Das Los des „Schreiberlings“ bringt es mit sich, dass man während der Vollendung des Werks auf der linken Überholspur von (mutmaßlich) neuen Tatsachen überholt wird. So geschehen letzte Woche, als ich mich zum wiederholten Mal mit der Lage der Korruption im Weltfussball auseinander gesetzt habe und DFB-Chef Niersbach aufgefordert habe endlich mal auf den Tisch zu hauen und den „Saustall FIFA“ auszumisten. Kaum war der Text fertig und ins Internet gestellt, kam am vorletzten Wochenende die Meldung auf, wonach – angeblich – auch die Vergabe der WM 2006 von nebulösen Schmiergeldzahlungen mutmaßlich begleitet war. Zwischen den Anschuldigungen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und einem glasklaren Dementi vom DFB lagen keine 6 Stunden.
Das Dementi im Wortlaut (Quelle dfb.de): „Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) tritt mit aller Entschiedenheit den völlig haltlosen Behauptungen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ entgegen, es habe im Zusammenhang mit der Bewerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 beim DFB „Schwarze Kassen“ gegeben. Ebenso deutlich weist der Verband die durch keinerlei Fakten belegten Schlussfolgerungen der Autoren zurück, es seien in diesem Kontext Stimmen für die WM-Vergabe gekauft worden. Mit aller Konsequenz hält der DFB deshalb nochmal ausdrücklich fest, dass dementsprechend weder der DFB-Präsident noch die anderen Mitglieder des Organisationskomitees in derartige Vorgänge involviert sein oder davon Kenntnis haben konnten. Der DFB behält sich rechtliche Schritte gegen die Darstellung des Magazins „Der Spiegel“ vor.“
Nach einer solchen klaren Ansage muss man eigentlich denken „o.k. die Sache hat sich erledigt“.
Was dann aber folgte war eine (vorsichtig ausgedrückt) „unglückliche“ Pressekonferenz von DFB-Chef Wolfgang Niersbach, die am Ende die anwesenden Journalisten mit mehr neuen Fragen, als zuvor gegebenen Antworten zurück ließ.
Und sein medialer Sparringspartner Theo Zwanziger schickte via Spiegel gleich noch einen rechten Haken gegen den angeschlagenen Niersbach nach: :“Es ist eindeutig, dass es eine schwarze Kasse in der deutschen WM-Bewerbung gab.“
Jetzt ist Zwanziger ja nicht „irgendwer“, sondern Vorgänger von Niersbach als DFB-Präsident, Kollege im WM-OK und zum fragwürdigen Zeitpunkt DFB-Schatzmeister, also jemand, der genau (oder sogar eher) als Niersbach „relativ nah“ an den Finanzströmen dran war.
Wenn man die beiden Aussagen gegenüber stellt und nüchtern analysiert, stellt man fest
- Entweder lügt einer von beiden oder
- Beide haben eine unterschiedliche Vorstellung, was „schwarze Kassen“ sind
Ich glaube am Ende des Tages wird es auf b) hinauslaufen – ein Erklärungsversuch:
Wie im Laufe der vergangenen Tage ja scheibchenweise ans Licht kam, liegt der Ursprung dieser ganzen Diskussion in einer Zahlung eines Betrags von 10 Mio Franken (zum damaligen Zeitpunkt 6,7 Mio Euro) an die Finanzkommission der FIFA.
Und in den Strukturen der FIFA liegt das ganze Übel, nicht beim DFB
Vorsitzender der FIFA-Finanzkommission zum damaligen Zeitpunkt war ein gewisser Herr Julio Grondona, seines Zeichens der Präsident des argentinischen Fussballverbands. Wer mehr über den ehrenwerten Herrn mit dem dicken Siegelring am Finger, auf dem „todo pasa“ (auf Deutsch: Alles geht vorbei) eingraviert war, dem sei der nachfolgende Artikel von der Süddeutschen Zeitung anlässlich seines Todes im Juli 2014ans Herz gelegt.
