Archiv für August 2015

„Da habe ich zum ersten Mal wegen Fußball geweint.“

26 August 2015

Interview mit Markus Stillger auf flw24.de:

Unser Kolumnist Max Stillger sagt von sich selbst, dass er von vielen Dingen keine Ahnung hat. Von zweien aber schon: von Fußball und von Aktien. Mehr als 500 Millionen Euro verwaltet er mit seinen Firmen und unterstützt sowohl den lokalen Fußball als auch die Sepp-Herberger-Stiftung der Nationalmannschaft. Im Interview mit der flw24-Redaktion verrät uns Max seinen Meistertipp für diese Saison und er erzählt, wieso er Nürnberg-Fan geworden ist, was er von der BVB-Aktie hält und warum sein Karriereende ein guter Anfang war.

flw24.de Redakteur Tobias Schneider mit Max Stillger

flw24.de Redakteur Tobias Schneider mit Max Stillger

flw24-Redaktion: Hallo Max! Du veranstaltest mit einigen Freunden ein Tippspiel, bei dem ihr die Abschlusstabelle der Bundesliga tippt. Wen seht ihr denn auf dem letzten Platz? Nach dem Meister brauche ich ja wahrscheinlich nicht zu fragen, da haben sicher alle auf die Bayern getippt.

Max Stillger: Auf dem letzten Platz sehen die meisten Darmstadt 98. Aber auch der HSV liegt bei einigen auf dem letzten Platz. Was den Meister angeht, hast du Recht: 26 von 27 setzen auf die Bayern – ich aber nicht! Ich sehe dieses Jahr den BVB vorne.

flw24-Redaktion: Okay, das ist sicher ein gewagter Tipp. A propos BVB: der BVB ist der einzige börsennotierte Verein in Deutschland. Hast du Aktien vom BVB? Und wie stehst du zu Fußballaktien?

Max Stillger: Ja, wir haben BVB-Aktien in unseren Fonds – da gab es definitiv schlechtere Aktien in den letzten Jahren. Früher hieß es immer, mit Fußballaktien könne man kein Geld verdienen. Das stimmt aber so nicht mehr. Beim BVB zum Beispiel gibt es einen Aufsichtsrat, der schon seit Jahren immer wieder BVB-Aktien kauft. Im Schnitt stehen die Aktien heute fast doppelt so hoch wie zum Zeitpunkt des Kaufs. Unsere haben sich übrigens verdreifacht.

flw24-Redaktion: Und was erwartest du vom 1. FC Nürnberg, deinem Herzensverein?

Max Stillger: Ach, vom Club erwarte ich nicht allzu viel. Wenn du das erste Spiel verlierst und dich dann auch noch von deinem Sportdirektor trennst, dann hast du eigentlich schon genug Ärger für eine ganze Saison. Dazu ist noch der Finanzvorstand ohne Begründung zurückgetreten – da könnte ich mir auch vorstellen, dass noch ein paar negative Überraschungen lauern.

„Dann habe ich gemerkt, dass es mit dem Profifußball wohl nichts mehr wird.“

flw24-Redaktion: Wie wird man eigentlich Club-Fan? Das ist ja schon etwas ungewöhnlich, wenn man hier wohnt…

Max Stillger (lacht): Da musst du meinen Vater fragen – ich habe das quasi vererbt bekommen. 1969 habe ich im Radio gehört, wie Nürnberg 3:0 in Köln verloren hat und abgestiegen ist. Und das als amtierender Meister! Da habe ich zum ersten Mal wegen Fußball geweint.

flw24-Redaktion (lacht): Gut, das prägt einen natürlich. Bei dir selbst hat es nicht ganz für den Profifußball gereicht, du warst aber auch mal aktiver Kicker, richtig?

