Archiv für Januar 2014

Offener Brief an Roland Leuschel

27 Januar 2014

http://www.welt.de/finanzen/article124218178/Crashprophet-warnt-vor-globalem-Boersenabsturz.html

Sehr geehrter Herr Leuschel,

Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als ich als junger Student anfing, mich für die Börse zu interessieren, waren Sie als damaliger Direktor und Kapitalmarktexperte der Bank Bruxelles Lambert ein großes Vorbild für mich – ich konnte Sie damals auch live auf mehreren Vorträgen erleben.

Aber das hat sich in der letzten Zeit irgendwie verändert…

Sie sind jetzt 76 Jahre alt – warum trinken Sie nicht einfach einen guten Rotwein auf Ihrem wohlverdienten Altersruhesitz an der Algarve, essen abends ein schönen gegrillten Fisch oder ein gutes Pollo piri-piri und verschonen den Rest der arbeitenden Bevölkerung mit Ihren Thesen.

Jedes Mal wenn es einen starken Kursrückgang gegeben hat (aber leider immer erst danach und nicht vorher) melden Sie sich mit Ihren Weltuntergangs-Prophezeihungen zu Wort.

Fakt ist: Wer die letzten 5 Jahre auf Ihre Ratschläge gehört hat und Puts auf Aktien , sowie Gold gekauft hat, ist pleite !

Wer jedoch seine Altersversorgung aus angespartem Geld und nicht aus Pensionen bestreiten muss, kommt an der Aktie als Anlageinstrument, sei es als Beimischung oder als Schwerpunkt nicht vorbei.

Sie dagegen sitzen in der Sonne und machen regelmäßig die Leute verrückt.

Umso unverständlicher ist es mir, dass Sie immer noch so ein breites Gehör in den Medien finden.

Wenn man 20 Jahre lang vom „Crash“ redet, hat man zwangsläufig immer mal temporär recht.

Aber derjenige, der seit 10 Jahren „vorhersagt“, „der DAX steigt auf 10.000“ hat zwangsläufig auch irgendwann recht.

Beides ist keine Kunst und dazu braucht man keine außergewöhnlichen Fähigkeiten

In den letzten 26 Jahren (seit dem 01.01.1988, als der DAX bei 1.000 Punkten stand) gab es exakt 249 Tage (zuletzt am vergangenen Freitag), an denen der Markt um mehr als 2,5% gefallen ist. Und „gefühlte“ 249-mal haben Sie sich dann zu Wort gemeldet.

Der Markt ist aber auch an 217 Tagen um mehr als 2,5% gestiegen – da hat man dann nichts von Ihnen gehört. Und per saldo ist der Markt in den vergangenen 26 Jahren von 1.000 Punkten auf aktuell 9.400 Punkte gestiegen. Das macht immerhin einen Wertzuwachs von exakt 9% p.a. aus.

Aber nur für den, der entspannt alle Krisen ausgesessen hat.

Denjenigen, der genau weiss ,wann der Markt oben oder unten ist, habe ich in den letzten 30 Jahren bis heute noch nicht kennen gelernt. Selbst im Vatikan scheint es den nicht zu geben. Ich halte es da lieber mit dem alten Kostolany (Gott habe ihn selig) der gesagt hat: „Wer den Weizen nicht hat, wenn er fällt, hat ihn auch nicht, wenn er steigt.“

Ich wünsche Ihnen noch viele Jahre Gesundheit und ein entspanntes Leben.

Ihr Max Stillger