Archiv für April 2010

„Ebbelwei schlägt Uozo“

19 April 2010

Im Zuge der EU-Hilfen für Griechenland überschlagen sich die Kommentare in der Fachpresse derzeit ausnahmslos in eine Richtung: „Griechische Tragödie in 3 Akten“ titelte beispielsweise das Handelsblatt am 14.4.

Und das liebste Blatt der Deutschen (zwar nicht unbedingt in der Rubrik „Fachpresse“ angesiedelt aber wie immer eng am Ball) schrieb „Wenn man sonst nichts mehr zu bieten hat, geht es an die eisernen Reserven – Pleite-Griechen verscherbeln jetzt sogar die Spielhöllen“.

Als Folgeerscheinung des ganzen „Theaters“ kommen in nahezu allen Medien Experten zu Wort die massive Inflationswolken am Horizont aufziehen sehen und das gemeine Volk fragt sich „Warum haben wir die nur in die Euro-Zone aufgenommen ?“

Wenn man allerdings abseits der Schlagzeilen in das ganze Thema eintaucht und sich nüchtern ein paar Zahlen anschaut, relativiert sich vieles.

Als allererstes: Geschenkt bekommen die Griechen nichts ! Die Hilfe erfolgt in Form von Krediten, die sich diejenigen, die Sie zur Verfügung stellen, recht ordentlich verzinsen lassen.

Aber warum hat sich das ganze Thema denn so entwickelt und warum kocht das Ganze den ausgerechnet jetzt hoch ?

Wenn eine Firma dauerhaft mehr Geld ausgibt, als Sie einnimmt, braucht Sie irgend jemand, der das finanziert. Entweder man verkauft werthaltige Teile eines Unternehmens, man findet Geldgeber, die sich beteiligen, oder (3. und letzte Möglichkeit) man geht zur Bank und nimmt einen Kredit auf.

Die Bank prüft „Wie wahrscheinlich ist es, dass der Kredit zurückgezahlt wird“ und je nach Ausgang der Prüfung zahlt der Kunde einen Zinssatz von z.B. 2% (bei 100% sicherer Rückzahlung) oder 8% (bei 95% Wahrscheinlichkeit).

Das Problem der Griechen ist es, daß der Kapitalmarkt Ihnen im Verlauf des Jahres 2010 irgendwann nicht mehr 100% Sicherheit attestiert hat und dann entwickelt sich eine Eigendynamik. Waren es erst nur 1-2% Zinszuschlag, so hat sich das ganze zuletzt auf über 4% bewegt und dann kommt man ganz schnell an einen Punkt, wo Investoren auf einmal „zugenähte Taschen“ haben, d.h. der Geldhahn ist komplett versiegt.

Im Prinzip ist das genau das gleiche wir vor 1 ½ Jahren bei der Commerzbank bzw. der Hypo Real Estate. Es fand sich niemand mehr, der diesen Firmen Geld zur Verfügung stellte und von daher sprang der Staat (im Fall Griechenland ist es dann die EU) mit Garantien bzw. Bürgschaften ein. Im Fall „Commerzbank“ gab es z.B. aber auch ein direktes Darlehen vom Staat, was übrigens mit 9% p.a. verzinst wird.

Der Schlüssel zu einer vernünftigen „Schuldenpolitik“ liegt letztendlich darin, daß ich immer – ob als Privatmann, Unternehmer oder staatliche Institution – darum bemüht sein muss, möglichst niedrige Zinsen zu zahlen.

Beim momentanen Zinsniveau von knapp 3% für langfristige und 1% für kurzfristige Zinsen zahlt der deutsche Staat für die knapp 1,8 Billionen € Staatsverschuldung einen Zinsaufwand von 36 Milliarden € pro Jahr.

Staatsverschuldung DeutschlandIm Jahr 1990 (als die Zinsen bei 9% lagen) waren es bei 500 Milliarden € Staatsverschuldung 45 Milliarden € pro Jahr.

Einziges Problem dabei: die Zinsen dürfen nicht steigen, dann geht die Rechnung auf. Aber diesen Wink haben die Notenbanken bisher verstanden.

Wie man es ganz clever macht, hat dieser Tage übrigens unser hessischer Finanzminister Karl-Heinz Weimar bewiesen.

Wie Sie vielleicht wissen hat das Land Hessen ja vor einiger Zeit eine Bilanz nach den Kriterien eines Wirtschaftsbetriebs aufstellen lassen.

Ergebnis: Durch die immensen Pensionsverpflichtungen ist das Land (wäre es ein Wirtschaftsunternehmen) faktisch pleite.

Trotzdem hat es unser Finanzminister in der letzten Woche geschafft, sich am Kapitalmarkt 100 Mio € zu einem Zinssatz von 1,625% für 6 Jahre zu beschaffen.

