anfang 2009 auf einem historischen Tief bei knapp 2%, nachdem Sie vor 10 Jahren noch bei ca. 15% lag.

Andererseits muss man berücksichtigen, dass bei einer Versicherung nur ca. 85% des Beitrags zu Anlagezwecken zur Verfügung steht, da ja auch Kosten bzw. Risikobeiträge anfallen.

Wenn ich aber ¾ meines Geldes zu 2,5% angelegt habe, wie kann ich dann meinem Kunden 4,1% versprechen ? Diese Frage konnte mir bis heute noch kein Versicherungsmanager überzeugend darlegen.

Ein Schelm, wer böses dabei denkt:

Vielleicht ist es ja Teil der Strategie frei nach dem Motto: „Ich verspreche dem Kunden mal 4-5% p.a. und wenn der Vertrag dann in 20 Jahren zur Auszahlung kommt hat der Kunde ohnehin vergessen, was damals versprochen wurde bzw. ist er (was ja leider oft genug der Fall ist) überhaupt nicht in der Lage auszurechnen, welche Rendite der Vertrag denn effektiv gebracht hat.“

Die Rating-Agentur Assekurata hat das Problem erkannt und schreibt in der Februar-Ausgabe einer Finanz-Fachzeitschrift: „Die Lebensversicherer stehen derzeit stark unter Druck. Wegen der niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt gelingt es ihnen kaum noch, ihre Garantien zu erwirtschaften, die im Durchschnitt 3,4 Prozent betragen. Um ihre Kunden nicht zu vergraulen, finanzieren sie die recht üppigen Überschussbeteiligungen zu einem großen Teil aus den Reserven

Im Jahr 1 nach der Finanzkrise hört man von allen Experten immer wieder den Ratschlag: „Kaufen Sie nur Dinge die Sie verstehen“.

Die Rechenspielchen der Lebensversicherer verstehe ich schon lange nicht mehr.

Deshalb kriegen Sie mein Geld nicht…

Porsche und die Mafia

8 Februar 2010

Als professioneller Beobachter des Börsengeschehens lassen wir es uns nicht nehmen 1-2 Mal im Jahr auch eine sogenannte Hauptversammlung zu besuchen.

Vom Ansatz her kann man das vergleichen mit der jährlichen Generalversammlung des örtlichen Sport- bzw. Gesangsvereins.

Der Vorstand legt Rechenschaft ab, wie die Geschäfte laufen und die Mitglieder (in diesem Fall die Aktionäre) segnen in der Regel alle Vorschläge ab. Damit die ganze Veranstaltung nicht zu harmonisch abläuft, sorgen manchmal ein paar Berufsnörgler und Selbstdarsteller mit kritischen Fragen oder lustigen Kommentaren dafür, dass die Beteiligten bei der ganzen Veranstaltung nicht einschlafen und am Ende der Veranstaltung haben sich alle lieb und es geht ans Büffet bzw. an die Tränke.

So lief es wohl auch jahrelang beim (einstmals) profitabelsten Autohersteller der Welt, der Porsche AG in Stuttgart ab.

Dann kam man im Jahr 2005 auf die Idee den Volkswagen-Konzern zu übernehmen, um u.a. Zugriff auf dessen Barreserven in 11-stelliger Höhe (> 10 Milliarden €) zu bekommen.

Dies geschah mit Hilfe einer bis Mitte letzten Jahres von allen Experten als genial eingeschätzten Strategie, nämlich nicht direkt VW-Aktien zu kaufen, sondern sich über Optionen (die nur einen Bruchteil des Kapitaleinsatzes erfordern) Zugriff auf VW-Aktien zu sichern.

Durch eine geschickte Informationspolitik und immer wieder gezielt gestreute Gerüchte wurde der Kurs der VW-Aktie so künstlich nach oben getrieben und bescherte den Porsche Aktionären in den Jahren 2006-2008 satte Gewinne und dem seinerzeitigen Vorstand, der einen ebenso genialen Vertrag für sich ausgehandelt hatte, einen Bonus von über 100 Mio €, was ihn zum bestbezahltesten Manager der Republik aufsteigen ließ.

Doch dann passierte etwas, was bis heute eigentlich niemand so richtig verstanden hat. Einer der Hauptaktionäre von Porsche (gleichzeitig auch Aufsichtsratsvorsitzender von VW) zweifelt im vergangenen Frühjahr öffentlich an der Kreditwürdigkeit von Porsche und bekennt bei der ganzen Transaktion den Überblick verloren zu haben. Dieser Paukenschlag führt dazu, dass die Banken, die die Übernahme finanzieren sollten, nervös werden und VW wie in einem klassischen Boxkampf seinerseits zum Gegenschlag ausholt und die wankende Porsche AG  übernimmt.

Jetzt sitzen die Porsche-Aktionäre wie gerupfte Hühner in Ihrer eigenen Halle (ein Verlust von 3,6 Mrd € sorgte dafür, dass sich der Aktienkurs in den vergangenen 18 Monaten halbierte) und der vergangene Freitag ist ein Musterbeispiel dafür, dass das Aktienrecht in Deutschland dringend reformiert gehört.

In jeder Generalversammlung wäre ein Vorstands- oder Beiratsmitglied geteert und gefedert vom Hof gejagt worden, wenn es, wie im Fall Porsche geschehen, durch bewusst getätigte Äußerungen in der Öffentlichkeit die Solidität des Vereins in Frage stellt.

