Als Kolumnist hat man manchmal ein schweres Los. Dienstags muss der Text im Kasten sein und drei Tage vorher hat man noch keinen Plan, über welches Thema man sich denn dieses Mal auslassen sollte. Als „Fussball-Kolumnist“ kann man das allerdings sehr entspannt sehen, denn das Wochenende liefert dann in der Regel jede Menge „Steilvorlagen“. Mit den einschlägigen Begriffen in der Textzeile ist das vergangene Bundesliga-Wochenende nahezu umfassend „aufgearbeitet“. Aber Kolumnen sollten sich von der Stammtisch-Meinung abheben und auch mal einen Querpass spielen.
Dann fangen wir mal mit der Phrase „Dusel-Bayern“ an. Fakt ist, dass der FC Bayern öfter als jede andere Mannschaft Spiele in der letzten Minute zu seinen Gunsten entscheidet. Aber der wahre Grund dafür liegt nicht am Glück, dass die Bayern gepachtet zu haben scheinen, sondern liegt ganz einfach in der Mathematik, genauer gesagt in der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Hier muss man einfach mal über das kleine „ein mal eins“ des Fussballs hinaus schauen. Eine Mannschaft, die in fast jedem Spiel zwischen 60 und 75% Ballbesitz hat, erspielt sich in der Regel auch eine deutlich höhere Anzahl an Torchancen als der Gegner. Und diese Torchancen verteilen sich über die gesamte Spielzeit. Dazu gehören halt auch die letzten 5 Minuten + die Nachspielzeit. Und da ist dann der ein oder andere „lucky punch“ automatisch mit drin. Damit ist der Mythos „Bayern-Dusel“ zumindest mal in Frage gestellt.
Kommen wir zum nächsten Mythos: „Skandal-Schiri“. Wenn das dann noch – wie am letzten Samstag – in Verbindung mit den „Dusel-Bayern“ serviert wird, kocht die Suppe der Empörung über. Sicherlich ist es höchst fragwürdig – diese Kritik muss sich der DFB gefallen lassen – zu einem Spiel des FC Augsburg einen Linienrichter namens „Kempter“ einzusetzen. (auch wenn es nur der Bruder ist -Fussball-Experten kennen die Hintergründe, ansonsten lassen wir den armen Manfred Amerell in Frieden ruhen). Ich glaube aber nicht, dass es in Deutschland auch nur einen einzigen Schiedsrichter oder Linienrichter gibt, der eine bewusste Fehlentscheidung trifft. (o.k. es gab mal einen Herrn Hoyzer, aber das hatte ja andere Hintergründe). Im Schiedsrichterwesen ist es wie in der Politik. Jeder meckert, aber die wenigsten treten an. Nur wer selber mal gepfiffen hat, weiss wie schwer das ist. Ich wurde vor 30 Jahren, als ich für meinen Trainerschein die Schiedsrichterprüfung ablegen musste, vom damaligen Kreisschiedsrichter-Obmann Toni „Dusch“ Stillger dazu mit den Worten „wenn De die Prüfung mache willst, da peifste aach !“ quasi verdonnert. Auch wenn meine „Karriere“ da nach 25 Spielen beendet war (ich hab halt doch lieber gespielt als gepfiffen), bin ich im Nachhinein dem Toni aber dankbar dafür, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Man muss innerhalb von Sekunden eine Entscheidung treffen. Oftmals auch aus der Intuition heraus, oder der Beobachtung, wie sich die Spieler unmittelbar nach einer unklaren Situation verhalten. Und eins ist auch klar: Wenn ich als Schiedsrichter 90 Minuten lang von einer Mannschaft beschimpft und kritisiert werde, während sich die andere Mannschaft sportlich fair verhält, geht’s bei 50/50 Entscheidungen (und da gibt es aus Schiedsrichter-Sicht jede Menge in einem Spiel) eher in die eine als in die andere Richtung, das ist menschlich und normal. Und wie in der Politik führt auch bei den Schiedsrichtern der Weg immer von der Kreisklasse nach oben. Also ihr Meckerer – am 6. März sind Kommunalwahlen – bewerbt Euch !
Kommen wir zum letzten Mythos, dem „Fussball-Gott“. Soweit ich das im Religionsunterricht gelernt habe, soll es ja nur einen geben. Aber mittlerweile wird ja jeder Kicker, der einigermaßen den Ball triff, mit dieser Bezeichnung „in den Himmel gehoben“. Sicherlich bereitet der Alex Meier den Eintracht-Fans momentan frohe Stunden und meine leidgeprüften „Clubberer“ hätten einen solchen
„Knipser“ gerne in Ihren Reihen. Aber „Fussball-Gott“ ? Wenn wir ernsthaft bleiben, reicht das da noch nicht mal für einen reservierten Platz als Apostel beim letzten Abendmahl. Und Papst gibt es auch nur einen, aber der ist ja aktuell Argentinier und muss ja eine Passqoute von 100% haben.
Mehrere Götter gab es nur bei den Griechen – aber wer will die denn momentan zum Vorbild haben und selbst Otto Rehhagel wurde da nur „König“.
Also liebe Freunde in Frankfurt – lasst die Kirche im Dorf – träumt von der Europa-League, aber denkt dran: Der Tabellenführer nach dem 4. Spieltag in der vergangenen Saison hiess SC Paderborn.
Außerdem habt ihr doch dem Thomas Zampach schon den Titel „Fussball-Gott“ vergeben, oder ist der jetzt „Fussball-Gott a.D.“ ?
Meine Meinung dazu: Wenn es überhaupt einen in Deutschland gibt, der das Zeug zum „Fussball-Gott“ hat, dann ist das der Kaiser – Lieber Franz, auf diesem Weg herzlichen Glückwunsch zum 70. !