Wie geht das ? Das Land Hessen hat das Darlehen in Schweizer Franken (CHF) aufgenommen. Ich halte das nach dem deutlichen Kursanstieg der Eidgenossenwährung (von 1,65 auf 1,43 CHF für 1 Euro) für eine äußerst kluge Entscheidung. Steht der Franken in 6 Jahren wieder oberhalb Marke von 1,50 für 1 Euro) dann hat sich das Land Hessen sozusagen 6 Jahre lang kostenlos an den „Fleischtöpfen“ der internationalen Kapitalmärkte bedient, während die Griechen für die 6 Jahre fast 50% des Kapitals zusätzlich an Zinsen berappen müssen.

Chapeau Herr Minister…

Life is a rollercoaster

12 April 2010

Das Leben ist eine Achterbahn.

Nicht nur die Fans von Bayern München haben in der vergangenen Woche diese Erfahrung  gemacht, als Ihr Team in Manchester nach einer 40-minütigen „Vorführung“ scheinbar aussichtslos in Rückstand lag, dann aber eine sensationelle „Auferstehung“ feierte, auch im Wirtschaftsleben finden sich hierzu Parallelen.

In der vergangenen Woche hat der Deutsche Aktienindex (DAX) mit einem Stand von über 6.200 Punkten den höchsten Stand seit 18 Monaten erreicht und befindet sich damit exakt auf dem Niveau vom 12.9.2008 (Für Historiker: das war der Freitag bevor am darauffolgenden Wochenende der Untergang von Lehman-Brothers besiegelt wurde).

Seitdem haben die Weltbörsen eine beispiellose Achterbahnfahrt hinter sich und die Existenzberechtigung unserer derzeitigen Wirtschaftsordnung wurde in dieser Phase mehrfach in Frage gestellt.

Der Geschäftsführer der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz Ulrich Hocker wurde dieser Tage in einem Interview einer Fachzeitschrift gefragt „Wie erklären Sie Ihren Kindern den Finanzmarkt ?“ und er antwortete darauf: „Wie eine Kirmes, aber selten sind die größten Fahrgeschäfte auch die besten.

Wenn man „die größten Fahrgeschäfte“ als diejenigen betrachtet, vor denen sich die meisten Menschen drängeln, dann hat der Mann ohne Zweifel Recht.

Antizyklisches Verhalten, was bedeutet manchmal gegen den Strom zu schwimmen und das zu tun, was sonst keiner macht, ist eine Strategie, die gerade bei der Geldanlage einen der wesentlichen Schlüssel zum Erfolg darstellt.

Wer von Ihnen war denn beim Aufschwung der Börse in den letzten 12 Monaten dabei ? Immerhin gab es – gemessen am DAX – in dieser Zeit fast 70% zu verdienen. (in Worten: Siebzig Prozent . Nicht, dass Sie denken, das sei ein Druckfehler)

Das ist (bescheiden und in der uns vertrauten Sprache ausgedrückt) „e bisje mehr als es auf em Bichelje gibt.

Aber versuchen Sie mal eine Zeitung zu finden, die vor einem Jahr zu einem Engagement im Aktienmarkt geraten hat.

Natürlich (so werden Kritiker jetzt anmerken) ging es auch im Jahr vorher mit der Börse deutlich bergab, aber der entscheidende Punkt hierbei ist, dass diese Achterbahn – im Gegensatz zum Gefährt auf dem Rummelplatz – niemals per Saldo ein Nullsummenspiel ergibt, sondern dass der Ausstieg nach jeder Runde auf einem höheren Niveau erfolgt.

Für alle, die sich jetzt vielleicht über die verpasste Chance ärgern, gibt es aber gute Nachrichten.

Die Stimmung im Land ist nach wie vor denkbar schlecht und das ist der eigentlich ideale Nährboden dafür, dass der Trend der letzten 12 Monate an der Börse noch ein Weilchen anhalten wird.

Die Profis reden von „starken oder schwachen Händen“ in denen sich die Aktien befinden, oder in der Sprache des Börsen-Altmeisters Kostolany von „Zittrigen oder Hartgesottenen“

Momentan befindet sich die überwiegende Anzahl der Aktien in „starken Händen“, was sinngemäß bedeutet, die Achterbahn des Börsenzugs befindet sich noch im ersten Stadium der Aufzugsrampe.

Aber Sie müssen immer wissen: Eine Achterbahn besteht nicht nur aus einem Aufzug, der den Schlitten nach oben zieht, sondern es geht irgendwann auch wieder den Berg hinunter. So wie im richtigen Leben. Aber es macht Spaß und an der „Börsenachterbahn“ steigen Sie nach 10 Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an einem höher gelegenen Haltepunkt aus, als Sie eingestiegen sind.

