Es gibt wohl keinen Stammtisch im Nassauer Land, an dem dieser Satz nicht mindestens einmal am Abend ausgesprochen wird.
Diese Floskel steht für „ungläubiges Staunen“ oder Unverständnis für eine Situation.
In der letzten Woche konnte man diesen Satz in vielen Diskussionen über den Zustand des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) hören.
Einst einer der mächtigsten und reichsten Sportverbände der Welt, bin ich in der aktuellen Situation geneigt zu sagen: „Ein Musterbeispiel dafür, wie es in unserem Land mittlerweile abwärts geht“ – und das liegt nicht nur an der der strengen Befolgung der „Gendersprache“, die die Medienberater dem DFB verordnet haben.
Mit Ausnahme von Fritz Keller wurde der Verband in den letzten 10 Jahren von Politikern geführt. Das Resultat: Die einstmals prall gefüllte Kasse ist leer! In Frankfurt steht dafür eine Akademie, deren Besuch sich lohnt. Leider wurde der Bau aber doppelt so teuer wie ursprünglich veranschlagt (nachzulesen bereits 2019 in der Frankfurter Rundschau). Aus ursprünglich geplanten 75 Millionen Euro dürfte am Ende ein Betrag von deutlich über 150 Millionen gestanden haben.
DFB-Akademie doppelt so teuer (fr.de)
Bis heute vermisse ich eine Aufarbeitung dieses finanziellen Bau-Desasters. Wer ist schlussendlich dafür verantwortlich? Es ist im Grunde das gleiche wie in der Politik – da kostet das neue Feuerwehrhaus halt 6 anstatt 3 Millionen – mit einem kleinen Unterschied: In der Politik wird ein Nachtragshaushalt verabschiedet – das geht beim DFB nicht!
Der zweite Grund für das finanzielle Debakel, das weitaus schwerer wiegt wie die sportliche Krise in den letzten Jahren, liegt in einer sehr unglücklichen Personalpolitik. Den Vertrag eines Trainers vor einem großen Turnier zu verlängern (wie bei Löw 2018) ist an Dilettantismus kaum zu übertreffen. Bei Löw galt im Prinzip das gleiche wie bei Angela Merkel – das letzte Drittel der Amtszeit war zuviel.
Gepaart mit einem stümperhaften Versuch der Nationalmannschaft mit Begriffen wie „zssmmn“ und „die Mannschaft“ ein „Branding“ zu geben, führte das zu einer Entfremdung vom Publikum und mittlerweile muss der DFB bei Heimspielen um jeden Zuschauer kämpfen.
60.486 Zuschauer beim letzten Spiel gegen Vizeweltmeister Frankreich waren da die Ausnahme, allerdings ist in Dortmund eigentlich die Zahl 81.345 „gesetzt“ – böse Zungen behaupten so wenig Zuschauer waren zuletzt 1995 bei einem Freundschaftsspiel gegen Westfalia Herne im Stadion – mit Ausnahme von Corona natürlich.
Die Gehälter der Bundestrainer sind in den letzten 10 Jahren regelrecht explodiert.
Nach der Trennung von Hansi Flick keimte deshalb eine Diskussion auf, die noch vor 10 Jahren undenkbar war. „Welchen Trainer kann sich der DFB denn in dieser Situation leisten?“ lautete auf einmal die Frage.
Zum Glück war Bernd Neuendorf einen Tick cleverer als sein Kollege Grindel und hat den Vertrag mit Hansi Flick nur bis 2024 befristet – aber dafür mit einem aus meiner Sicht völlig überzogenen Gehalt ausgestattet. Mit geschätzten 6-6,5 Millionen Euro verdiente Flick fast das doppelte im Vergleich zu seinem französischen Kollegen Didier Dechamps, der allerdings in den letzten 5 Jahren einen WM-Titel und eine WM-Vizemeisterschaft vorweisen kann.
Wenn man bedenkt, dass der Co-Trainer von Borussia Dortmund – Otto Addo – bei der letzten WM die Nationalmannschaft von Ghana mal so eben nebenbei betreut hat, glaube ich nach wie vor, dass Hansi Flick damit den weltweit höchsten Stundenlohn im bezahlten Fußball hatte. Ich sage bewusst „STUNDENLOHN“.
Zum Vergleich: Rudi Völler kam bei seinem Engagement als „Teamchef“ vor gut 20 Jahren auf ein geschätztes Salär von 1 Mio p.a. Und das wurde in der ersten Hälfte seiner Amtszeit noch in D-Mark gezahlt.
Für mich wäre Rudi Völler auch eine Option für die kommenden 9 Monate (inclusive) der EM gewesen, jetzt soll es Nagelsmann richten. Vorsorglich wird dessen Gehalt jetzt in Form des Monatslohns (400.000 €) angegeben. Wie die ganze Gemengelage mit Bayern München da gelöst wird, wird die Öffentlichkeit nie erfahren. Dort besitzt der designierte Bundestrainer noch einen Vertrag bis 2026, der ihm 20 Millionen Euro einbringt. Bei aller Vaterlandsliebe – darauf wird er kaum verzichten.
Für einige Irritationen sorgte im Laufe der Woche auch die Verpflichtung des neuen DFB Sportdirektors Andreas Rettig. Angeblich haben die Vertreter des FC Bayern (Kalle Rummenigge) und RB Leipzig (Oliver Mintzlaff) hiervon aus der Presse erfahren, obwohl sie als Mitglieder der eigens eingerichteten „Task-Force zur Rettung des deutschen Fußballs“ in den vergangenen Monaten wertvolle Freizeit geopfert haben.
Deshalb sind sie zurückgetreten.
Wenn das so stimmt, kann ich diesen Schritt absolut nachvollziehen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass die für diese Entscheidung verantwortlichen Personen (DFB-Präsident Bernd Neuendorf und BVB-Chef Aki Watzke) so „blöd“ sind und ihre „Kollegen“ in diese Entscheidung nicht einbinden.
Ich vermute, die beiden Herren waren mit der Personalie nicht einverstanden, was ich ebenso nachvollziehen kann.
Völlig unnötiger Zirkus – aber nichts anderes ist ja das ganze Fußball-Geschäft.