Max Stillger: Ja, ich habe in der A-Jugend in Eisbachtal unter dem leider viel zu früh verstorbenen Jupp Heep, (in der lokalen Fußball Szene als „Pillen-Jupp“ eine Legende), gespielt. Damals sind wir in der Rheinlandliga Vizemeister geworden. Als Meister hätten wir um die deutsche Meisterschaft spielen dürfen. In den Senioren habe ich in Niederbrechen, Elz und Löhnberg gespielt, bevor ich mit 23 für zwei Jahre Spielertrainer in Villmar wurde. Dann habe ich gemerkt, dass es mit dem Profifußball wohl nichts mehr wird und habe meine Karriere beendet, um mich auf meinen Beruf zu konzentrieren. Das war eine ganz gute Entscheidung, glaube ich. (lacht)

Der Präsident hat immer gesagt: „Max, so können wir nicht spielen.“

flw24-Redaktion (lacht): Scheint so, ja. Wie war denn die Zeit als so junger Spielertrainer?

Max Stillger: Das war eine super Zeit. Als Jungspund musst du natürlich aufpassen, dass dir die Leute nicht reinreden. Damals hatte ich schon einen Anrufbeantworter und jeden Donnerstagabend, wenn wir noch ein Bier trinken waren und ich vorher in der Spielersitzung die Mannschaftsaufstellung für das Wochenende bekannt gegeben hatte, hat der Anrufbeantworter geblinkt, als ich nach Hause kam. Dann erklang immer derselbe Satz: „Max, so können wir nicht spielen.“ Das war der Präsident von Villmar, der mich dann immer für Freitagmorgen in sein Büro bestellt hat. Am Ende waren wir uns aber immer einig. (lacht)

flw24-Redaktion: Heute bist du ab und zu noch bei den Niederbrecher Alten Herren aktiv, aber sonst nimmst du eher die Zuschauerrolle ein. Unter anderem bist du im „Freundeskreis der deutschen Nationalmannschaft“ aktiv und schaust dir viele Länderspiele an. Welches war das bisher schönste Spiel?

Max Stillger: Das war definitiv das 7:1 letztes Jahr im Halbfinale der WM gegen Brasilien. Unfassbar!

flw24-Redaktion: Auch geschäftlich bist du dem Fußball verbunden und hast zusammen mit Atze Rompel eine Spielerberatungs-Firma, bei der ihr einige junge Spieler unter Vertrag habt. Wie kam es dazu?

Max Stillger: Dazu kam es, weil wir beide gute Verbindungen haben und gesehen haben, dass es immer wichtiger wird, schon in jungen Jahren gut und seriös beraten zu werden. Also haben wir „A&M Soccer“ gegründet. Ein „Geschäft“ ist das auch nicht wirklich, denn was uns von anderen Spielerberatern unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir damit kein Geld verdienen müssen, weil wir Jobs haben, die ganz gut laufen. Deshalb würden wir auch nie einem Spieler zu einem Wechsel raten, von dem wir nicht überzeugt sind, nur um Provision zu kassieren.

flw24-Redaktion: Um Fußball und Geschäfte wird es sicher auch in deiner Kolumne gehen, oder?

Max Stillger: Genau. In meiner Kolumne möchte ich zum einen die Brücke schlagen von dem Fußball in unserem Kreis zur großen Fußballwelt. Und natürlich wird es auch um die wirtschaftlichen Aspekte des Fußballs gehen, die ja immer wichtiger werden.

flw24-Redaktion: Prima, wir sind gespannt! Danke für das Interview, Max.

Max Stillger: Gern geschehen.

Fussball & Finanzen

22 August 2015

Was hat das Europapokal-Qualifikationsspiel zwischen der international drittklassigen norwegischen Mannschaft Odds Ballklub und Borussia Dortmund mit der aktuellen Börsensituation (der DAX hat in den letzten 5 Börsentagen 12% eingebüsst) gemeinsam ?

 

  1. Manchmal entwickeln sich Dinge zunächst in eine Richtung, die unlogisch erscheint und die man nicht versteht.
    (nach 22 Minuten führt der Außenseiter 3:0)
  2.  Am Ende des Tages relativieren sich viele Dinge wieder
    (das Spiel endete 4:3 für Dortmund)
  3. Die eigentlichen Verlierer sind diejenigen, die zwischendurch die Nerven verlieren.
    (und wichtigste Gemeinsamkeit bzw. Erkenntnis) Gewinner sind diejenigen, die solche Situationen ausnutzen und den Angsthasen zu „Schnäppchenpreisen“ das Material abkaufen.