2 Dinge möchte ich Ihnen abschließend noch mit auf den Weg geben:

Testen Sie mal die Achterbahn, aber geben Sie nicht Ihr ganzes „Kirmesgeld“ dafür aus.

Und es ist sicherlich kein Fehler, sich einen erfahrenen Steuermann zu suchen…

Weihnachtsgeschenk oder Osterei ?

5 April 2010

Ein altes Börsensprichwort lautet: „There is no free lunch at the market“ was übersetzt in etwa heißt: „Es wird nichts verschenkt auf dieser Welt.“

Oder etwa doch ?

Seit einigen Monaten spielt sich unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit an den Kapitalmärkten ein Spiel ab, daß die o.g. Weisheit doch zumindest stark in Frage stellt.

Wie das „Handelsblatt“ vor einigen Wochen berichtete, nahmen die Lebensversicherungsunternehmen in Deutschland im vergangenen Jahr knapp 24 Mrd. € an Beitragszahlungen ein.

Davon entfielen ca. 4 Mrd. € auf sogenannte „Kapitalisierungsgeschäfte“, was nichts anderes bedeutet, dass die Versicherungsunternehmen am Markt wie eine Bank auftreten und man sein Geld in dieser Form nicht langfristig, sondern monatlich kündbar anlegen kann.

Ab einer gewissen Mindestanlagesumme gibt es Gesellschaften, die Zinssätze von über 4% p.a. ausloben.

Wenn man sich die Zinssätze für variable bzw. kurzfristige Darlehen anschaut, die z.Zt. bei  guter Bonität für unter 2% zu bekommen sind, haben wir hier eine Konstellation, wo das bekannteste Gesicht Deutschlands sagen würde „Jo ist denn heut scho Weihnachten ?“.

30 Mio € für 4% sicher angelegt und für 2 % finanziert macht einen risikolosen Gewinn von 600.000 €, ohne dass man auch nur einen Cent dafür eingesetzt hat.

Da lohnt es sich schon, für so ein Geschäft eine Zweck-Gesellschaft zu gründen, die sich bei einer Bank 30 Mio € für 1 Jahr leiht, der XY-Versicherung die 30 Mio € hingibt und das Geld dann nach 1 Jahr wieder abzieht.

Warum machen die Versicherungen das und wer zahlt denn die Zeche ?

(bei 4 Mrd € Gesamtvolumen geht es immerhin um einen Betrag von 80 Mio € p.a.)

Für mich gibt es 2 Gründe:

Zum einen scheint es Versicherungsgesellschaften zu geben, die dringend auf frisches Kapital angewiesen sind, weil Sie vielleicht durch die Finanzkrise stärker getroffen sind, als sie öffentlich zugeben. Und wenn man dringend Kapital braucht (das zeigt das aktuelle Beispiel Griechenland), dann muss man eben mehr Zinsen zahlen, als jemand, der nicht in dieser Notlage ist.

Oder die Versicherungsmanager haben es nicht mitbekommen, daß die Zinsen mittlerweile auf deutlich unter 4% gefallen sind, was ich (bei allem „Respekt“ den ich vor diesen Herren habe) doch eher für unwahrscheinlich halte.

Die Zeche zahlt auf alle Fälle der Versicherungskunde der treu und brav über die Jahre seine Beiträge einzahlt. Ich wage an dieser Stelle die Prognose, daß viele von Ihnen in den kommenden Jahren beim Ablauf Ihres Vertrages ein Schreiben im Anhang finden werden, wo sinngemäß drin stehen wird:

Leider konnten wir aufgrund der Gegebenheiten am Kapitalmarkt die Ihnen ursprünglich versprochene Verzinsung von 6% nicht einhalten, freuen uns aber, Ihnen heute mitteilen zu können, daß wir wenigstens Ihr Kapital erhalten konnten.

Aber – und das ist für mich der entscheidende Kritikpunkt – es wird Ihnen nicht offengelegt werden, warum das so ist !

Ein kleiner Ausflug in die Zinseszinsrechnung zeigt die dramatischen Auswirkungen dieser Entwicklung: 100 € über 30 Jahre monatlich eingezahlt, ergeben bei 6% p.a. eine Ablaufleistung von ca. 98.000 €, bei einer Halbierung der Verzinsung auf 3% reduziert sich die Auszahlung auf 58.000 €.

Fazit: Für einige Großinvestoren, die die aktuelle Situation ausnutzen, ist in der Tat schon Weihnachten, aber die meisten Versicherungskunden bekommen aktuell ein „schönes Osterei“ ins Nest gelegt.

Aber es liegt nur bei Ihnen, ob Sie diesen „verrückten Hühnern“ weiter ihr Futter hingeben, oder ob Sie es denen geben, die vor der Anlageentscheidung auch das Hirn einschalten.

Frohe Ostern