Entscheidend für die WM Vergabe war das FIFA Exekutiv-Komitee (eine Ansammlung aus 21 weiteren „Grondonas“ mit Oberhäuptling (Kuvert-) Sepp Blatter. Ein weiteres Beispiel: Der paraguayische Verbandspräsident und Exko-Mitglied Nicolas Leoz forderte für seine Stimme öffentlich (!) kein Geld, sondern sagte „Wenn die Engländer den FA-Cup in „Leoz Cup“ umbenennen, dann kriegen sie meine Stimme für Ihre WM-Bewerbung.“ Und dem Jack Warner aus Trinidad sieht man – mit Verlaub – schon auf dem Foto an, dass das ein ganz großer Drecksack ist !
Wenn Du unter solchen Umständen im Exekutiv-Komitee eine Mehrheit bekommen willst, musst Du die Spielregeln einhalten, die diese Herren vorgeben. Und bei all diesen Verbrechern war die wichtigste Regel „ich bin korrupt und halte meine Hand auf !“ Aber die Aufarbeitung dieser ganzen Sachen hat ja mittlerweile das FBI übernommen. Und die haben den Ruf gründlich zu arbeiten.
Wenn es überhaupt in dieser ganzen Gemengelage einen Vorwurf an die deutsche Seite gibt, dann dieser: Warum haben die deutschen Exekutiv-Komitee-Mitglieder Gerhard Mayer-Vorfelder, Franz Beckenbauer, Theo Zwanziger und zuletzt Wolfgang Niersbach diesem Treiben und diesen Machenschaften auf dem Züricher Sonnenberg so lange ruhig zugesehen ?
Ein zweiter – nicht zu unterschätzender Aspekt – in der ganzen Angelegenheit, ist die Tatsache, dass Finanztransaktionen in der Schweiz vor 10-15 Jahren eine völlig andere „Diskretions-Qualität“ hatten, als es zum heutigen Zeitpunkt der Fall ist.
Der Aufweichung des Schweizer Bankgeheimnisses haben es ja auch einige Herren aus dem Exekutivkomitee zu verdanken, dass sie immer noch „gesiebte Luft“ in diversen Schweizer Haftanstalten einatmen.
Und diese Entwicklung wird auch dafür sorgen, dass sämtliche Finanztransaktionen über die heute ganz Deutschland diskutiert, am Ende des Tages offen gelegt sein werden. Dass nämlich Barbeträge in dieser Höhe hin- und her geschoben wurden, halte ich für ausgeschlossen.
Und wenn ein Betrag von 10 Mio Franken, die „Eintrittsgebühr“ für einen Zuschuss von 200 Mio Franken von der FIFA€ war, dann war das ein gutes Geschäft für den DFB und stellt ein weiteres Problem für den korrupten Haufen FIFA dar. Wenn ein Sepp Blatter sich hinstellt und sagt, das war eine Sache der Finanzkommission, dann kann ich darüber nur lachen. Und selbst wenn die 10 Mio Franken der Preis waren, die WM nach Deutschland zu holen, dann muss ich sagen „Kompliment Franz, dass Du dass zu diesem Schnäppchenpreis hinbekommen hast“. Wir hatten eine geile WM und was uns allen bleibt, ist die weltbeste Infrastruktur in Form von tollen Stadien.
Ich glaube nicht, dasss sich irgendein deutscher Funktionär persönlich an dieser Sache bereichert hat. Und sollte es – entgegen meiner Einschätzung – doch so gewesen sein, dann wird das bei der heutigen „Qualtität des Schweizer Bankgeheimnisses“ irgendwann heraus kommen und dann gehört der auch bestraft. Da gilt nämlich nicht mehr „Todo pasa“ – seinen Ring haben Sie dem Grondona hoffentlich mit ins Grab gelegt.
Und den Streithähnen Niersbach und Zwanziger kann jeder vernünftige Mensch nur raten: Setzt euch an einen Tisch und sprecht Euch aus ! Ansonsten wird bei RTL der Ring zum Promiboxen aufgebaut: Damit holen wir die 6,7 Mio € für den DFB locker wieder rein !