 

Heute abend waren das ein paar clevere Aktienhändler, die sich beim Stand von 0:3 zu Kursen von 3,75 € mit BVB-Aktien eingedeckt haben (morgen werden die wieder zu Kursen von über 4 € den Handel aufnehmen). Aber auch bei deutschen Standard-Aktien gilt beim aktuellen DAX-Stand zwischen 10.000 und 10.500 Punkten : Es gibt Sonderangebote !

Das sehe übrigens nicht nur ich so, sondern die heutige Ausgabe des „Handelsblatt“ widmet sich ausgiebig diesem Thema. Von den dort vorgestellten Kandidaten Kali & Salz, Commerzbank, Allianz, Daimler, Deutsche Bank, Münchner Rück, BMW, RWE, VW und Lufthansa sind mit Ausnahme der Commerzbank alle Aktien im Max-Value mehr oder weniger prominent vertreten und bilden insgesamt ca. 45% des HAIG MB Max-Value ab. 9 der 10 dort vorgestellten Aktien (mit Ausnahme der Commerzbank) sind übrigens im Max-Value vertreten. Wir haben in dieser Woche insgesamt 3,5 Mio € an die Investoren in unseren Solarfonds ausgeschüttet.

Da ich auch dazu gehöre, nutze ich dieses „Geschenk des Himmels“, um zu Kursen zwischen 150 und 155 in den Max-Value nochmal einzusteigen,  bevor sich die Normalität wieder durchsetzt.

Diese lautet nach wie vor:

Nulllzinsen, Ölpreise von < 50 US-$ pro Barrel und ein €/Dollar-Verhältnis von ca. 1,10 bieten ein ideales Umfeld für die großen deutschen börsennotierten Unternehmen.

Und das wird sich mittelfristig in DAX-Ständen von 15.000 Punkten und nicht von 10.000 Punkten widerspiegeln.

Ob da in China ein Sack Reis umfällt oder nicht, hat da auf Dauer wenig Einfluss. Und der Preis für den schwachsinnigsten Börsenkommentar, den ich je gehört habe, geht diese Woche an den Chefhändler der WGZ-Bank, der sich sinngemäß wie folgt geäußert hat: „Weil der Ölpreis gesunken ist, fliehen die Anleger in Scharen aus dem Aktienmarkt“ Wenn Sie mit dem Geld Ihren Heizöltank auffüllen mag das ein gutes antizyklisches Investment sein.

Ansonsten erschließt sich mir die negative Auswirkung eines fallenden Ölpreises auf die Aktienmärkte nicht. Aber siehe oben Punkt 1: Manchmal entwickeln sich Dinge kurzfristig seltsam. Wer langen Atem hat und die notwendige Schmerzfreiheit mit kurzfristigen Schwankungen umzugehen, empfehle ich nochmal auf Punkt 4 zu schauen.

 

Von der schönsten Nebensache der Welt zum Wirtschaftsfaktor

19 August 2015

Rechtzeitig vor Beginn der 53. Bundesliga-Saison wurde in der vergangenen Woche eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey vorgestellt, die sich mit den wirtschaftlichen Kennzahlen des Profi-Fussballs in Deutschland auseinandersetzt. Mit einem Umsatz von insgesamt 7,9 Milliarden € haben die Vereine in der 1. und 2. Bundesliga damit in den vergangenen 5 Jahren (seit Erstellen der letzten Studie) ihren Umsatz um mehr als 50% erhöht. Insgesamt wurden 2,3 Milliarden Steuern bezahlt. Das reicht zwar nicht für die endgültige Rettung Griechenlands, aber immerhin könnte man damit fast den Etatposten „Ausgaben für Bundesfernstraßen“ im aktuellen Bunddeshaushalt gegenfinanzieren. Und das will bei der aktuellen Baustellensituation auf den Autobahnen in unserem Land schon was heißen ! Aktuell sind im Bereich des Profi-Fussballs insgesamt 110.000 Menschen in Lohn und Brot und der Umsatz entspricht ca. 0,3% des Brutto-Inlands-Produkts in Deutschland.