Hier sitzt der Verursacher seelenruhig auf dem Podest lässt das Fragen-Stakkato von Anwälten und Aktionärsschützern ungerührt an sich abprallen bzw. von seinen Vasallen vorgefertigte Erklärungen verlesen.

Als Krönung des Ganzen darf er dann auch noch mit seinen eigenen Stimmen zu seiner eigenen Entlastung beitragen, nachdem er zuvor eine Großteil der Debatte im eigens abgesperrten firmeneigenen Restaurant verbracht hatte.

Fürs gemeine Volk gab es übrigens Würstchen, Maultaschen und eine großzügige Dividende von 0,05 € pro Aktie.

Den Spruch des Tages lieferte ein altgetreuer Aktionär, der gemeinsam mit mir die Halle verließ und meinte: „un isch hänn dacht, dasch es die Mafia nur in Italie geebet“…

Riester- und Rürup-Rente: Genial oder Mogelpackung?

1 Februar 2010

Wenn man sich die Werbeanzeigen der Finanzindustrie seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 etwas genauer anschaut, stellt man fest, dass es fast kein Unternehmen gibt, welches nicht die Vorteile der sogenannten „Altersvorsorge-Vehikel“ Riester-Rente bzw. Rürup-Rente in den Vordergrund stellt.

Wie in der Werbung üblich, haben alle Anbieter natürlich die (aus Ihrer Sicht) „optimal auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmten“ Produkte im Angebot.

Ohne Zweifel gilt: Alleine auf die gesetzliche Altersversorgung darf sich in der heutigen Zeit niemand mehr verlassen, aber deshalb gilt es für jeden einzelnen um so mehr die verschiedenen Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge genau zu prüfen bzw. zu hinterfragen.

Wobei es hier für die meisten Betroffenen um Zeiträume von 20 – 30 Jahren oder sogar länger geht.

Und genau unter diesem Aspekt ergeben sich für den Anleger 3 Problemzonen, die man sich als „Käufer“ einer Riester bzw. Rürup-Rente vor Augen halten sollte.

  1. Diese Produkte verlangen eine Kapitalgarantie, d.h. der Käufer bekommt zum Ablauf mindestens die Summe seiner eingezahlten Beiträge garantiert.
    Das hört sich erst einmal gut an, bedeutet aber in der Praxis, dass sich der Verwalter des Kapitals Restriktionen unterwirft, die ihn in seiner Anlageflexibilität einschränken bzw. auch direkte Absicherungskosten nach sich ziehen.
    Man kann das mit der Situation eines bekannten holländischen Fussballtrainers vergleichen, der Ribery und Robben auf der Bank lassen muss und dafür „Katsche“ Schwarzenbeck reaktiviert, nur damit „die Null steht“.
    Nur wenn ein Anlagemanager (bzw. Fussballtrainer) die Freiheit hat, auch mal etwas zu riskieren, kann er aus den vorhandenen Möglichkeiten das Optimale rausholen
    So war z.B. einer der größten Anbieter am Markt, der mit einem aktienbasierten Produkt geworben hat (eigentlich keine schlechte Idee, da Aktien auf Sicht der letzten 30 Jahre nachweislich die beste Anlageklasse darstellten)  gezwungen durch die Kurseinbrüche im Jahr 2008 das Kapital der Anleger zu Tiefstkursen in „sichere Festzinsanlagen“ umzuschichten, damit am Ende der Laufzeit die Kapitalgarantie gewahrt bleibt.
  2. Die Auszahlungen aus dem angesparten Kapital sind in voller Höhe steuerpflichtig.
    Das ist eigentlich ein Skandal. Sie legen bereits versteuertes Geld an und müssen dann nicht nur die Zinsen, sondern auch die Rückzahlung dieses Kapitals versteuern.
  3. Riester bzw. Rürup Verträge sind in der Regel „gezillmert“, d.h. die Abschlussprovision, die sich nach dem Sparziel des Vertrags bemisst, wird dem Vertrag zu Beginn komplett belastet bzw. über die ersten 5 Jahre verteilt.

Das braucht in der heutigen Zeit kein Mensch.

Stellen Sie sich vor, sie kaufen ein Auto und zahlen dann automatisch für die nächsten 10 Jahre die Reparaturkosten im Voraus. Wer macht sowas ?

Das sollte man zumindest wissen, da in der Werbung natürlich in erster Linie die Zulagen, die man vom Staat erhält, in den Vordergrund gestellt werden.

Diese Zulagen machen Riester- bzw. Rürüp-Rente in der Tat für einen jeweils sehr eingegrenzten Personenkreis attraktiv.

Wenn ich aber gleichzeitig lese, dass 25% aller Sparer, die einen solchen Vertrag abgeschlossen haben, „vergessen“ die Zulage zu beantragen, dreht sich das Ganze schnell von „genial“ hin zur „Mogelpackung“.

Dann kann man Riester bzw. Rürup-Produkte wohl eher als die „Abwrackprämie der Finanzindustrie“ bezeichnen, was im Kern bedeutet, dass es nicht nur zu viele Autofirmen in unserem Land gibt, sondern definitiv auch zu viele Finanzberater…