Archiv für 5 November 2009

Von Freud und Leid

5 November 2009

Wenn Sie glauben, die nachstehende Grafik zeigt den Kursverlauf des Deutschen-Aktien-Index (DAX) der letzten Jahre

dann muss ich Ihnen leider (oder besser Gottseidank)  sagen: FALSCH.

Vielmehr sehen Sie dort den Kursverlauf des sogenannten 3-Monats-Euribors

(European InterBank Offered Rate), d.h. des Zinssatzes, zu dem sich die Geschäftsbanken untereinander Geld zur Verfügung stellen.

Diese Kennzahl ist verantwortlich dafür, dass Sie für Ihre auslaufenden Festgelder bzw. Tagesgelder derzeit Minizinsen von knapp 1% p.a. erhalten.

Noch vor einem Jahr notierte der Euribor bei knapp über 5% und hat sich seitdem in einem bisher nie gesehenen Tempo innerhalb eines Jahres auf knapp 0,75% abgeschwächt.

Hauptgrund hierfür ist die aktuelle Wirtschaftslage, die die Notenbanken weltweit veranlasst hat, die Geldschleusen zu öffnen und dabei gleichzeitig die Leitzinsen

auf Allzeittiefs zurückzuführen.

Im Gegensatz zu den Zinsen für längerfristige Anlagen, die vom Markt bestimmt werden (10-jährige Bundesanleihen bringen derzeit knapp 3,3% p.a.), lässt sich der Zinssatz für kurzfristige Anlagen relativ leicht von den Notenbanken in die gewünschte Richtung führen

Doch das Leid des Sparers ist die Freud des Schuldners, oder wir sollten besser sagen: des „Investors“.

Die derzeit niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass sich Investitionen, die traditionsgemäß teilweise mit Krediten hinterlegt werden, momentan besonders gut rechnen.

Ob bei einem Immobilienkauf oder einer Investition in erneuerbare Energien (Solaranlagen, Windräder etc.) – in all diesen Fällen verbessern die günstigen Rahmenbedingungen im Finanzierungsbereich derzeit deutlich die bisherigen Kalkulationen.

Und damit sind wir eigentlich bei dem klassischen Effekt, den die Notenbank mit den markanten Zinssenkungen setzen will.

Nämlich Investitionsanreize zu schaffen, damit Arbeitsplätze gesichert werden oder (wie aktuell im Bereich „erneuerbare Energien“) neu geschaffen werden.

Wenn man sich die vorstehende Grafik nochmal genau anschaut, sieht man, dass auch in der letzten Krise (2000-2003) die Notenbank die Zinsen von 5% auf 2% zurückgeschraubt hat und dann relativ lange (bis Ende 2005) auf diesem niedrigen Niveau belassen hat.

Winston Churchill hat einmal gesagt „Prognosen sind schwierig, weil Sie vor allem die Zukunft betreffen“ aber Ich wage an dieser Stelle die Prognose, dass es auch dieses Mal ähnlich verlaufen wird.

In Anbetracht des Ausmaßes der Wirtschaftskrise im aktuellen Zyklus werden sich die Notenbanken hüten die Zinsen zu früh anzuheben, um nicht als alleinige Sündenböcke für ein Abwürgen des zarten Pflänzchens „Aufschwung“ dazustehen.

Apropos Aufschwung:

Auch wenn die Börse in den letzten Tagen einen leichten Rückwärtsgang eingelegt hat, sind die niedrigen Zinsen gepaart mit der Menge an Kapital, das die Notenbanken zur Verfügung stellen, der ideale Treibstoff für eine weiter freundliche Tendenz.

Die Börsenentwicklung der Jahre 2003-2005, als wir die letzte Niedrigzinsperiode hatten, bescherte den Aktionären gemessen am DAX eine Kursverdopplung, die im weiteren Verlauf sogar bis zu einer Verdreifachung führte.

Und auch dieses Mal wird es (wie eigentlich immer) so sein, dass die Kurse, wenn denn das „offizielle“ Ende der Krise verkündet wird, von Ihrem Tief bereits deutlich gestiegen sein werden.

Daran sollten Sie denken, wenn Sie sich über das nächste Festgeld-Angebot ärgern…auch wenn Sie die ersten 50% schon verpasst haben.

Vom Sparer zum Investor lautet das Motto der heutigen Zeit.