Vor 5 Jahren lag die Zahl der Vollbeschäftigten bei den 36 Profivereinen in Deutschland noch bei 70.000. Das „Runterbrechen“ von Umsatz und Personal-Zahlen auf die einzelnen Vereine ergibt in diesem Fall genau so viel Informationsgehalt, als wenn der Nachrichtensprecher sagt: „Und hier die Ergebnisse des heutigen Bundesligaspieltags: 1:0; 1:1, 3:2 0:0 und 1:0“. Zu groß ist die Diskrepanz zwischen dem Branchenkrösus FC Bayern München und beispielsweise dem FSV Frankfurt, der im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur um jeden Punkt, sondern auch um jeden einzelnen Zuschauer und damit auch um jeden Euro Einnahmen kämpfen muss.

Wen die komplette Studie interessiert, hier der Download-Link:

http://www.mckinsey.de/sites/mck_files/files/mckinsey_wachstumsmotor_bundesliga.pdf

Fazit des Ganzen: Die Zeiten, in denen Fussball als „schönste Nebensache der Welt“ betrachtet wurde, sind vorbei. Die zwangsläufig damit verbundene Frage, ob das für den Sport gut oder schlecht ist, kann sicherlich nicht so ohne weiteres klar beantwortet werden. Wenn in der Branche über 100.000 Arbeitsplätze geschaffen werden, ist das ein klares „pro“ – wenn man aber sieht, dass am Wochenende auf den Sportplätzen der Kreisligen mehr Leute im „Häusje“ sitzen und sich die Sky-Übertragungen der Bundesliga –Spiele anschauen, anstatt ihre Aufmerksamkeit den heimischen Vereinskickern zu widmen, dann stellt das viele Bereiche der Kommerzialisierung in Frage.

Eine lebenslange Rente – gesponsort von allen Vereinen – hat auf alle Fälle derjenige Marketing-Stratege verdient, der auf die glorreiche Idee kam, den Namen der Spieler auf die Trikots zu drucken und diese mit einer festen Rückennummer zu versehen. Aber auch hier gibt es die Kehrseite der Medaille: Was machen denn z.B. die ganzen Bayern-Fans , die in den letzten 6 Monaten voller Stolz das Trikot mit der Nr. 31 gekauft haben ?

Dass im Fussball oftmals – trotz des vielen Gelds, das unterwegs ist – in manchen Bereichen immer noch amateurhaft gearbeitet wird, konnte man in den vergangenen Tagen wieder bei einem Traditionsverein in Norddeutschland erleb en. Da trägt ein Sportdirektor pikante Vertragsdetails in einem Rucksack spazieren (!), und lässt diesen dann in einem Park liegen. Ob er ihn vergessen hat, nachdem er dort vielleicht auf einer Bank seinen Rausch ausgeschlafen hat, oder ob er ihm geklaut wurde, ist eigentlich zweitrangig. Der für mich eigentliche Skandal ist, dass so etwas ohne arbeitsrechtliche Konsequenz bleibt. Diese Geschichte gehört eigentlich in die 60er, 70er oder 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als die Bundesliga noch eine wahre Bühne für echte Chaoten und Exzentriker war. Als Trainer auf der Bank einschliefen oder in der Nase bohrten und fast keiner das mitbekam. Oder Präsidenten Blancoschecks ausstellten und Beerdigungen wiederholen ließen, weil sie zu spät kamen. Diese Anekdoten werden seltener, auch eine Konsequenz der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung des Fussballs und dem damit verbundenen, selbst auferlegten „Mehr an Seriosität“. Und in einer Spedition im beschaulichen schweizerischen Schindellegi werden sie wohl noch einen alten Scanner auftreiben, damit künftig die Archivierung von Unterlagen in ordentlicher, digitaler Form vorgenommen wird. So wie es sich für einen ehemaligen Europapokalsieger und 6-fachen deutschen Meister gehört.