Angst ist ein schlechter Ratgeber. Das gilt nicht nur für das Anlegerverhalten in schwierigen Zeiten, sondern für viele Bereiche im täglichen Leben. Und die Verwandten der Angst, „Bruder Leichtsinn“ und „Schwester Sorglos“, sind an der Börse und im normalen Leben genauso gefährlich wie das Gegenteil der Angst, die Gier,. Aber das, was sich in den vergangenen zwei Wochen in unserem Land ereignet hat, ging an den wenigsten spurlos vorbei. Ich versuche das einmal mit einer kleinen Geschichte zu beschreiben:
Ein böser Traum
Sie befinden sich mit einer Gruppe auf einem freien Feld als plötzlich ein Gewitter aufzieht. Das Gefährliche und im Grunde auch Gemeine an Gewittern ist, dass man nie weiss, wann und wo genau der nächste Blitz einschlägt. Und jeder von uns ist, wenn es donnert, gerne an einem sicheren Ort, von dem aus man dieses Naturschauspiel entspannt beobachten kann. Jetzt hat aber in unmittelbarer Nachbarschaft und in immer kürzeren Abständen der Blitz eingeschlagen und die Menschenmenge, in der Sie sich auf dem freien Feld befinden, wird zusehends nervöser und ängstlicher. Da entdecken Sie eine Holzhütte. Ein Mann winkt Ihnen zu. Aber bei näherem Hinsehen stellen Sie fest, dass der Blitz wohl vor kurzem gleich dreimal in diese Hütte eingeschlagen hat und ein Blitzschutz offensichtlich nicht vorhanden ist. Der Mann, der sich mit den Worten „kommt rein in Sicherheit, ich bin der Horst“ vorgestellt hat, wirkt außerdem sehr nervös und gibt Ihnen nicht das Gefühl der Geborgenheit. Die Meute zieht weiter und am Horizont erscheint eine Feldscheune.“Alle fürchten Donner“ steht dort ist greller Leuchtreklame. Mit jedem krachenden Schlag des nahenden Gewitters entfernen sich mehrere Personen aus der Gruppe und laufen in die Feldscheune. Kleine Kinder in der Gruppe fangen an zu weinen und rufen „wo ist meine Mama ? Ich will zu meiner Mama !“ Sie hören eine Stimme „Wir schaffen das“ – dann werden Sie wach…
Die Realität
So in etwa lässt sich die politische Gemengelage derzeit beschreiben. Vier Anschläge innerhalb einer Woche, davon zwei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von illegal eingereisten IS-Sympathisanten verübt, verunsichern einen Großteil der Bevölkerung. Eine „abgetauchte“ Kanzlerin, die dann nach einer Woche lapidar verkündet „Wir befinden uns im Krieg mit der IS“ sorgt für alles andere, als das Gefühl zu vermitteln, dass sie die ganze Situation im Griff hat. Das Problem mit der IS besteht doch genau darin, dass sich dieses „Dreckspack“ mittlerweile auf der ganzen Welt verteilt hat. Kein Mensch weiß wo genau und insbesondere in Deutschland haben wir keinen Überblick mehr, wer hier alles in den letzten 12 Monaten auch mit bösen Absichten ins Land gespült wurde. Der letzte Anschlag in Frankreich, als einem 86-jährigen Priester in einem kleinen Dorf während eines Gottesdienstes die Kehle durchgeschnitten wurde, dürfte auch dem letzten Pazifisten klar gemacht haben, dass wir es hier mit einer neuen Dimension der Gewalt zu tun haben.
Nur zur Klarstellung: Die Überschrift „ich habe Angst“ gilt nicht für mich ! Und ein alter Grundsatz lautet: „Eigentum verpflichtet !“ Die im weltweiten Vergleich überdurchschnittliche Lebensqualität in Deutschland bzw. unseren Nachbarländern verpflichtet uns auch in Not geratenen Menschen zu helfen. Aber wir können nicht die ganze Welt retten ! Und wer in unser Land kommt, hat gefälligst unsere Regeln zu akzeptieren. Genauso wie ich die Regeln eines fremden Landes akzeptiere, wenn ich dort bin. Was Frau Merkel total unterschätzt hat, ist die Signalwirkung ihres Handelns im vergangenen Jahr. In der heutigen Welt, wo zwar nicht jeder einen Ausweis, aber 99,9% der Menschen ein Mobiltelefon dabei haben, werden Erfahrungen und Eindrücke binnen Sekunden in die ganze Welt transportiert. Und dann machen sich die drei zu Hause verbliebenen Brüder des Flüchtlings eben auch auf den Weg. Der Herausgeber des „Handelsblatt“ Gabor Steingart hat das Problem der Kanzlerin bereits im November des vergangenen Jahres in meinen Augen sehr treffend in einem Kommentar beschrieben:
Handelsblatt-Kommentar vom 03.11.2015
„Die Flüchtlinge strömen, aber die drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD können sich nicht zusammenraufen…Deutschland wird derzeit von einer Koalition der Unwilligen regiert. Vor allem der Druck auf Merkel war nie höher als zur Zeit. In dem zwischen CDU und CSU verabredeten Positionspapier verweigert die CDU-Vorsitzende Höchstgrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen. Man fühlt sich an die Halsstarrigkeit einer Maggie Thatcher erinnert, die trotz wachsender Arbeitslosigkeit ihre Liberalisierungspolitik im Oktober 1980 auf dem Parteitag der Tories mit den denkwürdigen Worten verteidigte: „I have only one thing to say: You turn [U-Turn] if you want to. The lady’s not for turning.“ Thatchers Durchhaltewillen wurde belohnt. Die Arbeitslosenzahl sank, die Zeit arbeitete für sie. Im Falle Merkels steht anderes zu befürchten: Die Flüchtlingszahl steigt, der Unmut auch, die Zeit arbeitet gegen sie. Wenn man am frühen Morgen der Kanzlerin zu einem raten darf, dann wohl zum U-Turn, der Kehrtwende. Oder sie schreibt Neuwahlen aus. Denn für das, was sie derzeit tut, besitzt sie zwar die exekutive Macht, aber kein politisches Mandat.“
Neuwahlen sind angebracht
Insbesondere dem letzten Satz ist nichts hinzuzufügen. Da können vorgezogene Neuwahlen nur der einzig logische Schritt sein. Das Problem dabei für Merkel: Wenn der „Onkel Horst“ schlau ist, tritt er nicht nur mit der Bayern-Auswahl, sondern mit der Nationalmannschaft an. Nicht wenige aus der „Alle fürchten Donner“-Scheune, werden sich dann trotz fehlendem Blitzschutz in seine Hütte begeben. Und für die verbleibenden Merkel-Getreuen wird es nicht für die Meisterschaft (sprich: den weiteren Regierungsauftrag) reichen.